1. Einleitung
Zunächst vorab: Hier handelt es sich um einen Fachartikel aus der IT und nicht um eine juristische Abhandlung öffentlicher oder nicht-öffentlicher Ausschreibungen von IT-Dienstleistungen und auch nicht um Anforderungen, die sich aus dem Vergaberecht für öffentliche Auftraggeber ergeben. Hier sind die eigene Rechtsabteilung oder externe Rechtsberater zu konsultieren.
In diesem Artikel steht, wie oben bereits erwähnt, die Leistungsbeschreibung als wesentliches Kernelement einer jeden Ausschreibungsunterlage im Vordergrund.
Das öffentliche Vergaberecht hat zunächst die Wirtschaftlichkeit eines Auftrags im Visier. Schließlich geht es hier um Steuergelder. Das Vergaberecht soll damit den sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Mitteln sicherstellen.
Weitere Ziele des Vergaberechts sind:
- Transparenz: Damit soll nachvollziehbar dokumentiert und begründet werden, weshalb ein bestimmter Auftragnehmer den Zuschlag erhalten hat.
- Wettbewerb: Das Vergaberecht fördert ausdrücklich den Wettbewerb zwischen den Anbietern, um über den Zeitraum der Vertragslaufzeit in den Genuss von Innovationen bei einem adäquaten Preis-Leistungs-Verhältnis zu kommen.
- Gleichbehandlung: Grundsätzlich sollen alle Anbieter die gleichen Chancen haben, einen öffentlichen Auftrag zu erhalten.
Eine weitere Erläuterung des öffentlichen Vergaberechts an dieser Stelle würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Deshalb sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die Konsultation eines Rechtsberaters in diesem Zusammenhang dringend zu empfehlen ist. Ein sehr guter Einstieg in diese Thematik bietet hierzu auch die sogenannte „Unterlage für Ausschreibung und Bewertung von IT-Leistungen“ (UfAB). Sie wurde unter der Federführung der Zentralstelle für IT-Beschaffung des Beschaffungsamts des Bundesministeriums des Innern im Jahre 2018 auf Basis der aktuellen Rechtslage nach der letzten großen Reform im Ober- und Unterschwellenbereich des Vergaberechts vollständig überarbeitet.
Dieses umfassende Dokument gibt auch nicht-öffentlichen Auftraggebern ein gutes Werkzeug zur Unterstützung bei Ausschreibungen von IT-Dienstleistungen an die Hand, auch wenn einzelne Aspekte der UfAB keinen rechtsverbindlichen Charakter für nicht-öffentliche Auftraggeber haben. Denn auch in der Privatwirtschaft können Aufträge nicht mehr „einfach so“ vergeben werden.
Heutzutage zwingen klare Vorgaben an die Compliance zu hoher Transparenz und Revisionssicherheit bei der Auswahl von Dienstleistungspartnern im Rahmen von IT-Ausschreibungen. Jedoch muss auch die Anforderung an die Wirtschaftlichkeit und damit einhergehend der Mehrwert extern vergebener Aufträge für den Auftraggeber gegeben sein. In diesem Zusammenhang taucht immer wieder die Frage „Make or Buy“ auf, also welche Variante aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten günstiger ist, d.h. eine („Standard“-)Leistung mit eigenem Personal zu erbringen oder von einem externen Dienstleister erbringen zu lassen.
Ganz abgesehen davon ist eine geregelte Ausschreibung auch für nicht-öffentliche Auftraggeber das einzig sichere Mittel, technologische Innovationen sicherzustellen und die eigene Verhandlungsposition hinsichtlich vertraglicher Regelungen zu sichern.
2. Erstellung und Aufbau einer Ausschreibungsunterlage
2.1 Erstellung einer Ausschreibungsunterlage
Der erste Schritt bei der Erstellung einer Ausschreibungsunterlage ist die Benennung eines Projektleiters, die Bildung eines entsprechenden Projektteams und die Definition einer dazugehörigen Projektorganisation.
Hierbei ist je nach Ausschreibungsgegenstand zu klären, welche Stakeholder an dem Projekt zu beteiligen sind. Hierzu gehören regelmäßig die Fachabteilungen und der Einkauf. Ebenso sind die Rechtsabteilung und das Controlling beteiligt.
Dieses Projektteam ist primär für die Erstellung der Ausschreibungsunterlage zuständig. Dies ist eine äußerst verantwortungsvolle Aufgabe, denn unzulängliche oder unvollständig formulierte Ausschreibungsdokumente führen später zu Ärger und erheblichem Mehraufwand für Auftraggeber und Auftragnehmer und können den Projekterfolg bereits vor Auftragsvergabe zum Scheitern verurteilen.
Zunächst ist zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Ausschreibungen zu unterscheiden. Während öffentlich-rechtliche Ausschreibungen gesetzlichen und nicht ganz unkomplizierten Vorgaben wie dem deutschen oder europäischen Vergaberecht unterliegen, sind privatrechtliche Ausschreibungen in der Regel unbürokratischer. Dennoch sollten sowohl öffentlich-rechtliche wie auch privatrechtliche Auftraggeber bestimmte Punkte beachten, um sicherzustellen, dass auch diejenigen Leistungen ausgeschrieben werden, die tatsächlich benötigt werden.
Doch dabei gibt es eine Reihe von Stolperfallen, die es zu umschiffen gilt. Ein Beispiel hierfür sind nicht eindeutig formulierte Texte. Die Ausschreibungsunterlage sollte zunächst über eine klare und nachvollziehbare inhaltliche Struktur verfügen, d.h. in den Dokumenten sind kürzere und nicht verschachtelte Sätze zu verwenden. Gewisse Formulierungen und Wörter wie „zum Beispiel“, „insbesondere“ oder „etc.“ sollten vermieden werden, die einen „nach oben offenen Leistungsumfang“ beschreiben anstatt die erwarteten Leistungen klar und eindeutig zu beschreiben und abzugrenzen.
Welche Dokumente gehören zu einer Ausschreibungsunterlage?
Für öffentlich-rechtliche Auftraggeber gibt die bereits erwähnte „Unterlage für Ausschreibung und Bewertung“ (UfAB) eine Empfehlung hierzu, die auch für privatrechtliche Auftraggeber geeignet ist.
Diese Struktur lässt sich nach Vergabe- und Vertragsunterlagen unterteilen. Die Vergabeunterlagen enthalten die Regeln für die Durchführung des Vergabeverfahrens. Dazu gehören beispielsweise Informationen zum Auftraggeber, Kurzbeschreibung des Ausschreibungsgegenstandes, Ansprechpartner, Termine und Fristen, etc.
Die Vertragsunterlagen werden bei Beauftragung zum Vertragsbestandteil und regeln die Auftragsausführung. Sie umfassen mindestens die Leistungsbeschreibung, den Kriterienkatalog, der der Bewertung der Angebote dient, ein Preisblatt sowie ggf. weitere Anlagen.
2.2 Die Leistungsbeschreibung
Die Leistungsbeschreibung gibt dem Anbieter detaillierte Informationen zu den ausgeschriebenen Leistungen sowie den Rahmenbedingungen, unter denen die Erbringung dieser Leistungen vom Auftraggeber erwartet wird. Die darin beschriebenen Inhalte, Umfänge und die erwartete Güte der ausgeschriebenen Leistung sind die Grundlage für die Angebotserstellung und haben maßgeblichen Einfluss auf die Preiskalkulation durch die Anbieter.
2.2.1.1 Arten der Leistungsbeschreibung
Grundsätzlich kann zwischen konstruktiven und funktionalen Leistungsbeschreibungen unterschieden werden.
Die konstruktive Leistungsbeschreibung beschreibt die Leistung in ihren wesentlichen Merkmalen und konstruktiven Einzelheiten, indem sie z.B. Abmessungen, technische Werte, zu verwendende Materialien, usw. weitgehend festlegt.
Die funktionale Leistungsbeschreibung hingegen beschreibt die zu erbringende Leistung hinsichtlich ihres Zwecks, ihrer Funktion sowie der sonstigen daran gestellten Anforderungen. Damit ist es den Anbietern überlassen, konkrete Lösungen zu entwickeln und anzubieten.
In der Praxis kommen rein konstruktive und rein funktionale Leistungsbeschreibungen eher selten vor. Die häufigste Art ist eine Mischform. Insbesondere bei der Ausschreibung von IT-Dienstleistungen wie dem Betrieb oder der Wartung von Infrastrukturen.
2.2.1.2 Inhalte der Leistungsbeschreibung
Die Leistungsbeschreibung bildet, wie oben bereits erwähnt, die Grundlage für die inhaltliche Angebotserstellung und die Preiskalkulation durch den Anbieter. Da sie Teil der Vertragsunterlagen ist und damit bei Auftragserteilung zum Vertragsbestandteil wird, sollten hier umfassende Angaben zu vertragsrelevanten und preisbeeinflussenden Fragestellungen gemacht werden.
Von daher sind hier zunächst die grundlegenden Rahmenbedingungen vollständig und mit möglichst genauen Angaben zu erläutern. Dazu gehören eine kurze, einführende Beschreibung des Ausschreibungsgegenstandes und des Ziels, das erreicht werden soll.
Durch die Angabe von Terminen, Fristen und zeitkritischen Abhängigkeiten sowie die Benennung von technischen und kaufmännischen Ansprechpartnern aufseiten des Auftraggebers sollten die organisatorischen Rahmenbedingungen vorgegeben werden. Dazu zählen auch Angaben zu Organisationseinheiten und evtl. Projektgremien, die zu berücksichtigen sind oder mit denen eine gemeinsame Koordination der Aktivitäten abzustimmen ist.
Ebenso sind die technischen Rahmenbedingungen sowie die Beschreibung der Ist-Situation in diesem Zusammenhang relevant. Hierbei ist es wichtig, dem Anbieter alle für die Planung der Leistungserbringung erforderlichen technischen Parameter mitzuteilen.
Je nach Ausschreibungsgegenstand können auch räumliche Rahmenbedingungen wie Standorte, Zugangsmodalitäten zu den Räumlichkeiten des Auftraggebers oder auch unterschiedliche Leistungsempfänger in der Leistungsbeschreibung enthalten sein.
Dass die Leistungsbeschreibung Angaben zu Mengengerüsten enthalten sollte, liegt auf der Hand. Sofern jedoch keine festen Abnahmemengen zugesagt werden können, sollte die Verpflichtung zur Abnahme der angegebenen Mengen ausdrücklich ausgeschlossen werden.
Ferner sind die Mitwirkungsleistungen des Auftraggebers anzugeben, da der jeweilige Umfang erheblichen Einfluss auf die Preiskalkulation haben kann. Solche Mitwirkungsleistungen können z.B. interne Personalressourcen, Räumlichkeiten oder technische Ausstattungen sein, die für die Leistungserbringung erforderlich sind.
Zentraler Bestandteil der Leistungsbeschreibung ist ferner die Spezifikation und Abgrenzung des Leistungsumfangs sowie die Beschreibung der Anforderungen, die daran gestellt werden. Dies beinhaltet neben den technischen Spezifikationen insbesondere auch die Beschreibung der Rahmenbedingungen, die bei der Leistungserbringung erwartet werden. Hierzu gehören z.B. Service Levels hinsichtlich Response- und Wiederherstellungszeiten, Eskalationsstufen sowie Prozessbeschreibungen bzgl. der Priorisierung von Incidents und Service Requests sowie dem Incident-, Problem-, Change- und Service Request Management.
Der Detaillierungsgrad dieser Beschreibungen kann durchaus zu einer Gratwanderung werden. Dazu aber später mehr.
Eine mögliche und durchaus bewährte Struktur einer Leistungsbeschreibung sieht folgendermaßen aus und kann als „Inhaltsverzeichnis“ dienen:
Einleitung
- Inhalt des Ausschreibungsgegenstandes: Hier wird der eigentliche Kern und Inhalt des Ausschreibungsgegenstandes beschrieben
- Ausschreibendes Unternehmen/Behörde
- Ziele der Ausschreibung
Teilnahmebedingungen
- Beschreibung der angesprochenen Anbieter
- Zeitlicher Fahrplan (Roadmap)/Termin/Fristen
- Definition der technischen und kaufmännischen Ansprechpartner
- Umgang mit Bieterfragen, ggf, Bieterkonferenz(en)
IST-Darstellung
- Beschreibung Ausgangssituation
Leistungsbeschreibung / anzubietende Leistungen
- Das ist der wesentliche Kern der Leistungsbeschreibung
Beistellungs-/Mitwirkungsleistungen des Auftraggebers
Preismodell
- Erklärung Preisblatt
- Mengengerüste
- Zahlungsbedingungen/Zahlungsziele/Rechnungsstellung
Vertragsmodalitäten
- Laufzeit des Vertrages
- Verlängerungsoption(en)
- Vertragsauflösung (regulär vs. Sonderkündigungsrechte)
- Vertragspartner
- Leistungsempfänger
- Leistungsorte
- Ggf. Subunternehmer
- Eskalationsverfahren
- Beendigungsunterstützung
Vertraulichkeit / Geheimhaltung
Weitere Anlagen der Ausschreibungsunterlagen sind:
- Kriterienkatalog/Bewertungsmatrix
- Preisblatt
- Weitere (optionale) Unterlagen/Anlagen (Bietererklärungen wie z.B. Mitarbeiter, Umsätze, etc., Subunternehmer, etc.)
2.3 Das Preisblatt
Das Preisblatt sollte in Form einer vorgefertigten Tabelle mit den Ausschreibungsunterlagen veröffentlicht werden. Erfahrungsgemäß werden die Anbieter ansonsten ihre eigenen Vorlagen verwenden, was eine Auswertung und Vergleichbarkeit der kommerziellen Angebote erheblich erschweren kann.
Eine vorgefertigte Tabelle für die Preisermittlung dient der Sicherstellung der Vergleichbarkeit und Transparenz der Angebotspreise und reduziert die Aufwände für die Angebotsauswertung erheblich.
2.4 Der Kriterienkatalog
Auch für den Kriterienkatalog sollte eine vorgefertigte Tabelle im Rahmen der Ausschreibung bereitgestellt werden. Hier sind alle Kriterien, die in der Leistungsbeschreibung näher definiert sind, zumindest stichwortartig referenziert.
Darin sollten auch die Ausschluss- und Bewertungskriterien eindeutig gekennzeichnet sein sowie das Bewertungsschema ggf. mit einzelnen Gewichtungen daraus hervorgehen.
Abbildung 1: Wesentliche Bestandteile der Ausschreibungsunterlagen
Auch dieses Dokument dient der transparenten und nachvollziehbaren Bewertung der Anbieter bzw. Angebote.
2.5 Weitere (optionale) Anlagen:
Über das Preisblatt und den Kriterienkatalog/Bewertungsmatrix können weitere Anlagen beigefügt werden, z.B.:
- Bietererklärung zu Mitarbeiter/Umsatz (z.B. der letzten 3 Jahre)
- Erklärung zu Subunternehmern
- Referenzen
- Etc.
Welche weiteren Anlagen veröffentlicht werden ist im konkreten Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden. Ggf. sind auch Regularien der Einkaufsabteilung hier zu berücksichtigen.
3. Detaillierungsgrad der Ausschreibungsunterlage
In der Leistungsbeschreibung als zentraler Bestandteil der Ausschreibungsunterlage werden insbesondere die Anforderungen an die zu erbringende Leistung spezifiziert.
Und spätestens hier beginnt die Gratwanderung.
Abbildung 2: Konstruktive Ausschreibung
Je nach Beschaffungsgegenstand umfasst dieser Teil der Leistungsbeschreibung inhaltlich ein Spektrum von der technischen Spezifikation der zu liefernden Waren wie z.B. Netzwerk- oder Security-Komponenten bis hin zur mehr oder weniger detaillierten Beschreibung der zu erbringenden Leistungen. Im ersten Beispiel wird die Leistungsbeschreibung tendenziell eher einen konstruktiven Charakter haben, wenn es sich im Wesentlichen um die reine Lieferung derartiger Komponenten, der zugehörigen Software sowie der Erbringung von Standard-Services handelt, die sich aus dem jeweiligen Partnerstatus mit den Herstellern ergibt, sofern dieser explizit eingefordert wird.
Gerade wenn es um die Beschaffung von beispielsweise Netzwerk- oder Security-Komponenten geht, können die erforderlichen Produkteigenschaften klar und eindeutig definiert werden. Privatrechtliche Auftraggeber können (und dürfen) darüber hinaus die genaue Modellbezeichnung und den Hersteller der zu beschaffenden Komponenten explizit benennen. Somit steht fest, was man angeboten bekommt, und man kann z.B. die Zuschlagsentscheidung über den Angebotspreis treffen.
Abbildung 3: Funktionale Ausschreibung
Kommen zu den reinen Lieferleistungen noch Dienstleistungen hinzu, die einen hohen Grad an Standardisierung zulassen, fällt die Beschreibung der Leistung noch leicht. Hier können öffentlich verfügbare Beschreibungen der Leistungen der Dienstleister herangezogen und miteinander verglichen werden; der gemeinsame Nenner kann als Grundlage für die Leistungsbeschreibung dienen. Dies ermöglicht einerseits die Vergleichbarkeit der eingereichten Angebote, und andererseits kann die Leistung von einer größeren Anzahl von Bietern angeboten werden, was den Wettbewerb fördert.
Werden jedoch aufgrund von spezifischen Anforderungen Dienstleistungen benötigt, die nicht über weitestgehend standardisierte Serviceangebote abgedeckt werden können, sollte bei der Spezifikation der Anforderungen mit Augenmaß und Kompromissbereitschaft vorgegangen werden und jede Anforderung kritisch hinterfragt werden.
Als Beispiel dazu sei die Anforderung an die Erreichbarkeit eines Service Desk aufseiten des Dienstleisters genannt. Hier kann sich die Frage stellen, ob dieser tatsächlich 24 x 7 erreichbar sein muss, wenn die eigenen Betriebszeiten 5 x 10 sind? Oder benötigt man für einen 24-Port-Access-Switch eine Wiederherstellung von 24 x 7 x 4h, wenn die (gerade einmal 24) potenziell betroffenen Endgeräte alternativ über das WLAN im Netz kommunizieren können? Für den Distribution- und Core-Bereich eines LAN ist das sicherlich anders zu betrachten, da der Ausfall einer solchen Komponente eine deutlich größere Auswirkung haben wird.
Letztendlich sind dies Fragen, die man vermutlich mit einem klaren „Nein“ beantworten kann, sich aber massiv auf die Kostenkalkulation des Anbieters auswirken.
Hier ist also eine gewisse Differenzierung und Detaillierung hinsichtlich der jeweiligen Service-Spezifikationen und Service Level Agreements gefragt, um die Angebotspreise nicht unnötig in die Höhe zu treiben.
Auf der anderen Seite können zu detailliert formulierte Anforderungen dazu führen, dass ein Dienstleister den Service nicht mehr auf Basis seiner Standardprozesse erbringen kann, sondern diese stattdessen hochgradig individuell anpassen muss. Allein das kann ein erheblicher Kostentreiber sein.
Von daher sollten die Anforderungen, die in einer Leistungsbeschreibung definiert werden, jeweils kritisch hinterfragt, auf die tatsächliche Notwendigkeit hin überprüft und mit einer gewissen Kompromissbereitschaft beantwortet werden.
4. Beispiele aus der Praxis
Nachfolgend werden zwei Beispiele aus dem Projektgeschäft der ComConsult vorgestellt, bei denen jeweils im Rahmen einer Ausschreibung ein Dienstleister zur Unterstützung des hauseigenen IT-Betriebes gesucht wurde.
4.1 Beispiel 1
In diesem Beispiel geht es um eine Unternehmensgruppe, die an über 100 Standorten weltweit tätig ist.
Der Auftraggeber nutzt einen Dienstleister, der neben der Lieferung von Netzwerk- und Security-Komponenten auch entsprechende Betriebsunterstützung auch im Bereich der Sprachkommunikation leistet.
Die damalige Ausschreibung umfasste eine Leistungsbeschreibung mit weit über 800 (!) Seiten, in der praktisch alle Handgriffe, die vom Dienstleister erwartet wurden, akribisch beschrieben wurden. Die dort definierten Service Levels waren trotz des Umfangs des Dokumentes darüber hinaus nicht differenziert dargestellt. Ferner wurden äußerst strikte Rahmenbedingungen hinsichtlich der Vertragserfüllung gestellt.
Um wettbewerbsfähig anbieten zu können, hat der später beauftragte Dienstleister seine Angebotspreise entsprechend kalkuliert.
Schon relativ kurze Zeit nach der Auftragsvergabe musste aber festgestellt werden, dass die Services nicht wie kalkuliert per Fernzugriff in der vereinbarten Servicequalität erbracht werden konnten, sondern dauerhaft vor Ort installiertes Personal erforderlich war.
Letztendlich führte dieser Umstand dazu, dass weder Auftragnehmer noch Auftraggeber mit der Situation zufrieden waren – der Auftragnehmer aus kommerzieller Sicht nicht, und für den Auftraggeber war deshalb letztendlich die Leistungserbringung nicht zufriedenstellend.
4.2 Beispiel 2
Auch hier handelt es sich um ein Unternehmen mit der Zentrale in Deutschland, das weltweit an über ca. 120 Standorten mit Büro- und Produktionsstätten vertreten ist und IT-Services von einem Dienstleister im Bereich der Netzwerktechnik bezieht.
Im Gegensatz zu Beispiel 1 wurden die Leistungen im Rahmen der Ausschreibung jedoch nur sehr oberflächlich beschrieben und an den entscheidenden Stellen nicht genau genug spezifiziert.
Im Ergebnis führte das dazu, dass bereits während der Angebotsphase eine Vielzahl von Rückfragen der Anbieter zu beantworten und letztendlich die Angebote nur sehr schwer miteinander vergleichbar waren.
Für die Phase der Leistungserbringung nach Auftragserteilung hatte die unzureichende Spezifikation der Anforderungen zur Konsequenz, dass der Auftragnehmer zwar kostengünstig anbieten konnte, der Auftraggeber aber an den entscheidenden Stellen äußerst unzufrieden mit der Leistungserbringung war.
5. Fazit/Zusammenfassung
Dieser Artikel beschreibt die Komplexität der Erstellung einer Leistungsbeschreibung im Rahmen einer Ausschreibung ebenso wie die Erstellung eines Anforderungskataloges und eines Preisblattes, um eine Grundlage für die technische und kommerzielle Vergleichbarkeit zu schaffen.
In Summe bleibt festzuhalten, dass die Erstellung einer Ausschreibung eine komplexe Aufgabe bleibt und jeweils nach Anwendungsfall detailliert auszuarbeiten ist.
Insbesondere die Beschreibung der erwarteten Leistungen ist eine Gratwanderung zwischen Präzisierung und Überlassung von Spielräumen, ohne dabei die Vergleichbarkeit der Angebote zu gefährden. Hier muss ein Mittelweg gefunden werden, der allen beteiligten Stakeholdern gerecht wird und gleichzeitig die kommerzielle Seite nicht ins Unendliche schraubt.
Am Ende müssen alle Beteiligten – Auftraggeber und Auftragnehmer – „Spaß“ an dem Auftrag haben, sei es aus kommerzieller Sicht beider Seiten oder aus Sicht der Qualität der Leistungserbringung. Nur so kann ein vertrauensvolles und partnerschaftliches Verhältnis nachhaltig und zum Nutzen beider hergestellt werden.
Die Weichen dafür werden bereits im Rahmen der Ausschreibung gestellt. Ein wesentliches Element bildet hier – wie bereits mehrfach betont – die Leistungsbeschreibung.
Als Fazit möchte ich für die Leistungsbeschreibung zusammenfassen:
So exakt wie nötig, so viel Spielraum für den Anbieter wie möglich!