Quo vadis WAN?

Die klassischen Provider im Bereich Wide Area Network (WAN) versuchen, Kunden und Interessenten davon zu überzeugen, dass sie die bestpositionierten Anbieter von Lösungen für standortübergreifende Kommunikation auch im Cloud-Zeitalter sind. Warum sehen sich die WAN-Provider zu dieser neuerlichen Überzeugungsarbeit veranlasst?

Es gibt aus meiner Sicht die folgenden Anlässe zur Sorge bei klassischen WAN-Providern:

  • Die wichtigsten Services dieser Provider für Geschäftskunden waren bisher private WAN-Plattformen wie Multi-Protocol Label Switching (MPLS). Wie der Name schon sagt, ist eine solche Plattform privat, d.h. sie vernetzt die Standorte des Kunden miteinander. Public Clouds sind aber hauptsächlich über das Internet erreichbar. Da der Weg über das Internet für viele Cloud-basierende Anwendungen der bevorzugte ist, stellt sich die Frage nach der Sinnfälligkeit privater WAN-Plattformen.
  • Einige Cloud-Betreiber wie Microsoft werben mit ihrem ausgebauten Backbone und bieten ihren Kunden an, dass der Backbone des Cloud-Betreibers auch für die Vernetzung der Standorte des Kunden untereinander genutzt wird. Das ist Wildern im Revier der klassischen WAN-Provider.
  • Co-Location-Betreiber wie Equinix haben zumindest in großen wirtschaftlichen Zentren RZ-Standorte, die sich als Übergabepunkte zu Netzen der Cloud-Betreiber anbieten. Im Prinzip muss man dann den kürzesten Weg zu diesen Co-Location-Sites suchen. Das ist häufig eine direkte Punkt-zu-Punkt-Verbindung, bei Bedarf abgesichert mit einem zweiten Link zu einer zweiten Co-Location-Site desselben Anbieters. Nutzt man solche Verbindungen, vielleicht ergänzt um den weltweiten Backbone des Co-Locations-Anbieters, braucht man kein klassisches WAN mehr.

Manche WAN-Provider versuchen, sich auf die neuen Bedingungen einzustellen. Sie weisen darauf hin, dass sie neben privaten WAN-Plattformen wie MPLS auch Internetanschlüsse anbieten. Verkaufsargumente sind dann Größe, Leistungsfähigkeit, Peering-Dichte etc. Ein weiteres Marketing-Feld der Provider ist Software-Defined WAN (SD-WAN). Mit SD-WAN soll einerseits ein Overlay-WAN entstehen, das als Underlay sowohl private WAN-Plattformen als auch das Internet nutzt, und andererseits der Cloud-Verkehr optimiert werden. Dafür sind in SD-WAN-Lösungen besondere Mechanismen implementiert.

Große Aktualität hat durch die Pandemie die Integration von Home-Offices. Es geht darum, Home-Offices über VPN-Lösungen sowohl in das Unternehmensnetz einzubinden als auch auf möglichst einfache und sichere Weise mit den Clouds zu vernetzen.

Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass der WAN-Markt ordentlich in Bewegung kommt. Für Kunden entstehen neue Möglichkeiten, die ich gerne mit ihnen in meinem Seminar zu Design und Ausschreibung von WAN diskutieren würde. Der nächste Online-Termin dazu ist 21.-22.04.2020.

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