Nachdem in den letzten Monaten der Release 18 von der 3GPP seinen letzten Feinschliff bekommen hat, sind nun die Dokumente verfügbar, in denen die Features und deren Funktionsweisen beschrieben werden. Mit Release 18 wird 5G zu 5G Advanced, da seit dem Beginn von 5G und dem Release 15 im Jahr 2019 viele neue Features hinzugefügt wurden.
5G Advanced
Ein neuer Release für 5G wurde veröffentlicht. Jetzt mag man denken „ja und?“, doch das Voranschreiten der 5G-Technologie ist besonders für die Industrie sehr wichtig. Um das zu verstehen, betrachten wir es von Anfang an.
Das 3rd Generation Partnership Projekt, eher bekannt als 3GPP, ist die treibende Kraft hinter den Spezifikationen aller Mobilfunktechnologien seit 3G UMTS. Zum 3GPP gehören unterschiedliche Unternehmen, darunter auch einige aus Deutschland wie z.B. Volkswagen, BMW, Mercedes-Benz, Gigaset, Deutsche Telekom und viele weitere. Insgesamt gibt es 65 deutsche Mitgliedsunternehmen. Weltweit umfasst die Mitgliederzahl des 3GPP über 800 Unternehmen.
Jede Mobilfunktechnologie wird innerhalb einer Generation nochmals in mehrere Releases unterteilt, die nach und nach spezifiziert werden. Es gibt einen initialen Release, der die Technologie einführt, und die darauffolgenden Releases erweitern und korrigieren den Mobilfunkstandard. Auch nach dem Release einer neuen Mobilfunktechnologie wird die vorherige weiterhin mit Releases versorgt. Wie lange dies so gehandhabt wird, lässt sich nicht einfach beantworten. Aktuellstes Beispiel ist LTE, das auch im Release 18 weitere Verbesserungen erhalten hat.
Von nun an beziehe ich mich hauptsächlich auf die Spezifikation der 5. Generation, da diese die größten Änderungen erfahren hat. Der Release 18 erweitert 5G insoweit, als dass die Einsatzbereiche verbessert und erweitert werden sollen. Besonders die Industrie erhofft sich viel von den neuen Standards, da 5G immer mehr Möglichkeiten bietet und neue Anwendungsfälle bzw. Use Cases ermöglicht.
Einige Verbesserungen und Neuerungen sind nachfolgend aufgelistet:
- 5G-System über Satellitenanbindung (Non-Terrestrial Network, NTN) ohne spezielle Endgeräte
- Spezieller Videocodec für 5G zur Videoübertragung über Mobilfunk, der die Latenz verringert und VR/AR-Anwendungen ermöglichen soll.
- Verbesserung des Dynamic Spectrum Sharing (DSS). DSS wird verwendet, um 5G in Kombination mit dem 4G-Netzwerk auszustrahlen (auch bekannt als 5G Non-Standalone / 5G NSA).
- Studien zur Verbesserung der Performance im niedrigen Frequenzbereich (700 – 900 MHz)
- Einsatz von 5G in und an Zügen
- „Dual Transmission / Reception“ mit Multi-SIM-Geräten im 5G-Netzwerk, was die parallele Datenübertragung über zwei unterschiedliche Netzwerke ermöglichen soll.
Anforderungen, die speziell die Industrie betreffen, sind unter anderem folgende:
- Verbesserung der Ultra-Reliable Low Latency Communication, was zur Verbesserung der Kommunikation mit hohen Anforderungen an Latenz und Verfügbarkeit führt.
- Reduced-Capacity-(RedCap-)Geräte: Geräte dieses Typs haben einen verringerten Funktionsumfang und ermöglichen so längere Akkulaufzeiten.
- Weiter verbesserte Standortbestimmung mit 5G
- Erweiterung der sekundären Authentifizierung von Endgeräten in Kombination mit einem 4G LTE Core (Evolved Packet System, EPC). Die sekundäre Authentifizierung wird verwendet, wenn Endgeräte nach der Authentisierung und Autorisierung durch die SIM-Karte eine zusätzliche Sicherheitsstufe durchlaufen sollen.
- Verbessertes Management
Viele weitere Aspekte sind vom 3GPP in einer übersichtlichen Grafik aufgezeigt, die hier zu finden ist: https://www.3gpp.org/ftp/Inbox/Marcoms/3GPP_Poster%20v2.pdf sowie in dem Workplan der 3GPP: https://www.3gpp.org/ftp/Information/WORK_PLAN/.
Neben den Verbesserungen wurde mit Release 18 der Name 5G Advanced eingeführt. Dies soll schnell erkennbar machen, dass ein Endgerät bzw. eine Verbindung mit den Features des Release 18 unterstützt wird. Ähnlich war es bereits bei LTE (Release 8) und LTE Advanced (Release 10), auch als LTE+ bekannt. Ein „neues“ Logo, wenn man es so nennen darf, wurde ebenfalls erzeugt.
Mit dem Abschluss von Release 18 wird ebenfalls grob umrissen, welche Themen im Release 19 behandelt werden sollen. Genannt werden:
- Energieeffizienz
- IoT-Sensorik mit Energy Harvesting (u.a. RedCap)
- Verbesserte Anbindung von Zügen mit 5G
Release 19 soll nach aktueller Planung etwa Anfang 2026 abgeschlossen werden.
Alle, die jetzt hoffen, mit den neuen Features in den Betrieb gehen zu können, muss ich leider vorerst vertrösten. Die Erfahrung zeigt, dass die Releases frühestens 2 Jahre nach Veröffentlichung in der Hardware für die breite Masse ankommen. Und bis die Mobilfunkprovider diese Features integrieren, kann es noch länger dauern.
Die Reise Richtung 6G
Da die Spezifikationen für Mobilfunk äußerst komplex sind, befindet sich eine neue Mobilfunktechnologie viele Jahre vor ihrer Veröffentlichung bereits in der Spezifizierungsphase. Es werden unzählige Studien durchgeführt, Diskussionen geführt und Meetings abgehalten, in denen die Themen rund um die neue Mobilfunkgeneration besprochen werden. Welche Inhalte hierbei bereits enthalten sind, ist vom 3GPP nur grob beschrieben, da noch keine finalen Aussagen getroffen werden können und sollen. Die anfänglichen Inhalte umfassen unter anderem die folgenden Punkte:
- Kompatibilität des aktuellen 5G-Kernnetzwerkes mit dem Radio Access Network (RAN) für das 6G-Netz, also der Hochfrequenz-Hardware für die Funktechnologien
- Möglichst einfache Transition von 5G zu 6G
- Hohe Skalierbarkeit
- Niedrige Latenzen von Beginn an
- Frequenzen von 100 GHz und mehr
Für 6G wurde bereits das Logo festgelegt, das wie in Abbildung 2 dargestellt aussieht.
Aktuell ist davon auszugehen, dass etwa 2028 der erste Release für 6G erscheinen wird. Das würde bedeuten, dass der Release 20 oder 21 der erste sein könnte, der die 6G-Technologie spezifiziert.
Lassen wir uns überraschen.