Open RAN – Innovation oder Kostentreiber?

09.12.2021 / Markus Geller

Am 26.11.2021 erschien im Online-Portal der FAZ ein interessanter Artikel [1] von Professor Thorsten J. Gerpott, Leiter des Lehrstuhls für Unternehmens- und Technologieplanung an der Mercator School of Management der Universität Duisburg-Essen. Die dort vertretenen Thesen zeigen ziemlich deutlich, welche Beweggründe hinter der Initiative für offene Mobilfunknetze stehen.

Zum einen geht es den Betreibern von Mobilfunknetzen darum, über offene Schnittstellen und eine softwaregetriebene Plattform, die Abhängigkeiten von Hardwareherstellern wie Huawei, ZTE, Nokia oder Ericsson zu verringern.

Gekoppelt an diese Erwartung ist zwangsläufig auch der Wunsch nach niedrigeren Kosten bei der Beschaffung und dem Betrieb. Hier ist oft das Stichwort White Label Hardware zu vernehmen. Jedoch verkennt man dabei, dass gerade die Hersteller von Mobilfunksystemen viele bedeutende Patente halten, die maßgeblich für die Entwicklung der neuen Technologien sind.

Welchen Anreiz soll Open RAN neuen Markteilnehmern bieten, wenn alle Schnittstellen offengelegt werden müssen und die Technologie jederzeit durch einen Marktbegleiter ausgetauscht werden kann?

Dies sind aber genau die Vorstellungen und Hoffnungen, die Politik und Carrier in diese Initiative setzen.

Im schlimmsten Fall erlaubt Open RAN sogar den Markteintritt von Unternehmen, die bisher in diesem Feld nicht wahrnehmbar sind, aber die, ob ihrer Marktmacht, diese Initiative nutzen können, um die bisherigen Player zu verdrängen. Es ist zu erwarten, dass Unternehmen wie Microsoft, Amazon, Google oder Facebook die Entwicklungen nicht nur goutieren, sondern aktiv fördern werden, um im Anschluss die gewonnen Erkenntnisse für eigene Zwecke zu nutzen.

Es daher ist zu vermuten, dass Open RAN ähnlich enden wird wie viele andere Projekte, in denen offene Standards propagiert werden. Erst kommt der Hype, dann die Ernüchterung der daraus resultierenden höheren Kosten. Nicht, dass wir uns falsch verstehen, offene Mobilfunkstandards sind wichtig, aber darauf zu hoffen, dass diese in einem Zug die Innovation fördern und die Kosten senken, ist illusorisch.

Der FAZ-Artikel beschreibt sehr gut, was Netzbetreibern droht, die sich auf Open RAN einlassen.

Im Fall von Rakuten in Japan haben sich die Kosten für den Aufbau einer auf Open RAN basierenden 5G-Infrastruktur schlicht verdoppelt.

Literaturhinweis

[1] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/digitec/die-mobilfunk-hoffnung-hinter-open-ran-ist-truegerisch-17600303.html

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