Zukunftssichere WLAN-Zellplanung für Wi-Fi 6 und Wi-Fi 6E – Teil 1
05.12.2023 / Felix Gillessen und Michael Schneiders
aus dem Netzwerk Insider Dezember 2023
Die Einführung von Wi-Fi 6 (802.11ax) und 6E liegt bereits einige Zeit zurück. Mittlerweile sind längst entsprechende Access Points und Endgeräte verfügbar und finden mehr und mehr Verbreitung. Nahezu jedes neu erworbene WLAN-fähige Endgerät, ob privat oder im Enterprise-Umfeld, unterstützt mindestens Wi-Fi 6, immer mehr Geräte auch 6E. Dennoch gibt es eine sehr große Basis an Endgeräten, die Wi-Fi 6 noch nicht unterstützen. Doch was bedeutet das für die WLAN-Infrastruktur im Unternehmen? Sind mit neuem Standard und neuem Frequenzband auch Anpassungen der bestehenden WLAN-Zellplanung erforderlich? Wie unterscheidet sich das Vorgehen von der bisherigen Planung? Und wie können Planungen neuer Gebäude aussehen? Diese und weitere Fragen wollen wir im vorliegenden Artikel klären, damit auch Sie den neuen Standard effektiv nutzen können. In Teil 1 dieses Artikels gehen wir auf die Besonderheiten hinsichtlich Wi-Fi 6 und speziell Wi-Fi 6E, also WLAN gemäß IEEE 802.11ax im 6-GHz-Band, ein. Im zweiten Teil des Artikels beschreiben wir die generelle Vorgehensweise bei der Planung von WLANs.
Warum ist eine WLAN-Zellplanung erforderlich?
Eine der wichtigsten Aufgaben beim Aufbau einer WLAN-Infrastruktur ist die Platzierung der WLAN-Access-Points. Die optimalen Positionen für die Access Points werden bei der Zellplanung durch Messung oder Simulation bestimmt. Grundlage ist hier die von einem WLAN-Access-Point ausgestrahlte Funkzelle je relevantem Frequenzband. Abhängig von den festgelegten Anforderungen sind hier unterschiedliche Parameter wie Mindestsignalstärke oder Kapazität relevant. Die Positionen der Access Points müssen den geforderten Anforderungen entsprechen und für zu versorgende Bereiche ein flächendeckendes WLAN ermöglichen. Die gewählten Positionen in den Flächen sind nach Installation und Inbetriebnahme oftmals nur mit größerem Aufwand veränderbar (z. B. wenn Kabel unter Putz verlegt sind), weswegen der Planung der Positionierung eine entscheidende Bedeutung zukommt. Eine strukturierte Planung bildet den Grundstein für einen stabilen WLAN-Betrieb. Nur auf diese Weise können die Nutzer-Anforderungen an das WLAN, wie Datenrate, Kapazität, Verfügbarkeit, Flächendeckung und optimales Roaming sichergestellt werden.
Technischer Hintergrund Wi-Fi 6 und Wi-Fi 6E
Über das WLAN-Zugriffsverfahren IEEE 802.11ax sowie über die zugehörige Zertifizierung der Wi-Fi-Allianz, genannt Wi-Fi 6, berichteten wir bereits ausführlich im Insider 10/2021 [1]. Die im Februar 2021 vom IEEE verabschiedete Standard-Erweiterung brachte neben der – offensichtlich obligatorischen – Erhöhung der maximal möglichen Bruttodatenrate auf ca. 9,7 GBit/s zahlreiche Mechanismen zur Erhöhung der Effizienz des Shared-Mediums WLAN mit. Diese Mechanismen bewirken, dass Datenpakete von einem Access Point zeitgleich zu mehreren Stationen gesendet oder von ihm empfangen werden können. An erster Stelle sei hier OFDMA (Orthogonal Frequency Division Multiple Access) genannt. OFDMA steht für ein Übertragungsverfahren, bei dem das in viele Unterträger aufgeteilte Signal Daten für mehrere Stationen enthält. Neben OFDMA sorgt auch Multiuser MIMO (MU-MIMO) dafür, dass Daten von einem Access Point zu mehreren Stationen gleichzeitig versendet und von ihm empfangen werden können. MU-MIMO nutzt den Umstand aus, dass Access Points in der Regel über mehr Sende- und Empfangs-Einheiten als Clients verfügen. Mehrere Sende- und Empfangseinheiten erlauben es, mehrere parallele Datenströme, sogenannte Spatial Streams, auf derselben Frequenz zu übertragen. Mit MU-MIMO ist es dann möglich, diese Spatial Streams auf mehrere Clients aufzuteilen, also Daten gleichzeitig an mehrere Teilnehmer zu übertragen und zu empfangen. Einfach ausgedrückt kann beispielsweise ein Access Point mit 4×4 MIMO, also 4 Sende- und Empfangseinheiten, zwei Clients, die jeweils über ein WLAN-Modul mit nur 2×2 MIMO verfügen, gleichzeitig mit Daten versorgen. Darüber hinaus hielt mit Wi-Fi 6 ein Verfahren namens BSS Coloring Einzug, mit dessen Hilfe die Wahrscheinlichkeit gesteigert wird, dass Daten bei einem Vorhandensein mehrerer sich überlappender Funkzellen im selben Raum störungsfrei übertragen werden können. Auf diese Weise wurde das gerade im 2,4-GHz-Band vorherrschende Problem der Gleichkanalstörungen adressiert. All diesen Neuerungen verdankt das Zugriffsverfahren IEEE 802.11ax den Beinahmen HEW (High Efficiency WLAN).
IEEE 802.11ax ist für den Frequenzbereich von 1,0 GHz bis 7,125 GHz spezifiziert und unterstützt somit, momentan noch als einziges WLAN-Zugriffsverfahren, auch das neue 6-GHz-Band. Dieses wurde am 14.07.2021 durch die Bundesnetzagentur in Form einer Allgemeinzuteilung [2] freigegeben. In dieser Allgemeinzuteilung (siehe Tabelle 1) sind unter anderem die Frequenznutzungsbestimmungen beschrieben.
Von Interesse für den Aufbau von WLANs ist dabei die Gerätekategorie Low Power Indoor (LPI). Zu dieser Geräteklasse gehören die Access Points und die mit ihnen assoziierten Clients. Wie der Name schon sagt, dürfen LPI-Access-Points nur im Innenbereich betrieben und müssen über ein Kabel mit Strom versorgt werden. Somit ist der Aufbau eines 6-GHz-WLANs im Außenbereich derzeit nicht möglich. 6-GHz-Access-Points müssen darüber hinaus mit internen Antennen ausgestattet sein, was deren Einsatzbandbreite im Vergleich zu Access Points mit externen Antennen einschränken kann. Die Sendeleistung ist auf 200 mW einschließlich Antennengewinn beschränkt.
Im 6-GHz-Band sind in Deutschland bzw. in Europa 24 Kanäle mit einer Kanalbandbreite von 20 MHz verfügbar. Das ist noch einmal deutlich mehr als die bei 5 GHz verfügbaren 19 Kanäle. Zur Steigerung des Durchsatzes können mehrere Kanäle gebündelt werden. Wi-Fi 6E [3], also die Erweiterung von Wi-Fi 6 um das 6-GHz-Band, erlaubt dabei die Bildung von 20, 40, 80 oder 160 MHz breiten Kanälen (siehe Abbildung 1).
Während in den USA insgesamt 59 20 MHz breite Kanäle für Wifi 6E zur Verfügung stehen, sind es EU-weit lediglich 24. Dies schränkt insbesondere die Verwendung von 160 MHz breiten Kanälen in den typischen Umgebungen und 80 MHz Kanälen in High-Density-Umgebungen stark ein. Eine Erweiterung in das obere 6-GHz-Frequenzband von 6425 bis 7125 MHz ist daher zu begrüßen. Jedoch sind Funkfrequenzen seit jeher stark nachgefragt und die Nutzung für WLAN keineswegs die einzige angedachte Nutzungsart. Neben WLAN wird derzeit auch die Nutzung für die 5G-Mobilfunkversorgung diskutiert. Die Nutzung im Mobilfunk-Bereich wäre aufgrund der recht hohen Frequenz auf die Versorgung im Nah- oder Indoor-Bereich beschränkt. Ebenso wäre eine Koexistenz von WLAN und Mobilfunk im oberen 6-GHz-Bereich denkbar. Hierzu gibt es bereits erste Beratungen des britischen Mobilfunkbetreibers Ofcom zum “Hybrid Sharing”. [4]
Bluetooth und Bluetooth-LE werden ebenfalls stetig weiterentwickelt, so wird hier aktuell eine Erweiterung und Operation in weiteren unlizenzierten Funkspektren, auch bei 6 GHz, erarbeitet. Durch die Verwendung des im Vergleich zur aktuell verwendeten 2,4-GHz-Band höheren Frequenzbandes sind eine höhere Datenrate und damit weitere Anwendungen im Nahbereich möglich. [5]
Produktsituation bei Wi-Fi 6E
Wi-Fi 6E wird mittlerweile von vielen Endgeräten unterstützt. Wie eingangs erwähnt ist nahezu jedes Endgerät, wie z. B. ein Notebook oder ein Smartphone, in einer Version mit einem 6-GHz-tauglichem Empfänger verfügbar. Allerdings wird ein aktuelles Betriebssystem auf den Endgeräten benötigt. Bei Windows muss es die Version 11 sein. Zudem ist WPA3 für die Absicherung des WLANs auf der Luftschnittstelle zwingend erforderlich. Dass die Nutzung des 6-GHz-Bandes ausschließlich für IEEE 802.11ax als Zugriffsverfahren und WPA3 als Sicherheitsmechanismus möglich ist, kann jedoch im Grunde genommen als Vorteil angesehen werden. Denn auf diese Weise wird endlich noch einmal ein WLAN ohne Altlasten und die durch eine Abwärtskompatibilität erzwungenen Einschränkungen ermöglicht. Ein weiterer Vorteil des 6-GHz-Bandes liegt darin, dass es zumindest für die Verwendung in Gebäuden derzeit keine weitere, konkurrierende Funkanwendung gibt.
Access Points mit drei Radioteilen, je eines für 2,4, 5 und 6 GHz, sind mittlerweile bei jedem Hersteller aus dem Enterprise-Bereich verfügbar und stellen den aktuellen Stand der Technik dar. Die technischen Daten sind ebenfalls vergleichbar. Konzentriert man sich auf das mittlere Leistungssegment, sehen diese in der Regel wie folgt aus: drei Radioteile, mit jeweils 2×2 MIMO oder 4×4 MIMO und 2 bzw. 4 Spatial Streams. Damit lassen sich bei 2,4-GHz-Bruttodatenraten zwischen 287 und 574 MBit/s erzielen. Bei 5 und 6 GHz lassen sich zwischen 2,4 und 4,8 GBit/s erreichen, sofern man von der maximal möglichen Kanalbandbreite von 160 MHz ausgeht. Jedoch ist zu bedenken, dass Kanalbandbreiten von 160 MHz zumindest in Deutschland aufgrund der zu geringen Anzahl verfügbarer Kanäle eher nicht verwendet werden. Praktikabel sind vielmehr Bandbreiten von 20 MHz oder 40 MHz im 5-GHz-Band bzw. 40 MHz oder 80 MHz im 6-GHz-Band (Tabelle 2).
Eine leistungsfähige Netzwerk-Anbindung sowie die Stromversorgung von Access Points waren schon immer zu beachtende Aspekte. Mit Wi-Fi 6E verfügen diese über ein drittes Radioteil, welches natürlich auch Energie verbraucht und zusätzlich zu einem höheren Datenaufkommen im Uplink führen kann. Daher sind diese beiden Themen jetzt wieder zu betrachten.
Aktuelle Access Points für Wi-Fi 6E haben in der Regel mindestens eine Ethernet-Schnittstelle für 1, 2,5 und oftmals auch 5 Gbit/s gemäß IEEE 802.3bz<²>. Die Erweiterung des Ethernet-Standards IEEE 802.3bz wurde bereits 2016 vom Institute of Electrical and Electronics Engineers verabschiedet und ermöglicht Bitraten von 2,5 (2.5GBASE-T) und 5 Gbit/s (5GBASE-T) über Twisted-Pair-Kabel der Kategorie 6 mit einer Link-Länge bis 100 m. Somit sind die höheren Ethernet-Datenraten bei den meisten bestehenden Verkabelungssystemen ebenfalls nutzbar. Im Zweifelsfall ist eine Bestandsverkabelung jedoch entsprechend zu überprüfen. Sie fragen sich jetzt vielleicht: Brauche ich das? Diese Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten. Theoretisch kann ein Access Point mit drei Radioteilen einen Gigabit-Link überlasten, in der Praxis reicht diese Bitrate jedoch in vielen Fällen aus. Es hängt prinzipiell vom Anwendungsfall ab. In einer sogenannten High-Density-Umgebung mit vielen Endgeräten und datenhungrigen Anwendungen kann eine Uplink-Bitrate von einem Gigabit pro Sekunde schon mal knapp bemessen sein. Dem entgegen wird dieselbe Bitrate beispielsweise in einer Logistik-Umgebung, innerhalb derer ausschließlich Barcode-Scanner und andere Endgeräte mit weniger datenhungrigen Anwendungen eingesetzt werden, lange Zeit ausreichen. Ebenso ist die restliche Netzwerk-Infrastruktur zu beachten; wenn beispielsweise Datenverkehr hauptsächlich in Richtung Internet bzw. Cloud übertragen wird und die zur Verfügung stehende WAN-Bandbreite der limitierende Faktor ist, kann weiterhin eine Anbindung mittels Gigabit Ethernet ausreichend sein. Im Prinzip ist immer eine Analyse der konkreten Anforderungen notwendig. Ebenfalls hilfreich ist ein gutes Monitoring der Netzwerkanbindungen. Auf diese Weise lässt sich frühzeitig auf sich abzeichnende Trends hinsichtlich der Last im Netzwerk reagieren. Oftmals reicht es dann aus, wenn vorhandene Access Switches im Rahmen einer ohnehin anstehenden Erneuerung durch Geräte mit Multi-Gigabit-Ports ersetzt werden. Neben Multi-Gigabit-Ports rüsten die Hersteller ihre Access Points oftmals mit zwei Ethernet-Schnittstellen aus. Diese können entweder für eine redundante Netzwerkanbindung oder zur Steigerung der Bitrate im Uplink mittels Link Aggregation (LACP<3>) genutzt werden. Spielt Redundanz eine untergeordnete Rolle oder wird diese bereits an einer anderen Stelle gewährleistet, etwa durch die Implementierung sich überlappender Funkzellen, ist es eine einfache Rechnung, ob das Verlegen von zwei Kabeln zu jedem Access Point oder die Anschaffung leistungsfähigerer Switches günstiger ist.
Ein weiterer kritischer Faktor ist die Energieversorgung der Access Points. Diese erfolgt in der Regel mittels Power over Ethernet (PoE). Im Laufe der Zeit wurden PoE-Standards vom IEEE immer wieder aktualisiert. Switches, die nach dem ersten PoE-Standard IEEE 802.3af aus dem Jahr 2003 funktionieren, können Endgeräte mit einer Leistungsaufnahme von maximal 12,95 W mit Energie versorgen. Diese Leistung reicht bei aktuellen Access Points nicht aus, um diese zu betreiben. Der Nachfolgestandard von 2009, IEEE 802.3at, befeuert Endgeräte mit einer maximalen Leistung von 25,5 W, und letztendlich sind PoE-fähige Switches, die den aktuellen Standard IEEE 802.3bt unterstützen, in der Lage, Endgeräte mit einer maximalen Leistungsaufnahme bis 71 W zu versorgen. Nicht zuletzt wegen steigender Energiekosten sollte der Energieverbrauch der Access Points bei der Beschaffung berücksichtigt werden. Die gute Nachricht: Gängige Access Points für Wi-Fi 6E lassen sich in vielen Fällen mit maximal 25,5 W ohne wesentliche Einschränkungen betreiben. Es ist ebenfalls positiv, dass die Hersteller in ihren Datenblättern darüber informieren, mit welchen Einschränkungen hinsichtlich der Funktionalität in Abhängigkeit von der jeweiligen Stromversorgung zu rechnen ist. Beispielsweise lässt sich ein Access Point zwar mit PoE gemäß IEEE 802.3at (25,5 W) mit allen drei Radios betreiben, allerdings muss der USB-Port und das zusätzliche IOT-Radio in diesem Fall abgeschaltet bleiben. Sofern auf diese Features verzichtet werden kann, ist es somit auch bei WiFi 6E Access Points noch möglich, bei der Auswahl der Switches in ein Regal tiefer zu greifen.
Taugt Wi-Fi 6E nur für Büroumgebungen?
Wie bereits erwähnt müssen Wi-Fi-6E-Access-Points, die in Deutschland betrieben werden, über interne Antennen verfügen. Zumindest anfänglich waren solche Access Points nur mit internen Antennen ausgestattet, die eine Rundstrahl-Charakteristik aufweisen und für eine Deckenmontage optimiert sind. Mit einer solchen Antennen-Anordnung lassen sich typische Büro-Umgebungen hervorragend mit Wi-Fi-6E-Access-Points ausleuchten. Was ist jedoch mit anderen Anwendungsfällen, wie zum Beispiel den sogenannten High-Density-Umgebungen oder dem Industrie- und Logistik-Bereich? In High-Density-Umgebungen, beispielsweise Messehallen oder große Hörsäle, werden Richtantennen mit einem deutlich geringeren Öffnungswinkel benötigt, die einen Aufbau kleinerer und besser abgegrenzter Funkzellen erlauben. Auf diese Weise lassen sich pro Raumeinheit mehr Funkzellen, und damit auch mehr Kapazität, aufbauen, ohne dass es zu übermäßig hohen Gleichkanalstörungen kommt. Im Industrie- und Logistik-Bereich werden Antennen mit einer großen Richtwirkung gerne verwendet, um beispielsweise Hochregallager mit langen Gängen oder schwer zugängige Bereiche auszuleuchten. Beide genannten Fälle sind eigentlich eine Domäne für Access Points mit externen Antennen.
Ist Wi-Fi 6E in solchen Umgebungen dennoch umsetzbar? Punktuell haben die Hersteller auf genau diesen Bedarf reagiert und bieten nun LPI-Access-Points mit intern verbauten Richtantennen an. Diese Access Points decken den oft verwendeten externen Antennen-Typ mit einem Gewinn um 6-8 dBi und einem Öffnungswinkel von etwa 60 bis 70 Grad ab. Kombiniert mit einer geeigneten Wand- und Deckenhalterung, mit deren Hilfe man den Access Point horizontal und vertikal ausrichten kann, lassen sich endlich auch Anwendungsfälle erschließen, die bisher eine Domäne von externen Antennen waren.
Mehr Access Points für 6 GHz?
Diese Frage lässt sich ebenfalls mit einem klaren Jein beantworten. Tatsache ist, dass höhere Frequenzen stärker gedämpft werden als niedrigere Frequenzen. Der Zusammenhang zwischen Frequenz und Signaldämpfung ist schließlich quadratisch. Allerdings ist der Abstand zwischen dem 5-GHz-Band und dem 6-GHz-Band nicht so groß wie etwa der Abstand zum 2,4-GHz-Band. Erste Messungen, die wir bei uns im Gebäude durchgeführt haben, zeigen, dass eine Funkzelle bei 6 GHz eine ähnliche Größe aufweist wie eine 5-GHz-Funkzelle vom selben Access Point. Zudem bewegen sich Sendeleistungen und Antennengewinne in vergleichbaren Bereichen.
Die Abbildung 2 zeigt zwei Funkzellen im Vergleich. Zugegeben, die Funkzelle bei 6 GHz ist etwas schwächer, allerdings wurde für diese Messung bei 6 GHz auch eine höhere Kanalbandbreite eingestellt, nämlich 80 MHz anstelle von 40 MHz wie bei der 5-GHz-Zelle. Dieser etwas hinkende Vergleich zeigt jedoch Folgendes: Sofern mit gleichen Kanalbandbreiten gearbeitet wird, sind auch die Funkzellen in etwa gleich groß. Verdoppelt man die Kanalbandbreite, halbiert man automatisch das Signal-zu-Rauschverhältnis, da sich die Sendeenergie auf ein doppelt so breites Spektrum verteilt. Da bei 6 GHz mehr Kanäle zur Verfügung stehen, bietet sich natürlich eine Kanalbündelung unter der Verwendung von 80 MHz breiten Kanälen zwecks Verdopplung des Datendurchsatzes an. Sofern man davon Gebrauch machen möchte, ist bei einer Erneuerung der Access Points und dem damit verbundenen Einsatz des 6-GHz-Bandes eine Kontrollmessung oder auch eine neue Ausleuchtung anzuraten. Bei einer Zellplanung für einen gänzlich neuen Bereich wäre diese ohnehin erforderlich.
Ein wichtiger Parameter für die Zellplanung ist die Empfänger-Empfindlichkeit. Dabei handelt es sich um die Signalstärke, die mindestens erforderlich ist, um ein Signal mit einer gewissen Modulation bzw. Datenrate dekodieren zu können. Wir konnten im Zuge der Prüfung von Datenblättern von Access Points mehrerer Hersteller feststellen, dass Empfängerempfindlichkeiten für 6 GHz immer sehr ähnlich zu denen im 5-GHz Band sind. Beispielsweise liegt diese für einen AP-610 von Aruba mit MCS<4>-11 und einer Kanalbandbreite von 40 MHZ bei -59 dBm in beiden Frequenzbereichen. MCS-11 ist die Modulation, die bei IEEE 802.11ax die höchstmögliche Bitrate ermöglicht, bei 40-MHz-Kanälen 287 Mbit/s pro Spatial Stream.
Roaming und Scanning
Die Nutzung des 6-GHz-Bandes bringt uns in Deutschland, je nach verwendeter Kanalbandbreite, 24 zusätzliche Kanäle. Damit lassen sich ebenso große oder High-Density-Umgebungen optimal ausleuchten. Die vielen Kanäle – zählt man alle zusammen sind es bis zu 46 Stück – muss ein mobiles Endgerät bei einem anstehenden Zellwechsel, auch Roaming genannt, auf der Suche nach einem neuen Access Point durchscannen. Dass dies eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, dürfte jedem klar sein. Beim Scanning wird allgemein zwischen aktivem und passivem Scanning unterschieden. Aktives Scanning geht von den Endgeräten aus. Diese senden auf jedem Kanal einen sogenannten Probe Request aus, der von den Access Points mit einer Probe Response beantwortet wird. Auf diese Weise lernen die Endgeräte ihre Umgebung kennen und finden einen Access Point, mit dem sie sich verbinden können. Unterstützt wird das Ganze mit dem passiven Scanning, bei dem die Endgeräte auf den von Access Points regelmäßig ausgesendeten Beacon Frames lauschen. Diese Scanning-Methoden sind aufgrund der hohen Anzahl an Kanälen für das 6-GHz-Band nicht mehr tauglich. Daher wurden zusätzliche Scanning-Methoden implementiert, die den Scanvorgang bei vielen Kanälen optimieren und somit auch den für einen Roaming-Vorgang notwendigen Aufwand optimieren sollen. Unterschieden wird zwischen In-Band Discovery und Out-of-Band Discovery (Abbildung 3).
In-Band Discovery erfordert, dass das Endgerät mit einem 6-GHZ-WLAN verbunden ist. In-Band Discovery kann aktiv oder passiv erfolgen. Die einzige aktive Methode nennt sich Preferred Scanning Channel (PSC). PSC bedeutet nichts anderes, als dass Scanning im 6-GHz-Band nur auf einer reduzierten Anzahl von Kanälen durchgeführt wird, und zwar auf jedem vierten 20-MHz-Kanal (Kanäle 5, 21, 37, 53, 69 und 85). Bei diesen ausgewählten Preferred Channels handelt es sich gleichzeitig immer um den „primary channel“ eines 80-MHz-Kanals. Folglich ist diese Methode optimal für einen 80-MHz-Kanal-Plan verwendbar. Für passives Scanning gibt es zwei Methoden: Fast Initial Link Setup (FILS) und Unsolicited Probe Response (UPR). Sogenannte FILS Discovery Frames werden alle 20 ms ausgesendet und sind wesentlich kürzer als herkömmliche Beacon Frames. Daher beinhalten sie nur die allerwichtigsten Informationen, wie die SSID, den Kanal und die BSSID (=MAC-Adresse des AP). Unsolicited Probe Responses beinhalten alle<5> Informationen, die auch in einem herkömmlichen Beacon Frame versendet werden. Sie werden wie FILS alle 20 ms ausgesendet.
Out-of-Band Scanning funktioniert nur mit Multi-Band-Access-Points, also Access Points, die neben ihrem 6-GHz-Radio noch über ein weiteres aktives Radio im 2,4- und/oder 5-GHz-Band verfügen. Clients versenden sogenannte Directed Probe Requests in diesen Bändern, und die Access Points antworten hierauf mit entsprechenden Probe Responses. Diese Probe Responses beinhalten überdies sogenannte Reduced Neighbor Reports (RNR), innerhalb derer informiert wird, auf welchem 6-GHz-Kanal ein bestimmtes WLAN-Profil zusätzlich empfangen werden kann. Abbildung 4 zeigt den Ausschnitt aus einer Paketaufzeichnung eines Probe-Response-Paketes auf Kanal 100 im 5 GHz-Band. Diese Probe Response beinhaltet auch ein RNR. Dieses RNR zeigt das Vorhandensein einer BSSID (= Access Point), die dieselbe SSID auf Kanal 5 im 6-GHz-Band anbietet (Abbildung 4).
Zusammengefasst sind Clients in einem WLAN, welches nur bei 6 GHz angeboten wird, auf die zuvor beschriebenen In-Band-Scanning-Methoden angewiesen. Bei unseren ersten Tests konnten wir feststellen, dass sich Endgeräte entweder gar nicht oder erst nach mehreren Versuchen mit einem 6-GHz-WLAN verbinden. Der Grund hierfür kann in einer unsauberen Implementierung der besagten In-Band-Scanning-Methoden liegen. Nicht nur, um diesem Phänomen entgegenzuwirken, bietet es sich an, eine SSID zusätzlich zum 6-GHz-Band auch im 5-GHz-Band anzubieten. In diesem Fall hilft Out-of-Band Scanning bei Verbindungsproblemen aus.
Zusammenfassung und Fazit
Wi-Fi 6E entwickelt sich mehr und mehr zum aktuellen Stand der Technik. Bedingt durch die vielen zur Verfügung stehenden Kanäle im bisher nicht genutzten 6-GHz-Band sowie die verpflichtende Abkehr von veralteten Sicherheitsstandards eröffnet sich somit die Chance zum Aufbau eines betriebssicheren und von Altlasten befreiten WLANs. Lesen Sie im zweiten Teil unseres Artikels, der in der Januar-Ausgabe 2024 erscheinen wird, wie sich der neue Frequenzbereich auf die Planung und Umsetzung auswirkt. Zudem werden wir Ihnen einen kurzen Ausblick auf den kommenden WLAN-Standard IEEE 802.11be bzw. Wi-Fi 7 geben.
Erläuterungen
<1> multiple input, multiple output
<2> https://standards.ieee.org/ieee/802.3bz/6130/; abgerufen am 01.11.2023
<3> Link Aggregation Control Protocol
<4> MCS = modulation and coding scheme – Kombination aus Modulations- und Kodierungsverfahren
<5> Directed Probe Request: Probe Request mit spezifischer SSID
Quellen
[1] https://www.comconsult.com/wp-content/uploads/2021/10/leseprobe_in2110.pdf
[2] https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/Telekommunikation/Frequenzen/Allgemeinzuteilungen/start.html; abgerufen am 27.10.2023
[3] https://www.wi-fi.org/
[4] https://www.ofcom.org.uk/consultations-and-statements/category-1/hybrid-sharing-to-access-the-upper-6-ghz-band
[5] https://www.bluetooth.com/specifications/specifications-in-development/