Im Oktober 2024 habe ich mich auf den Weg nach Hamburg gemacht, um dort an einem dreitägigen Vorbereitungskurs sowie im Anschluss an der Prüfung zum Certified Technology Specialist (CTS) teilzunehmen. Diese Zertifizierung wird von AVIXA, dem internationalen Verband für die AV-Branche, angeboten. Hier schildere ich meine Erfahrungen.
Was ist AVIXA?
AVIXA steht für „Audiovisual Integrated Experience Association“ und ist ein Branchenverband, der auf internationaler Ebene die Interessen aller repräsentiert, die audiovisuelle Lösungen herstellen und verwenden. Dies umfasst Hersteller, Fachplaner, Installationsfirmen und Anwender, die sich mit der Medientechnik für Meetings, Online-Kurse oder Veranstaltungen in Büros, Konzerthallen, Flughäfen, Museen oder Messehallen beschäftigen.
Was ist der CTS?
Als weltweit einziges professionelles Zertifizierungsprogramm im Bereich der Medientechnik ist der CTS ein wichtiges Instrument, um das vertiefte Fachwissen eines Planers oder Integrators gegenüber Kunden nachzuweisen. Es ist nach der Norm ISO/IEC 17024:2012 standardisiert.
Mit Bestehen der Prüfung kann unter Beweis gestellt werden, über profundes Wissen in allen relevanten Bereichen der professionellen AV-Technik wie Audio, Video, Licht, Netzwerktechnik, sowie Grundwissen in den Bereichen Projektmanagement, Planung, Wartung und Kundenservice zu verfügen. Es wird ein spezieller Fokus auf Standards und Best Practices wie z. B. Kabelkennzeichnung oder Bildgröße von 2D-Inhalten gelegt, was auch praktisch anhand von Berechnungen geübt wird.
In folgender Tabelle sind die drei Themenbereiche samt ihrer Unterthemen und ihrem Anteil an der Prüfung aufgeführt.
Bereiche und Aufgaben | Anteil Prüfung | Anteil Fragen |
Aufgabe A: Erstellen von AV-Lösungen | 47 % | 47 |
Aufgabe 1: Sammeln von Kundeninformationen | 10 % | 10 |
Aufgabe 2: Durchführung einer ersten Ortsbesichtigung | 9 % | 9 |
Aufgabe 3: Bewertung der Standortumgebung (Akustik, Beleuchtung, Bestuhlung, Ausstattung, usw.) | 9 % | 9 |
Aufgabe 4: Entwickeln eines AV-Projekts | 9 % | 9 |
Aufgabe 5: Entwerfen von AV-Lösungen | 10 % | 10 |
Aufgabe B: Realisieren von AV-Lösungen | 27 % | 27 |
Aufgabe 1: AV-Lösungen integrieren | 10 % | 10 |
Aufgabe 2: AV-Lösungen betreiben | 9 % | 9 |
Aufgabe 3: AV-Projekte verwalten | 8 % | 8 |
Aufgabe C: Wartung von AV-Lösungen | 26 % | 26 |
Aufgabe 1: Betreiben von AV-Systemen | 8 % | 8 |
Aufgabe 2: Durchführung von Wartung und Instandhaltung | 8 % | 8 |
Aufgabe 3: Fehlerbehebung und Reparatur von AV-Lösungen | 10 % | 10 |
Gesamt | 100 % | 100 |
Tabelle 1: Inhalte der CTS-Prüfung, modifiziert nach [1]
Der Vorbereitungskurs
Der dreitägige Vorbereitungskurs fand in den Räumlichkeiten von Kern & Stelly in Hamburg statt. Die Prüfung folgte am vierten Tag. Die zwölf Teilnehmer des Kurses waren bunt gemischt: Es nahmen viele AV- bzw. Veranstaltungstechniker von Herstellern oder Integrationsfirmen sowie einige AV-Fachplaner teil. Um die CTS-Prüfung abzulegen, ist der vorherige Besuch eines Kurses keine Pflicht, man kann sich auch selbstständig weiterbilden.
Kursleiter Damià Carbonell Tena legte am Anfang des Kurses viel Wert darauf, uns die effektive Herangehensweise an die Multiple-Choice-Fragen zu vermitteln: Manche der Fragen haben auf den ersten Blick mehrere korrekt klingende Antworten, aber nur eine ist wirklich richtig. Um diese Antwort zu finden hilft es, zunächst die Antwortmöglichkeiten zu verdecken und sich nur auf den Stamm der Frage zu fokussieren. Aus der Frage extrahiert man Schlüsselbegriffe, die Hinweise auf die richtige Antwort geben. Irrelevante oder irreführende Teile der Frage, sogenannte Distraktoren, müssen ausgeblendet werden. Diese Tipps waren für die Art von Fragen, wie sie in der Prüfung gestellt wurden, sehr hilfreich.
Die restlichen Kursinhalte orientierten sich an den Themenbereichen aus der obigen Tabelle. Der inhaltlich größte Bereich war „Erstellen von AV-Lösungen“, der sich auf die ersten Phasen eines AV-Planungsprojekts fokussierte: die Bedarfsanalyse, die Standortanalyse sowie die Planungsphase. An dieser Stelle stolperten wir als Kurs bereits über eine Unregelmäßigkeit, die sich, mehr oder weniger, durch das gesamte Kursmaterial von AVIXA zieht: Teilweise sind Fachbegriffe oder Bezeichnungen suboptimal aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt worden. Die erste Phase eines AV-Projekts wird hier als Programmphase bezeichnet, eine Bezeichnung, die uns Kursteilnehmern erst einmal unbekannt war, da sie in Deutschland nicht gebräuchlich ist. Hier würde man eher von Bedarfsaufnahme und -analyse sprechen. Diese Ungenauigkeiten in der Übersetzung kamen leider häufiger vor, sodass wir im Kurs hin und wieder diskutieren mussten, was der jeweilige Begriff genau bedeutet.
Ein weiterer zentraler Bestandteil des Kurses war der AVIXA-Standard „Display Image Size for 2D Content in Audiovisual Systems“, kurz DISCAS. Er gibt dem AV-Planer eine wissenschaftlich fundierte Grundlage an die Hand, um Bildgrößen und Abstände der Betrachter vom Bild zu bestimmen und korrekt zu planen. Hier waren einige Formeln auswendig zu lernen und anzuwenden, beispielsweise die zur Berechnung des größten Abstands, den ein Betrachter bei einer bestimmten Bildgröße und -auflösung zur Anzeige haben sollte.
Die Prüfung
Die CTS-Prüfung umfasst 110 Fragen. 10 von ihnen dienen der Evaluation für zukünftige Fragenkataloge und werden nicht bewertet. Um alle Fragen zu beantworten, hat der Prüfling 150 Minuten Zeit, also circa eine Minute und 20 Sekunden pro Frage, was mehr als ausreichend ist. Fast alle Fragen sind Multiple-Choice-Fragen mit vier Antwortmöglichkeiten, wovon immer nur eine richtig ist. Bei manchen Fragen muss anstatt einer Antwort der richtige Teilbereich eines Bilds oder einer Grafik ausgewählt werden. Es können maximal 500 Punkte erzielt werden, mindestens 350 werden zum Bestehen der Prüfung benötigt.
Für den Prüfungstag konnten wir aus zwei Prüfungsslots wählen, einer morgens und einer mittags. Da ich am selben Tag noch die Heimreise nach Aachen antreten musste, habe ich mich für den ersten Slot eingetragen. Der Kursleiter achtete auch darauf, dass Teilnehmer mit einer langen Heimreise in den ersten Slot kamen.
Ablauf der Prüfung
Die Prüfung fand in einem Schulungsraum an bereitstehenden Laptops statt. Es sind keine Hilfsmittel erlaubt, außer einem laminierten Blatt Papier inklusive Folienschreiber, das man für Notizen nutzen kann. Diese sollen nicht abgewischt, sondern nach der Prüfung dem Prüfungspersonal abgegeben werden. Für die Aufgaben, bei denen etwas berechnet werden musste, stand innerhalb der Prüfungssoftware ein virtueller Taschenrechner zur Verfügung. Er war identisch mit dem Modell, mit dem wir schon im Vorbereitungskurs gearbeitet hatten, daher war die Handhabung bekannt.
Nachdem ich meine Ausweisdokumente vorgezeigt hatte, es überprüft wurde, dass ich keine Gegenstände mit in den Raum genommen hatte und ein Foto von mir gemacht wurde, konnte ich mich an meinen Platz setzen. Vor Beginn der eigentlichen Prüfung hatte man 10 Minuten Zeit, um ein Tutorial zur Bedienung der Software durchzulesen.
Die oben erwähnten 1:20 min pro Frage sind sehr großzügig bemessen, bei einem großen Teil der Fragen kannte ich die Antwort innerhalb von wenigen Sekunden. Andere Fragen waren kniffliger und benötigten mehr Zeit, konnten aber meist mithilfe der im Kurs vorgestellten Tricks gelöst werden. Hier ein weiterer Tipp für schwer lösbare Fragen: Wird die Prüfung auf Deutsch abgelegt, kann man sich zusätzlich die Frage auf Englisch anzeigen lassen. Dadurch erschließt sich der Sinn so mancher Frage besser. Man hat die Möglichkeit, zu jeder Frage einen Kommentar zu hinterlassen, um z. B. auf Fehler in der Frage aufmerksam zu machen. Dies musste ich einige Male nutzen, beispielsweise weil die Antwortmöglichkeiten der deutschen Version nicht komplett mit denen der englischen Version übereinstimmten.
Am Ende war ich, wie alle anderen Prüflinge, schon circa eine Stunde vor Ablauf der Zeit fertig und konnte abgeben. Ob man bestanden hat oder nicht, wird direkt nach der Prüfung auf dem Bildschirm angezeigt.
Zwischen Vorbereitungskurs und Prüfung gab es einige Abweichungen in den gelehrten und abgefragten Themen: Die Prüfung enthielt weit weniger Fragen, bei denen etwas berechnet oder eine Formel angewandt werden musste, als es der Kurs mit seinem starken Fokus auf DISCAS suggerierte. Stattdessen drehten sich viele Fragen um das Projektmanagement, was im Kurs vergleichsweise etwas zu kurz gekommen war.
Trotzdem waren die meisten Fragen gut lösbar. Am Ende habe ich die Prüfung mit 451 von 500 Punkten bestanden! Eine gute Leistung, die ich allein durch Vorbereitung im Selbststudium definitiv nicht erreicht hätte. Meines Wissens haben die anderen Teilnehmer des Kurses ebenfalls alle bestanden. Im Nachhinein kann ich sagen, dass die Entscheidung für den Kurs vollkommen richtig war. Dort bekam ich nicht nur ein Gefühl dafür, worauf bei der Prüfung Wert gelegt wurde, auch der Austausch mit anderen Kursteilnehmern über das Gelernte half, es zu verinnerlichen.
Verweise
[1] AVIXA, Handbuch für die CTS-Prüfung, Anhang A: Gliederung der Prüfungsinhalte, S. 45