Eine neue Form der Schnittstelle zwischen Menschen und Maschinen wird durch Affective Computing ermöglicht. Wie der Name besagt, geht es um die Erfassung und Einordnung der emotionalen Verfassung von Menschen, zum Beispiel anhand der Mimik. Gesichtsausdrücke von Menschen können mit einer Kamera erfasst werden. Dann ist die Kamera eine Art Affective Sensor. Ein Algorithmus kann die Bilddaten verarbeiten und naheliegende Schlüsse daraus ziehen, zum Beispiel: Dieser Mensch langweilt sich, jener ist verärgert, oder vor der Kamera sitzt eine begeisterte Person.
Wenn der Algorithmus angelernt werden kann und anhand mathematischer Modelle arbeitet, wird man nach heutigem Sprachgebrauch von Künstlicher Intelligenz (KI) sprechen.
Für Affective Computing ist eine Reihe von Anwendungen denkbar, von der Medizin und Psychiatrie bis hin zur Erfassung von User Experience. Ich stelle mir als Seminarreferent vor, dass die Konferenzapplikation selbst dann, wenn ich wegen der Vielzahl der Zuhörenden nicht bei allen die Mimik im Blick haben kann, mir laufend anzeigen kann, ob ich aus Sicht des Publikums langweiliges Zeug erzähle oder im Gegenteil die Menschen überfordere. Dann kann ich noch während des Vortrages darauf reagieren. Voraussetzung ist natürlich, dass die zuhörenden Personen das Affective Sensing zulassen, d.h. ihre Kameras nicht ausschalten.
Noch steckt Affective Computing in den Kinderschuhen, doch das Forschungsinteresse ist groß. Ganz einfache Zeichenerfassung gibt es schon längst, zum Beispiel Autos, die einen einschlafenden Fahrer erkennen.
Affective Sensing beschränkt sich natürlich nicht auf Bildverarbeitung. Auch andere Formen der Aufnahme von Biosignalen anhand von Puls, Blutdruck und Hauttemperatur fallen unter Affective Sensing.
Wahrscheinlich werden Smartphones und Smartwatches DIE massenhaft eingesetzten Komponenten sein, die von Release zu Release immer neuere Methoden von Affective Sensing und Affective Computing ermöglichen. Ganz sicher gehen das dafür erforderliche maschinelle Lernen und die Big-Data-Modelle mit der Cloud-Nutzung einher. Dann ist der Weg zum Missbrauch nicht weit. Ohne KI-Regulierung, auf die ich neulich in einem Blog eingegangen bin, wird sich das menschliche Vertrauen reziprok zu den steigenden Möglichkeiten der Technik entwickeln, d.h. abnehmen.