Nicht nur für meine TK-Generation: BHCA reloaded

Behrooz Moayeri

Wenn Sie ungefähr so alt sind wie ich und Ihre TK-Erfahrung in die 1990er Jahre zurückgeht, können Sie sich vielleicht an ein Kürzel erinnern: Busy Hour Call Attempts (BHCA). Das ist ein Maß für die maximale Anzahl der Verbindungsaufbauten pro Stunde und Teilnehmer in der Hochlastphase einer Telefonanlage. Beispiel: Wenn BHCA = 9 und Teilnehmerzahl = 1000, dann muss das System 9000 Calls pro Stunde aufbauen, d.h. 9000/3600 = 2,5 Calls pro Sekunde. Der letztgenannte Wert, nämlich Calls per Second (CPS), ist in Zeiten von Voice over IP geläufiger.

Seitdem die Corona-Pandemie die ganze Welt erfasst hat, gibt es Heimquarantäne für Millionen von Menschen. Viele von ihnen müssen für die Fortsetzung ihrer beruflichen Tätigkeit Plattformen wie Cisco Webex oder Microsoft Teams nutzen. Die Folge ist die zeitweise Überlastung dieser Plattformen.

Nun muss man wissen, dass eine Konferenz eine Phase des Verbindungsaufbaus durchläuft und danach etabliert ist. Während des Verbindungsaufbaus werden auf zentralen Call-Servern CPU-Zyklen belegt. Ist die Verbindung aufgebaut, wird der zentrale Call-Server nicht mehr intensiv belastet, sondern andere Ressourcen wie Transcoding Gateways und Netzverbindungen. Das heißt: Es gibt Lastspitzen bei Call-Servern und im Vergleich dazu weniger schwankende Lastwerte bei Netzverbindungen und Codecs. Versuchen viele User immer wieder zu denselben Zeiten, Verbindungen aufzubauen, sind die CPU-Zyklen auf Call-Servern höchstwahrscheinlich die erste Ressource, die knapp wird.

Aber warum sollen die User immer wieder zu denselben Zeiten Verbindungen aufbauen? Früher haben doch die Millionen Anrufer auch nicht synchron die Wählscheibe bedient. Die Antwort ist einfach: Legen Sie im Microsoft Outlook per Mausklick einen Termin an, schlägt das Programm standardmäßig den Terminbeginn zur vollen Stunde vor. Die meisten User bleiben dabei und investieren keine Zeit mehr, um den Beginn von der vollen Stunde auf eine andere Zeit zu verlegen. Zur vollen Stunde kam es also bei den UCC-Plattformen zu Überlastungen, die uns veranlassten, auf die Plattformanbieter zu schimpfen.

Deshalb hat uns ein Insider-Tipp aus den Reihen dieser Betreiber erreicht, die Termine nicht zur vollen Stunde beginnen zu lassen. Diese Empfehlung gebe ich hiermit gerne weiter. Und noch ein Tipp: In Europa ist der Vormittag besser als der Nachmittag, wenn man davon ausgeht, dass Europa intensiver mit Nordamerika spricht als mit Asien. Unter dieser Annahme kommen nämlich nachmittags die Konferenzen mit Nordamerika hinzu.

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