Das neue Betriebssystem für PCs und Laptops von Microsoft, namentlich Windows 11, ist für kompatible Geräte (siehe [1]) verfügbar und bietet die eine oder andere interessante Neuerung. Insbesondere ist nun Microsoft Teams, das Kollaborationstool aus der Office-365-Produktpalette, tief in Windows 11 integriert. So wird es zumindest von Microsoft beworben (siehe [2]). Aus Sicht von Microsoft ist klar: Wer Windows 11 nutzt, wird auch die Office-Produkte nutzen. Und der Nutzer soll gar nicht erst auf die Idee kommen, einen anderen Anbieter für Kommunikationstools zu wählen, schließlich bietet Microsoft auch hier ein mittlerweile am Markt etabliertes Produkt: MS Teams. Sind wir somit, was die Kommunikation (Chat, Telefonate, Videokommunikation etc.) angeht, endgültig und unwiderruflich an Microsoft gebunden?
Schauen wir uns zunächst die Integration von MS Teams in Windows 11 genauer an: In der Taskleiste befindet sich nun direkt ein Icon, um Chats und Video-Anrufe mit den eigenen Kontakten zu starten. Zudem ist die Steuerung für das Mikrofon sowie Zusatzfunktionen wie das Screen Sharing direkt über die Taskleiste erreichbar. Man könnte somit meinen, dass sich über diese Icons die gewohnte MS-Teams-App öffnet. Dem ist jedoch nicht so. Es ist vielmehr eine abgespeckte Version des MS-Teams-Clients, der lediglich für die Nutzung mit dem persönlichen Microsoft-Konto vorgesehen ist. Für die Nutzung mit Unternehmenskonten ist jedoch die vollwertige App „Microsoft Teams (work or school)“ bestimmt. Sie lesen richtig: Es gibt zwei verschiedene Versionen der Microsoft-Teams-App, zu unterscheiden am Icon und am Zusatz „work or school“ (siehe Abbildung 1 und Abbildung 2).
Das Kamera-Icon in Abbildung 2 öffnet standardmäßig die abgespeckte und nicht die vollwertige MS-Teams-App. Um alle gewohnten Funktionen von MS Teams zu nutzen, muss der Nutzer die „richtige“ der beiden Apps auswählen. Dies ist selbst für den IT-erfahrenen User verwirrend und führt aus meiner Sicht nicht zu besonderer Akzeptanz von MS Teams im Unternehmensumfeld. Als Ausweg muss die abgespeckte Version der App zwar deinstalliert werden, da sie bei der Installation von Windows 11 automatisch installiert wird. Damit stellt sich jedoch die Frage, ob der schnelle Zugriff auf Kommunikationsfunktionen dann noch für den Nutzer so möglich ist, wie Microsoft es bewirbt. Zu hoffen bleibt, dass Microsoft hier noch nachbessert, schließlich heißt es auf der eigenen Seite in einer Fußnote noch: „Das abgebildete Pre-Release-Produkt kann sich ändern.“ (siehe [2]). Es ist zudem festzuhalten, dass zur Nutzung der Kommunikationsdienste ein Microsoft-Konto notwendig ist. Hat der Nutzer kein entsprechendes Konto (persönliches Microsoft-Konto oder ein Unternehmenskonto), bleiben auch die MS-Teams-Apps sowie die Integration in die Taskleiste ungenutzt. Es können somit ohne weiteres Kommunikationstools anderer Hersteller (Avaya, Alcatel, Cisco, Google, Slack, Unify etc.) genutzt werden. Allerdings ist die Integration in das Betriebssystem zumindest Slack, einem der größten Konkurrenten von Microsoft im Bereich der Kollaborationstools, ein Dorn im Auge. Slack hat bei der EU-Kommission eine Kartellbeschwerde gegen Microsoft eingereicht (siehe [4]). Microsoft weist die damit verbundenen Vorwürfe natürlich zurück. Jetzt liegt es in der Hand der EU-Kartellwächter, die Beschwerde zu prüfen und ggf. in die eine oder andere Richtung zu entscheiden. Irgendwie erinnert das Ganze an die (automatische) Installation des Internet Explorer, die seinerzeit ebenfalls von der EU-Kommission als unlautere Geschäftspraktik bezeichnet wurde (siehe [5]). Man darf also gespannt sein, wie sich die EU-Kommission in Bezug auf MS Teams entscheidet.So oder so: Das Thema MS Teams und Windows 11 ist und bleibt spannend. Es gilt im Auge zu behalten, ob der Schachzug von Microsoft, uns MS Teams auf dem Silbertablett zu servieren, nicht doch noch nach hinten losgeht.
Verweise
[1] https://www.comconsult.com/windows-11-ist-da-jedoch-nicht-fuer-alle/
[2] https://www.microsoft.com/de-de/windowsforbusiness/windows-11
[4] https://www.zdnet.de/88381739/slack-reicht-eu-kartellbeschwerde-gegen-microsoft-ein/