DER NETZWERK INSIDER – Ausgabe Juli 2023
Data Science im Bereich Netzwerke
von Prof. Dr.-Ing. Jürgen Brauer
Im stetigen Strudel des Informationszeitalters ist es oft schwer, den Überblick zu behalten. Ein Meer von Daten umgibt uns, immer in Bewegung, immer in Fluss. Doch was, wenn wir diese Flut kontrollieren könnten? Was, wenn wir aus den Tiefen dieses Ozeans von Informationen kostbare Perlen der Erkenntnis heben könnten? Ein Mann hatte früh genau diese Vision – und sein Name war John Naisbitt.
Energieversorgung der Racks durch intelligente PDU
von Hartmut Kell
An ihr kommt bei der Einrichtung von Netzwerken niemand vorbei: die Steckdosenleiste. Denn ohne sie lassen sich die aktiven Netzwerk-Komponenten in den Verteiler- oder Serverschränken nicht in Betrieb nehmen. Diese technische Einheit ist eine der wenigen Elemente der Stromarchitektur, auf welche der IT-ler bei der Planung und insbesondere bei der Auswahl Einfluss nehmen kann. Bei der Planung von elektrischen Unterverteilern, Dieselgeneratoren oder auch USV-Anlagen beschränkt sich die Mitwirkung auf die Festlegung von wenigen Größen wie z.B. Dauer der Unterbrechungsfreiheit oder Gesamtleistung. Doch die Auswahl der Steckdosenleiste gehört zur Grundplanung des Racks und sollte in den Händen des Nutzers, also des IT-lers, liegen.
Gesetzentwurf mit Folgen für RZ-Energieeffizienz
von Dr. Behrooz Moayeri
Der Referentenentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Änderung des Energiedienstleistungsgesetzes liegt seit April 2023 vor. Der Abschnitt 4 des Entwurfs trägt den Titel „Energieeffizienz in Rechenzentren“. Im Falle des Inkrafttretens des Entwurfs wird er weitreichende Folgen für Rechenzentren (RZ) haben. Deshalb lohnt es sich, bereits jetzt einen Blick auf den Entwurf zu werfen.
Schwachstelle erzwingt Hardware-Austausch
von Dr. Markus Ermes
Schwachstellen in IT-Systemen sind für uns alle alltäglich. Kaum ein Tag, an dem nicht irgendein Artikel zu Sicherheitslücken oder ein Hinweis auf ein Sicherheitsupdate ankommt. Auch die Installation von Patches ist etwas absolut Selbstverständliches. Viele Lösungen bieten automatische Update-Funktionen. Ob man diese allerdings in einer produktiven Umgebung einfach einschaltet, ist die andere Frage. Jeder Patch birgt das Risiko einer Inkompatibilität. Daher werden Patches in vielen Umgebungen zunächst getestet, bevor sie installiert werden. Und auch diese Tests kosten Zeit, womit sich die Installation von Patches verzögern kann.
Digital Ready Check von Bestandsgebäuden
mit Thomas Steil sprach Christiane Zweipfennig
Mit der zunehmenden Digitalisierung haben sich die Anforderungen an Immobilien geändert. Bewertungskriterien wie Gebäudeanbindung, Gebäudekonnektivität, vernetzte Gebäude-IT-Infrastruktur, Nachhaltigkeit, Cybersecurity und Mehrwert für den Nutzer sind für die Renditefähigkeit von Gebäuden die Schlagworte der Zukunft.
Gesetzentwurf mit Folgen für RZ-Energieeffizienz
Der Referentenentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Änderung des Energiedienstleistungsgesetzes liegt seit April 2023 vor. Der Abschnitt 4 des Entwurfs trägt den Titel „Energieeffizienz in Rechenzentren“. Im Falle des Inkrafttretens des Entwurfs wird er weitreichende Folgen für Rechenzentren (RZ) haben. Deshalb lohnt es sich, bereits jetzt einen Blick auf den Entwurf zu werfen.
Unterscheidung: RZ-Betreiber und IT-Betreiber
Der Referentenentwurf unterscheidet folgende Betreiber und differenziert teils zwischen den Anforderungen, die sie einhalten müssen:
- Betreiber eines Rechenzentrums (RZ-Betreiber): eine natürliche oder juristische Person, die entweder Eigentümer des Rechenzentrums oder der Co-Lokation mit einer elektrischen Nennanschlussleistung ab 200 Kilowatt ist oder vergleichbare Nutzungsrechte hat, und
- Betreiber von Informationstechnik (IT-Betreiber): eine natürliche oder juristische Person, die Informationstechnik innerhalb eines Rechenzentrums mit einer Nennanschlussleistung ab 50 Kilowatt entweder als Eigentümer oder mit vergleichbaren Nutzungsrechten unterhält (dabei kann ein Betreiber von Informationstechnik auch der Betreiber eines Rechenzentrums oder dessen Kunde sein).
Zwischenfazit: Selbst für „einfache“ Betreiber von IT innerhalb eines von Dritten betriebenen RZ wird das geplante Gesetz je nach Energiebedarf relevant sein.
Energieverbrauchseffektivität
In § 11 (1) und (2) des Referentenentwurfs sind die Anforderungen hinsichtlich RZ-Energieverbrauchseffektivität aufgeführt. Diese Kennzahl, bekannter als Power Usage Effectiveness (PUE), ist das Verhältnis des jährlichen Energiebedarfs des gesamten Rechenzentrums zum Energiebedarf der Informationstechnik. Jahrzehntelang wiesen viele Rechenzentren einen PUE-Wert um etwa 2 auf, d.h. vor allem wurde genauso viel Energie für die Kühlung der IT-Systeme verbraucht wie diese selbst als elektrische Energie verbraucht haben. Mit der Optimierung der Luftzirkulation mittels Warm- und Kaltgängen, Einhausung und anderen Maßnahmen gelingt es, diesen Wert zu reduzieren. Der Referentenentwurf legt fest, dass RZ, die vor dem 1. Juli 2026 in Betrieb gehen, folgende PUE-Werte nicht überschreiten dürfen:
- Ab dem 1. Juli 2027: 1,5
- Ab dem 1. Juli 2030: 1,3
RZ, die ab dem 1. Juli 2026 den Betrieb aufnehmen, dürfen im Jahresdurchschnitt den PUE-Wert von 1,3 nicht überschreiten.
Zwischenfazit: Auch für bestehende RZ muss es einen Plan geben, in zwei Schritten bis Mitte 2027 bzw. Mitte 2030 den maximalen PUE-Wert von 1,5 bzw. 1,3 zu erfüllen.
Anteil der wiederverwendeten Energie
- 11 (2) und (3) des Entwurfs enthalten Vorgaben bezüglich des Anteils der wiederverwendeten Energie bei Rechenzentren. Dieser Wert ist allgemein als Energy Reuse Factor (ERF) bekannt. Gemäß Referentenentwurf müssen neue RZ folgende Mindest-ERF aufweisen:
- RZ, die ab dem 1. Juli 2026 den Betrieb aufnehmen: 10%
- RZ, die ab dem 1. Juli 2027 den Betrieb aufnehmen: 15%
- RZ, die ab dem 1. Juli 2028 den Betrieb aufnehmen: 20%
Wiederverwendung von Energie kann zum Beispiel durch Abgabe von Wärme an ein Wärmenetz erfolgen. Der Referentenentwurf enthält einige Ausnahmen von den ERF-Vorgaben, zum Beispiel wenn der Betreiber eines in der Nähe befindlichen Wärmenetzes ein Angebot zur Nutzung wiederverwendeter Energie zu Gestehungskosten nicht annimmt.
Zwischenfazit: Praktisch jeder RZ-Neubau, der ab sofort geplant wird, benötigt ein Konzept für die Energierückgewinnung.
Minimale Eintrittstemperatur
Der Referentenentwurf schreibt für bestehende RZ, die vor dem 1. Januar 2024 in Betrieb gehen, folgende Mindestwerte bezüglich der minimalen Eintrittstemperatur für die Luftkühlung von Informationstechnik vor:
- 24 Grad Celsius ab Gültigkeit des Gesetzes
- 27 Grad Celsius ab 1. Januar 2028
Rechenzentren, die ab dem 1. Januar 2024 den Betrieb aufnehmen, sind so zu errichten und zu betreiben, dass die Luftkühlung von Informationstechnik die minimale Eintrittstemperatur von 27 Grad Celsius nicht unterschreitet. Eine niedrigere Eintrittstemperatur ist nur zulässig, sofern diese ohne den Einsatz einer Kälteanlage erreicht wird (d.h. RZ-Betreiber müssen ihre RZ-Flächen nicht extra zum Erreichen von 27 Grad heizen J).
RZ sind von den genannten Mindesttemperaturen ausgenommen, wenn sich Systeme für Unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) in Serverräumen befinden. Betreiber von Rechenzentren, die über genügend Räumlichkeiten verfügen, haben die USV-Anlagen ab dem 1. Januar 2026 außerhalb ihrer Serverräume aufzustellen.
Zwischenfazit: Erstens sind alle IT-Systeme daraufhin zu prüfen, ob sie die vorgeschriebenen Temperaturen verkraften. Zweitens ist in allen neuen IT-Beschaffungen die Vorgabe vorzusehen, dass die Systeme die Eintrittstemperatur von 27 Grad Celsius aushalten. Drittens ist die Machbarkeit der USV-Auslagerung für bestehende RZ zu untersuchen. Viertens ist jedes neue RZ so zu planen, dass sich die USV-Systeme nicht in den eigentlichen RZ-Räumen befinden, damit in diesen Räumen die Kühlungssysteme auf die minimale Eintrittstemperatur von 27 Grad Celsius für IT-Komponenten eingestellt werden können.
Verwendung erneuerbarer Energien
Gemäß dem Referentenentwurf müssen RZ-Betreiber in ihren Rechenzentren bilanziell folgende Mindestanteile ihres Energiebedarfs durch ungeförderten Strom aus erneuerbaren Energien decken:
- ab dem 1. Januar 2024 zu 50 Prozent
- ab dem 1. Januar 2027 zu 100 Prozent
Zwischenfazit: Die Strombeschaffung für RZ ist auf die Einhaltung der o.g. Werte anzupassen.
Energie- und Umweltmanagementsystem
- 12 des Referentenentwurfs legt fest:
- Die Betreiber von Rechenzentren haben bis zum 1. Juli 2025 ein Energie- oder Umweltmanagementsystem einzurichten.
- Im Rahmen der Umsetzung des Energie- oder Umweltmanagementsystems sind
- kontinuierliche Messungen zur elektrischen Leistung und zum Energiebedarf der wesentlichen Komponenten des Rechenzentrums durchzuführen und
- Maßnahmen zu ergreifen, die die Energieeffizienz des Rechenzentrums kontinuierlich verbessern.
- Für Rechenzentren mit einer Nennanschlussleistung ab 1 Megawatt und für Rechenzentren, die im Eigentum öffentlicher Träger stehen oder für diese mit einer Nennanschlussleistung ab 200 Kilowatt betrieben werden, besteht ab dem 1. Januar 2025 die Pflicht zur Validierung oder Zertifizierung des Energie- oder Umweltmanagementsystems.
- Rechenzentren, deren wiederverwendete Energie zur Nutzung über ein Wärmenetz weitgehend aufgenommen wird, sind von der Pflicht zur Einrichtung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems befreit, wenn ihr jährlicher durchschnittlicher Gesamtendenergieverbrauch innerhalb der letzten drei Jahre die Schwelle von 25 Gigawattstunden nicht überschreitet.
- Auch IT-Betreiber müssen an ein Energie- und Umweltmanagementsystem denken. Für Betreiber von IT mit einer Nennanschlussleistung der Informationstechnik ab 500 Kilowatt besteht ab dem 1. Januar 2025 die Pflicht zur Validierung oder Zertifizierung des Energie- oder Umweltmanagementsystems. Für Betreiber von Informationstechnik, die im Auftrag öffentlicher Träger betrieben werden, besteht die Pflicht zur Validierung oder Zertifizierung ab einer Nennanschlussleistung der Informationstechnik ab 200 Kilowatt.
Zwischenfazit: Erstens sind Einrichtungen für kontinuierliche Messungen der elektrischen Leistung in Rechenzentren zu planen. Zweitens ist ein organisatorischer Prozess zur kontinuierlichen Verbesserung der RZ-Energieeffizienz einzurichten.
Informationspflichten und Energieeffizienzregister
- 13 des Referentenentwurfs regelt die Informationspflichten von RZ- und IT-Betreibern, nämlich die jährliche elektronische Übermittlung der RZ-Energieinformationen an den Bund.
Dazu ist im § 14 vorgesehen, dass die Bundesregierung ein Energieeffizienzregister für Rechenzentren errichtet. Die Informationen daraus werden über eine digitale Plattform der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt (mit Ausnahme von Informationen, deren Preisgabe die öffentliche oder nationale Sicherheit gefährden kann).
- 15 geht auf Information und Beratung im Kundenverhältnis ein. RZ-Betreiber sind ab dem 1. September 2023 dazu verpflichtet, den Kunden die direkt den Kunden zuzuordnenden Energieverbräuche pro Jahr sowie den entsprechend der Verbrauchsanteile zuzuordnenden Energieverbrauch der technischen Infrastruktur des Rechenzentrums mitzuteilen. Die Betreiber eines Rechenzentrums mit einer Co-Lokation müssen ab dem 1. September 2023 sicherstellen, dass sie beim Angebot einer Co-Lokation den Anteil der voraussichtlichen Energiekosten an den Gesamtkosten separat ausweisen, den Kunden einer Co-Lokation geeignete Monitoring-Informationen zur Verfügung stellen und die Registriernummer ihres Rechenzentrums im Register nach § 14 mitteilen.
Zwischenfazit: Organisatorische Prozesse und technische Maßnahmen zur Einhaltung der Informationspflichten sind einzurichten.
Fazit
Der Referentenentwurf für RZ-Energieeffizienz enthält teilweise Vorgaben, die ohnehin von einer zeitgemäßen RZ-Planung eingehalten werden müssen. Weitere Vorgaben wie zum Beispiel Informationspflichten gegenüber dem Bund sind neu. Unabhängig davon, wie man zu mehr Bürokratie und staatlich verordneten Regelungen für RZ steht, ist die Beschäftigung mit den künftigen Vorgaben bezüglich der RZ-Energieeffizienz ein Muss für alle Planer und Betreiber von Rechenzentren.