aus dem Netzwerk Insider September 2021
Der Bedarf an hochauflösender Audio- und Video-Übertragung (AV) wird immer größer. Hierdurch steigen die Anforderungen an die einzusetzende Technik. AV-Ströme müssen u. a. hohe Übertragungsdistanzen zuverlässig zurücklegen und besonders skalierbar sein. Herkömmliche analoge und digitale Technologien stoßen besonders bei großen Entfernungen an ihre Grenzen.
Zudem gestaltet sich Signalverteilung und Skalierung recht aufwendig und kann schnell kostspielig werden. Mit derzeit verfügbaren Netzressourcen ist es jedoch möglich, IP-basierte Protokolle zur Übertragung von AV-Daten zu verwenden. Technologien wie die Audio-Netztechnologie Dante, die Plattform SDVoE (Software Defined Video over Ethernet) oder der Standard H.264 ermöglichen heute, dass Entwickler und Planer vorhandene IT-Infrastrukturen nutzen und bewährte IT-Umgebungen einsetzen können, um AV-Signale flexibel und zuverlässig an verschiedene Endpunkte zu verteilen.
Der Bedarf an hochauflösender Audio- und Video-Übertragung (AV) wird immer größer. Hierdurch steigen die Anforderungen an die einzusetzende Technik. AV-Ströme müssen u. a. hohe Übertragungsdistanzen zuverlässig zurücklegen und besonders skalierbar sein. Herkömmliche analoge und digitale Technologien stoßen besonders bei großen Entfernungen an ihre Grenzen. Zudem gestaltet sich Signalverteilung und Skalierung recht aufwendig und kann schnell kostspielig werden. Mit derzeit verfügbaren Netzressourcen ist es jedoch möglich, IP-basierte Protokolle zur Übertragung von AV-Daten zu verwenden. Technologien wie die Audio-Netztechnologie Dante, die Plattform SDVoE (Software Defined Video over Ethernet) oder der Standard H.264 ermöglichen heute, dass Entwickler und Planer vorhandene IT-Infrastrukturen nutzen und bewährte IT-Umgebungen einsetzen können, um AV-Signale flexibel und zuverlässig an verschiedene Endpunkte zu verteilen.
Die Grenzen der traditionellen AV-Technik
Im Bereich der professionellen AV-Technik wird immer häufiger gefordert, dass die Signale über größere Entfernungen übertragen werden können. Ein Beispiel ist eine große Campusumgebung, bei der sich die Quelle im Technikraum und die Senke in der Kantine oder in der Eingangshalle befinden. Die Entfernung kann hier mehrere hundert Meter betragen. Traditionelle AV-Technik stößt zum Teil schon ab 20 m an ihre Grenzen. Selbstverständlich können Repeater und Extender eingesetzt werden, um die Reichweite zu erhöhen. Jedoch können die Installations- und Erweiterungskosten für einen Campus mit mehreren hundert Metern Ausdehnung schnell wachsen. Zudem sind solche Techniken bezogen auf Skalierbarkeit, Flexibilität und langfristige Planung ungeeignet, da es sich durchweg um proprietäre Punkt-zu-Punkt Verbindungen handelt.
Um zwischen mehreren Signalquellen und mehreren Signalsenken schalten zu können, nutzen traditionelle AV-Systeme einen sogenannten Matrix-Switch. So ist eine 1:n-Verschaltung zwischen Quelle und Senke möglich.
Je nachdem wie viele Anschlüsse verfügbar sind, kann jede Quelle an jedem Ziel verwendet werden. So ist es beispielsweise bei einem 16×16-Matrix-Switch möglich, Daten von 16 Quellen an einer der 16 Senken auszugeben. Falls ein weiterer Endpunkt angeschlossen werden soll, muss ein neuer Matrix-Switch mit mehr Ports verwendet werden, was wiederum mit hohen Kosten verbunden ist. Eine Kaskade aus mehreren Matrix-Switches ist möglich, erfordert jedoch eine umständliche Administration und Konfiguration. Dementsprechend gestaltet sich die Skalierung mit zunehmendem Systemzuwachs komplexer.
Langfristige Planung
Bei der AV-Planung sind in vielen Fällen sichtbare Kabel im Raum oder generell im ganzen Gebäude unerwünscht. Dementsprechend werden Kabel durch die Decke, die Wand und im Boden verlegt. Dies würde bei einer proprietären Auslegung bedeuten, dass – im schlimmsten Fall – bei Änderung des AV-Systems die Kabel neu verlegt werden müssen, weil sich die Verkabelung auf die eingesetzte Technik beschränkt. In kleinen Gebäuden mit wenigen Räumen ist so etwas eventuell nicht besonders aufwendig. Auf einem Campus mit mehreren hunderten Räumen würde dies aber enorme Kosten verursachen.
Die AV-Planung muss demnach so anwendungsneutral wie möglich erfolgen. So könnte die vorhandene IT-Verkabelung genutzt werden, um Signale über den ganzen Campus zu verteilen. Dies erkannten 2009 auch die Firmen LG, Samsung, Sony und Valens Semiconductor und gründeten die HDBaseT Alliance. Mit der daraus entstandenen HDBaseT-Technologie ist es möglich, hochauflösende AV-Signale über Netzkabel zu übertragen. Doch auch diese Technologie nutzt Punkt-zu-Punkt-Verbindungen. Die Verteilung des AV-Signals verläuft weiterhin über herkömmliche Matrix-Switches, d. h. das Netzwerkkabel wird lediglich als Medium genutzt. Somit ist die Skalierung, wie bereits oben erwähnt, aufwendig.
Netzbasierte Übertragung
Bisher wurden proprietäre Punkt-zu-Punkt-Lösungen vorgestellt, die eine strukturierte Verkabelung nutzen. Allerdings sind diese Lösungen weiterhin nicht in das Netz integriert. Um eine Integration der AV-Systeme in das Netz zu ermöglichen, kann AV over IP eingesetzt werden.
Im Gegensatz zu herkömmlichen AV-Systemen ist es bei AV over IP möglich, AV-Ströme über bereits vorhandene Netze zu übertragen. Analog zur üblichen Netzübertragung werden die AV-Daten in kleine Pakete zerlegt und über verschiedene Wege im Netz versendet. Die Umwandlung der Signale in IP-kompatible Pakete erfolgt durch sogenannte Encoder. Sind die komprimierten Pakete beim Empfänger angekommen, werden sie durch einen Decoder rekonstruiert. Je nach Anforderung hinsichtlich Signalqualität und Bandbreite werden die AV-Signale mittels verschiedener Techniken stärker oder schwächer komprimiert. Typische Standards zur Videokompression sind JPEG2000 und H.264.
JPEG2000
Mit dem JPEG2000 sind sowohl verlustfreie als auch verlustbehaftete Kompressionen möglich. Der Standard basiert auf dem Wavelet-Kompressionsverfahren, bei dem Daten mit wenig Informationsgehalt entfernt werden. Dabei kann auch ROI (Region of Interest) eingesetzt werden, um bestimmte Bildregionen mit unterschiedlicher Qualität zu komprimieren. Im Vergleich zu Motion JPEG, was jedes Einzelbild mit einer Kompressionsrate von bis zu 1:13 als JPEG-Bild komprimiert, ermöglicht JPEG2000 eine bis zu 30% höhere Kompression. Die resultierende Qualität hängt hierbei von der ROI ab und ob verlustfrei oder verlustbehaftet komprimiert wurde.
H.264
H.264 ist aufgrund der hohen Kompression besonders für AV-Anwendungen mit hohen Bandbreitenanforderungen geeignet. Verglichen mit Motion JPEG können aufgrund der Partitionierung von sogenannten Makroblöcken bis zu 80 % höhere Kompressionsraten bei gleicher Qualität erreicht werden.
Software Defined Video over Ethernet
Die Übertragung von nicht komprimierten AV-Strömen erfordert hohe Bandbreite. Während im Gigabit Ethernet eine komprimierte Übertragung notwendig ist, kann im 10Gigabit Ethernet ohne Kompression übertragen werden. Um über 10G nichtkomprimierte AV-Daten zu übertragen, steht SDVoE zur Verfügung. SDVoE ist eine Plattform, in der die Latenz mit unter 100 µs spezifiziert ist, wodurch sich das Verfahren für echtzeitfähige Übertragungen eignet [1]. Jedoch muss bei dieser Plattform angemerkt werden, dass das Kodierungsschema proprietär ist. Somit sind Geräte mit standardbasierten Codecs nicht kompatibel mit SDVoE.
Audionetz-Technologie Dante
Eine weitere echtzeitfähige Technologie zur IP-basierten Übertragung ist Dante. Hierbei handelt es sich um eine Technologie, die von der Firma Audinate entwickelt wurde und von anderen Herstellern erworben werden kann. Im Gegensatz zu anderen Standards ist Dante für IP-basierte Audioübertragungen gedacht. Die Latenz beträgt laut Audinate zwischen 1 und 5 ms [2]. Zur Signalverteilung können herkömmliche Switches genutzt werden. Jedoch ist auch hier anzumerken, dass Dante eine proprietäre Lösung ist.
Eine Technik mit Stärken und einigen Schwächen
Durch die Nutzung vorhandener IT-Infrastrukturen können teure dedizierte und proprietäre Verbindungen vermieden werden. Flexibilität und Skalierbarkeit sind in dem Fall größer als bei traditioneller AV-Technik. Der Systemzuwachs ist nicht mehr abhängig von bestimmter Technik und der Integrationsaufwand ist auf ein Minimum reduziert. Aufwendige Kabelmontagen und Dienstleistungskosten können dementsprechend vermieden werden.
Die IP-basierte Übertragung erlaubt zudem, bereits installierte Netz-Switches zu nutzen, um Inhalte zu verteilen. Dadurch sind über mehrere Switches hinweg größere Distanzen möglich.
Außerdem kann das bereits vorhandene Know-how aus der IT bei der Administration und dem Troubleshooting genutzt werden. Während dies aus der IT-Sicht ein Vorteil darstellt, kann es aus Sicht des Systemintegrators und AV-Planers ein deutlicher Nachteil sein, da die IP-basierte Übertragung aufgrund der höheren Abstraktionsebene eine Umstellung der Denk- und Arbeitsweise erfordert.
Weiterhin kann AV over IP die Netzkapazität stark beanspruchen, da eine nicht komprimierte Datenübertragung ein 10G-Netzwerk benötigt oder die Latenz erhöht. Alternativ müssen Qualitätsverluste durch eine Kompression hingenommen werden. Demnach ist es für den Planer notwendig, einen Kompromiss zwischen Bandbreite, Qualität und Latenz zu finden.
Ab wann lohnt sich AV over IP?
AV over IP ist aufgrund der Integration in die IT-Infrastruktur kostengünstiger als traditionelle AV-Technik. Doch die Kosteneinsparung hängt davon ab, wie viele Endgeräte installiert werden. Die herkömmliche AV-Technik erfordert bei einer hohen Anzahl an Endgeräten viele unterschiedliche Anschlüsse und einen hohen Verkabelungsaufwand. Hinzu kommen kostspielige Matrix-Switches. Verglichen damit ist ein Netz-Switch leichter skalierbar und kostengünstiger. Daher gilt: Je größer die Umgebung ist und je mehr Endgeräte eingesetzt werden, umso effektiver ist AV over IP.
Fazit
Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass die Grenze zwischen AV und IT mit der Zeit aufgehoben und die AV-Technik immer mehr ein Teil der IT-Welt wird. Jedoch erfordert diese Integration auch eine Umstellung der bisherigen Herangehensweise bei Planung und Entwicklung. Somit können AV und IT nicht mehr als eigenständige Welten angesehen werden.
Verweise
[1] SDVoE specifications, https://sdvoe.org/technology/specifications/
[2] How is latency adjusted in a Dante system, https://www.audinate.com/learning/faqs/how-is-latency-adjusted-in-a-dante-system