aus dem Netzwerk Insider Oktober 2023
Der „Bauplan ÖA Digitalisierung“ ist vor einigen Monaten veröffentlicht worden und befasst sich mit dem vordergründigen Thema eines möglichen Vorgehensmodells zur Schuldigitalisierung. Wir haben uns diesen Plan angesehen und uns als ComConsult an der Aufbereitung des E-Learning-Kurses beteiligt. Wir sind der Meinung, dass dieser Bauplan und das darin enthaltene Vorgehensmodell großes Potential haben, wenn man etwas weiter denkt. Warum? Lesen Sie selbst!
Der „Bauplan ÖA Digitalisierung“ – was ist das?
Als Beispiel eines verwendeten Vorgehensmodells in der IT, das mit einem gewissen Maß an Pragmatismus ins gewünschte Ziel führt, wird im Nachfolgenden der „Bauplan ÖA-Digitalisierung“ [1] betrachtet. Er wurde von der RWTH Aachen im Institut für Technologie und Innovationsmanagement (TIM)[2] in Zusammenarbeit mit der LANCOM entwickelt und auch von der academa [3] als Spin-off der RWTH Aachen in einen E-Learning-Kurs [4] mit Zertifizierung überführt. Neben vielen anderen Protagonisten haben auch wir als ComConsult uns an der Aufbereitung des E-Learning-Kurses beteiligt und unsere praxisnahe Erfahrung aus der Sicht eines Planers eingebracht.
Doch was verbirgt sich hinter dem „Bauplan der Digitalisierung für öffentliche Auftraggeber“? Er wurde als strukturiertes Vorgehensmodell für komplexe Digitalisierungsmaßnahmen mit anhängendem Betrieb entwickelt und ist somit nicht nur ein Projektstrukturplan, den man aus dem klassischen Projektmanagement kennt, sondern fasst pragmatisch den Lebenszyklus einer Digitalisierungsmaßnahme bis hin zur Weiterentwicklung und gegebenenfalls Erneuerung der Maßnahme zusammen.
Bei diesem Bauplan fällt die sehr zentrische Ausrichtung auf das Thema Schuldigitalisierung auf. Hier wird man dem Potential des Bauplans nicht ganz gerecht, denn durch die Praxisnähe zu generellen Lebenszyklen und seinem generischen Aufbau kann er zur Strukturierung von deutlich mehr Themen innerhalb der IT – auch in der Privatwirtschaft – verwendet werden als zunächst vorgesehen. Dabei kann die aufgezeigte Struktur genutzt werden – inhaltlich sollten hierzu logischerweise individuelle Anpassungen vorgenommen werden.
Doch wodurch zeichnet sich nun dieser Bauplan aus? Einfach ausgedrückt werden auf pragmatische Weise sowohl benötigte Ergebnisse als auch anstehende, stufenweise Entscheidungs- und Freigabepunkte berücksichtigt, die einen klaren Fahrplan zum Ziel eines erfolgreichen, ganzheitlichen Vorhabens vorgeben. Durch die stufenweise Ausgestaltung von Entscheidungen und Freigaben einzelner Schritte erlangen alle Beteiligten fundiertes Wissen über den jeweiligen Stand der Dinge, der auf erstellten Dokumenten basiert.
Außerdem können Entscheidungen und Freigaben an den Entscheidungsstellen sowohl zu einer Korrektur der Ergebnisse und dem eingeschlagenen Weg als auch zum vollständigen Ausstieg aus dem Vorhaben führen. Selbst wenn es Korrekturen oder den Ausstieg gibt, ist das insgesamt nicht als negativ zu bewerten, sondern muss im übergeordneten Verständnis betrachtet werden. So kann sich in manchen Fällen auf dem Weg zum Ziel herausstellen, dass etwas nicht zielführend ist. Mit dieser bewussten und dokumentierten Grundlage kann auch der Extremfall eines Ausstiegs etwas Gutes sein, nicht zuletzt aus einer Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung heraus.
Insgesamt gliedert sich das Vorgehensmodell in sechs Prozessphasen, die in der Detailbetrachtung in zwei Segmente aufgeteilt werden müssen, da diese Segmente zwei unterschiedliche Zielrichtungen vorsehen. Im Segment 1, dem „Segment Projekt“, erfolgen die Vorbereitung und Umsetzung eines Projekts, das gemäß allgemeingültiger Definition ein einmaliges Vorhaben mit einem definierten Ziel ist und einen festen Anfang und ein festes Ende hat. Im Segment 2, dem „Segment Betrieb“, wird der namensgebende Betrieb vorgesehen, der gegenüber einem Projekt anders zu betrachten ist, weil er die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des Projektziels bzw. des Projektergebnisses verfolgt.
Somit ergibt sich die Zuordnung der Phasen in Segmente, wie Tabelle 1 zu sehen.
Richtungsweisend folgen die Phasen der aufbauenden Logik, zunächst Anforderungen zu definieren (Phase 1) -> die Konzeptionierung (Phase 2) auf der Grundlage der Anforderungen zu erstellen -> nach fertiggestelltem Konzept die Ausschreibung (Phase 3) durchzuführen -> nach erfolgter Ausschreibung die Implementierung (Phase 4) vorzunehmen -> nach fertiggestellter Implementierung die Einführung (Phase 5) des Projektergebnisses vorzusehen. Der Betrieb (Phase 6) wird nach der Einführung begonnen.
Das Segment 1 – Projekt
Der weitaus größte Teil des Bauplans beschäftigt sich mit dem Segment 1. Warum ist das so?
Das ist relativ einfach erklärt: Eine Eigenschaft von Projekten ist die, dass viele am Projekt beteiligte Protagonisten zur Erarbeitung von Projektergebnissen an einem Strang ziehen müssen. Die Erfahrung zeigt, dass es in der Regel genau hier hakt. Das kann viele Gründe haben. Begonnen mit einem klassischen Zeitproblem einzelner, die an der Erzeugung des Projektergebnisses beteiligt sind, bis hin zu organisatorischen und materiellen Voraussetzungen, die fehlen, um diesen Protagonisten die Mitarbeit im Projekt zu ermöglichen. In allen Fällen verzögert sich die Ergebnislieferung, das Projekt dauert länger und wird in der Regel in der Gesamtkostenbetrachtung auch vor diesen Hintergründen nicht selten teurer.
Daher ist es von Beginn an wichtig, für klare und messbare Verhältnisse bei allen Beteiligten zu sorgen. Hierzu ist eine transparente Projektstruktur, also ein schrittweises Vorgehensmodell, der zentrale Dreh- und Angelpunkt. Zum einen lässt sich anhand der Projektstruktur relativ einfach die wichtige Zeitplanung mit enthaltener Meilenstein- und Ressourcenplanung ableiten. Zum anderen lässt sich auch der Projektfortschritt sehr gut in Richtung des Projektteams und übergeordneter Gremien und Entscheidungsträgern darstellen. Darüber hinaus legt eine gute Projektstruktur auch den Grundstein für das wirtschaftlich orientierte Projektcontrolling im Sinne der Prüfung, ob das Projekt insgesamt noch innerhalb des Budgets liegt. Denn jeder Projektleiter ist bestrebt, sein Projekt „in time and budget“ fertigzustellen.
Wenn es im Projektverlauf Gründe gibt, die schlimmstenfalls entweder eine Verzögerung hervorrufen oder eine Verteuerung des Projekts erzeugen, muss der Projektleiter in der Lage sein, diese Umstände frühzeitig zu erkennen und dann zu beseitigen. Sollte eine Beseitigung nicht funktionieren, muss er für die transparente Bekanntmachung und den damit zusammenhängenden Entscheidungen in Richtung von Entscheidungsträgern bzw. in Richtung der Projektsteuerung sorgen. Das gelingt aber nur auf der Grundlage einer guten Projektstruktur, die am Projektziel ausgerichtet und ein phasenweises bzw. stufenweises Vorgehensmodell vorsieht, an dessen Phasenübergängen jeweils über den Start der nächsten Phase anhand von fundierten Projektphasenergebnissen entschieden werden kann. Wie zu Beginn erwähnt, erfüllt der „Bauplan ÖA Digitalisierung“ genau diese Anforderungen.
Innerhalb der Phasen müssen alle zur Verfügung stehenden Ressourcen auf die Lieferung der benötigten Phasenergebnisse konzentriert werden. Neben den im „Bauplan ÖA Digitalisierung“ auf die Schuldigitalisierung zentrierten Aspekte sollten mindestens die folgenden, allgemeingültigen Aspekte berücksichtigt werden.
Phase 1: Idee
Die Phase 1: Idee umfasst alle Leistungen, die zur Anforderungsdefinition an das Projekt notwendig sind. Begonnen wird diese Phase in der Regel mit einem Kickoff-Meeting, in dem die Vorstellung der Projektziele und der Projektstruktur vorgestellt, alle am Projekt beteiligten Mitarbeitenden einbezogen, ein erster, grober Zeitrahmen aufgezeigt und, falls möglich, eine grobe Budgetgrenze dargestellt wird. Dieses Kickoff-Meeting muss durch den Projektleiter bzw. von Mitarbeitenden vorbereitet werden, die durch den Projektleiter damit beauftragt werden. Dabei werden möglichst viele zu diesem Zeitpunkt bekannte Aspekte von den Projektinitiatoren zusammengetragen und für dieses Meeting aufbereitet. Auch sollten zum Austausch feste Regeltermine mit allen Teilnehmenden vereinbart werden. Nach stattgefundenem Kickoff-Meeting beginnt die schrittweise, inhaltliche Arbeit zur Erreichung des Phasenziels einer fertigen Anforderungsdefinition, also der Vorplanung.
Hierbei werden schrittweise die Aspekte der Zustandsbestimmung der aktuellen Situation, die Zieldefinition der Digitalisierungsmaßnahme und die notwendigen Rahmenbedingungen zur zielgerichteten Umsetzung unter Berücksichtigung von späteren Betriebsaspekten in Zusammenarbeit mit allen Stakeholdern definiert.
Am Ende dieser Phase steht die Buy-In-Entscheidung durch Gremien bzw. der Projektsteuerung, die mit einer fundierten Entscheidungsvorlage auf der Basis einer exakten Zieldefinition inklusive einer Soll-Ist-Darstellung vorbereitet werden muss. Diese Buy-In-Entscheidung enthält in einer ersten, bestmöglichen Betrachtung alle personellen, organisatorischen und materiellen Notwendigkeiten, die zugekauft werden müssen, um das Projekt zum Ziel führen zu können.
Eine der größten Herausforderungen in dieser Phase ist, die eigene Organisation in Bezug auf deren Möglichkeiten realistisch einzuschätzen. Bei dieser Einschätzung geht es vor allem darum, die zur Verfügung stehenden Ressourcen der betriebsüblichen Linienorganisation bei der Make-or-Buy-Entscheidung abzuklopfen und realistisch einzuschätzen, an welchen Punkten Unterstützung notwendig wird. Denn genau an diesem Punkt kann sehr schnell eine Überschätzung der eigenen Möglichkeiten erfolgen, die ein wesentliches Risiko für die Zielerreichung des Projekts darstellt.
Phase 2: Konzept
Nach erfolgter Buy-In-Entscheidung beginnt in der Phase 2 die Konzepterstellung, die in zwei Detaillierungstiefen vorgesehen wird. Zunächst erfolgen die Erstellung eines Grobkonzepts und eine erste Kostenschätzung, auch Entwurfsplanung oder Grobplanung genannt, unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus der Phase 1. Das erstellte Grobkonzept wird nach seiner Fertigstellung durch Gremien freigegeben.
Insbesondere hier ist das Entscheidungsgate der Freigabe des Grobkonzepts sehr sinnvoll, um einen Abgleich zwischen dem Projektziel und den bis dahin erzeugten Ergebnissen zu ermöglichen. Denn innerhalb der Grobkonzeptionierung und der damit verbundenen Aufwandsschätzung erfolgt in der Regel eine erste, praxisnahe Betrachtung des Umfelds einer Digitalisierungsmaßnahme der bspw. baulichen, klimatischen und elektrotechnischen Voraussetzungen. Sehr häufig werden hier weitere Notwendigkeiten festgestellt, die zunächst behoben bzw. ergänzt werden müssen, um die Voraussetzungen einer Digitalisierungsmaßnahme zu schaffen. Das hat in vielen Fällen sowohl eine zeitlich verzögernde, doch auch eine Kostenkomponente, die es innerhalb von Gremien abzustimmen gilt.
Nach erfolgter Freigabe des Grobkonzepts wird die konkrete Feinkonzeptionierung, auch Ausführungsplanung oder Feinplanung genannt, erstellt, die neben den technischen und baulichen Aspekten auch eine Prozessentwicklung zur Umsetzung der Digitalisierungsmaßnahme und eine konkrete Finanzierungsplanung enthalten muss. Nach erfolgter Konzeptionierung wird die Entscheidung zur Umsetzung von Gremien getroffen.
Hier erfolgt die Freigabe zur Umsetzung ebenfalls unter Berücksichtigung der Übereinstimmung mit den Ergebnissen und Festlegungen innerhalb des Grobkonzepts und der Ergebnisse der Feinkonzeptionierung. Diese Freigabe ist wichtig, denn ab diesem Punkt sind Planungsänderungen nur noch im kleinen Rahmen sinnvoll möglich, da ab Beginn der Ausschreibung zum Bezug aller notwendigen Liefer- und ggf. Dienstleistungen am Markt die Ausgaben im Projekt steigen und jede Änderung vergleichsweise kostenintensiv wird.
Phase 3: Ausschreibung
In der Phase 3 wird die Ausschreibung der vorher konzeptionierten Leistungen in zweckdienlichen Vergabeverfahren vorgenommen. Im Wesentlichen muss hier eine Unterscheidung zwischen Vergabeverfahren für öffentliche Auftraggeber und privatwirtschaftlichen Vergabeverfahren getroffen werden. Diese Unterscheidung wird nötig, denn die Auftragsvergabe von öffentlichen Aufträgen unterliegt dem sehr formellen Vergaberecht und weiteren, gesetzlichen Bestimmungen. In privatwirtschaftlichen Vergabeverfahren kann je nach Bedarf deutlich flexibler verfahren werden. Drei Kernkomponenten der notwendigen Vergabeunterlagen für IT-Leistungen bilden die Leistungsbeschreibung, der Kriterienkatalog und das Preisblatt. Insbesondere der Kriterienkatalog übernimmt durch die gezielte Aufstellung von messbaren Kriterien zu Knackpunkten des ausgeschriebenen Vorhabens die Leistungsbemessung durch die Bewertung der Bieterantworten durch ein Punktesystem. Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots sollte sowohl bei öffentlichen als auch bei privatwirtschaftlichen Auftraggebern auf der Grundlage von transparenten Modellen erfolgen.
Diese Phase endet mit der finalen Investitionsentscheidung durch die Gremien und der Bezuschlagung bzw. der Beauftragung des wirtschaftlichsten Angebots.
Phase 4: Implementierung
Nach der Bezuschlagung bzw. der Beauftragung des wirtschaftlichsten Angebots erfolgt die Implementierung der Digitalisierungsmaßnahme entweder in seltenen Fällen durch die eigene Organisation oder wie in vielen Fällen durch Dienstleister. Hierzu muss die Implementierung durch die Ausführenden vorbereitet werden, indem die mit der Ausschreibung beauftragten Leistungen im Rahmen der Pflichtenhefterstellung bzw. der Werk- und Montageplanung in finale, bestellbare Mengen- und Typengerüste überführt werden und die Montage und Konfiguration mit dem Auftraggebenden abgestimmt wird. Auch muss eine verbindliche Zeitplanung zur Ausführung erstellt werden, an der sich bspw. die Vorleistungen der Digitalisierungsmaßnahme orientieren und auf deren Basis ggf. Zugänge in Räumlichkeiten organisiert werden müssen. Sollte das Wissen um die Lösung bei den Nutzenden und den Betreibenden nicht in ausreichender Weise vorhanden sein, ist auch ein Schulungskonzept vorzulegen.
Nicht zu vergessen ist das notwendige Betriebskonzept und ein Informationssicherheitskonzept passend zur Digitalisierungsmaßnahme. Diese beiden Dokumentenwerke müssen jedoch nicht zwingend von den Ausführenden, sondern können auch von der eigenen Organisation erstellt werden. In jedem Fall wird jedoch die Mitarbeit der Ausführenden bei Lösungsdetails benötigt.
Mit Fertigstellung der Implementierungsvorbereitung stehen mindestens die verbindlich umzusetzende Lösung, die damit zusammenhängenden Beistellleistungen des Auftraggebers und die Kosten der Digitalisierungsmaßnahme fest.
Auf der Grundlage der Implementierungsvorbereitung erfolgt die Implementierungsfreigabe, die wiederum eine Gegenüberstellung der Beauftragung mit den in der Implementierungsvorbereitung erzeugten Ergebnissen beinhaltet. Ist die Übereinstimmung gegeben, erfolgt die Freigabe, und die Implementierung kann im nächsten Schritt vorgenommen werden. Schulungsmaßnahmen können während der Implementierung in geeigneter Weise durchgeführt werden, sofern diese notwendig sind.
Nach der Implementierung folgen die Testphase der Digitalisierungsmaßnahme und die formelle Abnahme nach vorher festgelegten Kriterien. Sollten sich im Rahmen der Tests und der darauffolgenden Abnahme Mängel an der implementierten Digitalisierungsmaßnahme zeigen, muss ein Mängelmanagement vorgesehen werden, das die zielgerichtete Behebung der Mängel ermöglicht. Sowohl die Testphase als auch die Abnahme und damit zusammenhängende Bedingungen müssen Eingang in das Vertragsverhältnis finden, denn mindestens an diese beiden Aspekte sind in der Regel Zahlungsvereinbarungen geknüpft.
Als abnahmerelevant sollte auch die Dokumentation der implementierten Digitalisierungsmaßnahme betrachtet werden, um während der Implementierung entstandene Dokumentationslücken auch mit Regelungen schließen zu können.
Privatwirtschaftliche Verträge müssen diese Regelungen meistens mit anwaltlicher Unterstützung aufnehmen, öffentliche Auftraggeber können hier auf das standardisierte EVB-IT-Vertragswerk zurückgreifen. Die Nutzung des EVB-IT-Vertragswerks in der Privatwirtschaft ist eher selten zu beobachten, wäre jedoch aus der Projekterfahrung heraus grundsätzlich auch möglich.
Phase 5: Einführung
Nach Abschluss der Implementierung erfolgt die Einführungsphase der Digitalisierungsmaßnahme. Sinnvollerweise werden hierzu die zwei Schritte der Einführungsentscheidung und der tatsächlichen Einführung in die Nutzerschaft vorgesehen. Die Einführungsentscheidung durch Gremien basiert auf dem positiven Ergebnis der Tests und der Abnahme. Ist hier alles im grünen Bereich, steht der Einführung der Lösung bzw. der Übergabe der Lösung an die Nutzerschaft und an die betriebsverantwortlichen Stellen nichts im Wege. Je nach Projektgröße und gewählter Einführungsstrategie kann die Gesamtlösung auf einmal oder in Teilen eingeführt werden.
Während der Einführungsphase sollten die Ausführenden der Implementierungsphase für die Behebung von Problemen und die Beantwortung von Rückfragen zur Verfügung stehen, die während des üblicherweise parallel stattfindenden Übergangs in den Regelbetrieb durch das Betriebsteam gestellt werden.
Mit Abschluss dieses Schritts ist das Segment 1 abgearbeitet und das Projekt beendet.
Das Segment 2 – Betrieb
Den Betrieb der Digitalisierungsmaßnahme übernimmt in aller Regel die eigene Organisation des Auftraggebenden im Rahmen eines Eigenbetriebsmodells. Alternativ zum Eigenbetriebsmodell ist ein Managed Service denkbar. Marktüblich sind hier zwei Ausprägungen, „Outtasking“ und „Outsourcing“.
Sehr vereinfach dargestellt umfasst das Modell des „Outtasking“ die Auslagerung einer zu definierenden Betriebsaufgabe an einen externen Dienstleister und ist streng genommen eine spezielle Form des „Outsourcing“. In der Regel bleiben die Assets, also die zu beschaffende Hard- und Software, im Besitz des Auftraggebenden.
Das Modell „Outsourcing“ hingeben umfasst die Beschaffung der notwendigen Hard- und Software als auch die zugehörigen Betriebsleistungen. Typischerweise werden innerhalb von IT-Aufträgen sogenannte Portpreis-Modelle bspw. bei der Beschaffung einer neuen Netzwerkinfrastruktur verwendet, indem der Auftraggebende den Auftragnehmenden in wiederkehrenden Zahlungen pro genutztem Port für seine Dienstleistung entlohnt. Die Anwendungs- und Preismodelle sind vielfältig und dem Vorhaben anzupassen.
Gewählt wird zwischen den beiden Modellen nach dem Bedarf und den Anforderungen der betriebsverantwortlichen Organisation, unter Berücksichtigung von kaufmännischen Vorgaben. Diese Anforderungen sind bestenfalls direkt von Beginn an festzulegen und im Rahmen der Durchführung ab der Phase 1 für den weiteren Projektverlauf zu berücksichtigen.
Die Betriebsorganisation in der IT sieht üblicherweise eine Ausgestaltung am ITIL- Rahmenwerk (Information Technology Infrastructure Library) vor. In welcher Ausprägung diese Ausgestaltung vorgenommen wird, hängt vor allem von den Möglichkeiten der Betriebsorganisation und dem gewählten Betriebsmodell ab. Mindestens sollten jedoch die zwei Betriebsabläufe „Instandhaltung“ und „Weiterentwicklung“ vorgesehen werden.
Sofern die Betriebsorganisation wenigstens in Anlehnung an ITIL erfolgt, werden ebenfalls Prozesse wie das Incident Management verwendet. Ob diese durch die eigene Betriebsorganisation oder durch einen externen Dienstleister erbracht werden, ist eine individuelle Entscheidung. Diese übergeordneten Prozesse werden jedoch nicht im Rahmen des „Bauplan ÖA Digitalisierung“ betrachtet und müssen als individuelle Ergänzung verstanden werden, die mit ihren jeweiligen Prozessergebnissen an die Betriebsabläufe „Instandhaltung“ und „Weiterentwicklung“ angebunden werden.
Bei der Instandhaltung werden alle Maßnahmen vorgesehen, die für die Aufrechterhaltung der bestehenden Digitalisierungsmaßnahme benötigt werden. Wichtig hierbei ist, dass Eingriffe in das bestehende Gesamtsystem auf der Grundlage einer bewussten Entscheidung erfolgen, bspw. zu einem Update der Komponentensoftware, um bestehende Risiken bspw. Fehler und Ausfälle insgesamt zu reduzieren.
Im Rahmen des Regelablaufs der Weiterentwicklung entsteht die Verbesserung der bestehenden Lösung. Sie basiert auf Nutzer- und Betriebserfahrungen und damit zusammenhängender Erkenntnisse. Diese Erkenntnisse werden hier genutzt, um Anpassungen jedweder Art im Rahmen der Systemmöglichkeiten vorzunehmen. Die jeweilige Entscheidung zur Umsetzung einer Weiterentwicklung sollte auf der Grundlage einer Dinglichkeit, des Nutzens, der damit verbundenen Betriebsrisiken und der Wirtschaftlichkeit erfolgen. Daher sind auch hier Entscheidungsgates von sehr hoher Bedeutung.
Sollten sich aus den zwei Regelabläufen der Instandhaltung oder der Weiterentwicklung grundsätzliche Änderungen an der Digitalisierungsmaßnahme ergeben, die im Rahmen eines Projekts durchgeführt werden müssen, erfolgt diese Entscheidung an dem Punkt „Controlling & Weiterentwicklung“.
Fazit zum „Bauplan ÖA Digitalisierung“
Der „Bauplan ÖA Digitalisierung“ ist grundsätzlich eine gute Idee und bringt heutige übliche Vorgehensmodelle für IT-Projekte und in Teilen auch notwendige Betriebsabläufe in eine sinnvolle Struktur und Darstellung. Insbesondere das Vorgehensmodell innerhalb des Projektsegments ist inhaltlich gut aufgebaut. Jedoch wird das Potential vor allem hier nicht ganz ausgeschöpft, denn der vordergründige Bezug zur Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen in Schulen lässt die generische Ausgestaltung und damit die Möglichkeiten zur Verwendung in anderen IT-Projekten in den Hintergrund treten. Der Teil des Betriebs lässt sich gut auf kleine Betriebsorganisationen übertragen, die kleinere Digitalisierungsmaßnahmen betreuen.
Schön wäre, wenn es zukünftig eine Weiterentwicklung dieses Bauplans geben würde, der die noch offenen Potentiale möglichst weit ausschöpft.
Verweise
[1] https://www.lancom-systems.de/fileadmin/pdf/solutions/oeffentlicher-sektor/LANCOM-Bauplan-der-Digitalisierung-fuer-oeffentliche-Auftraggeber.pdf
[2] https://www.time.rwth-aachen.de/cms/TIME/Die-Research-Area/~ehfb/Technologie-und-Innovationsmanagement-/
[3] https://academa.de/ueber-uns/
[4] https://academa.de/kurse/bauplan-oeffentliche-anstalten-digitalisierung/