aus dem Netzwerk Insider Februar 2021
Mit dem Ausbau des 5G-Netzes wird oftmals eine neue Technologie namens Dynamic Spectrem Sharing, kurz DSS, in Verbindung gebracht. Sie wurde von der 3GPP erstmals in Release 15 definiert und ermöglicht einen parallelen Betrieb von 4G und 5G im gleichen Frequenzbereich. Was im ersten Moment eher unspektakulär klingt bietet den Providern die Möglichkeit, die bereits vorhandene Antennenstruktur und Bereiche vom Spektrum zu nutzen und so kostengünstig und schnell ein 5G-Netz aufzubauen. Doch wie genau funktioniert diese Technologie und welche Vor- und Nachteile bringt sie mit sich? Diese und weitere Aspekte werden im folgenden Artikel erläutert.
Mobilfunkbetreiber führen derzeit mit einem unglaublichen Tempo die neueste Mobilfunkgeneration 5G New Radio (NR) auf dem deutschen Markt ein. Im Vergleich zu früheren Generationen, deren Ausbau teilweise Jahre gedauert hat bzw. sogar noch bis heute andauert, wie beispielsweise vom 4G-Netz, ist dies sehr bemerkenswert. 5G NR unterstützt den Frequenzbereich 1 (FR1), welcher auch als Sub-6-GHz bekannt ist und zwischen 410 MHz und 7,125 GHz liegt. FR1 wird bereits intensiv von früheren Mobilfunkgenerationen wie 3G und 4G genutzt. Daher kommt die Frage auf, wie die Provider das genau bewerkstelligen.
Mit dem Ausbau des 5G-Netzes wird oftmals eine neue Technologie namens Dynamic Spectrum Sharing, kurz DSS, in Verbindung gebracht. Diese Technik wurde von der 3rd Generation Partnership Project, einer weltweiten Kooperation von Standardisierungsgremien für die Standardisierung im Mobilfunk (3GPP), erstmals in Release 15 definiert und ermöglicht einen parallelen Betrieb von 4G und 5G im gleichen Frequenzbereich. Was im ersten Moment eher unspektakulär klingt, bietet den Providern die Möglichkeit, die bereits vorhandene Antennenstruktur sowie Bereiche vom Spektrum zu nutzen und so kostengünstig und schnell ein 5G-Netz aufzubauen. In diesem Artikel werde ich versuchen, Ihnen die neue Technologie etwas näherzubringen und die Vor- und Nachteile aufzuzeigen. Des Weiteren gehe ich auf die derzeitige 5G-Ausbaustrategie der deutschen Mobilfunkbetreiber ein und erläutere, dass sich hinter 5G nicht immer das High-Speed-Netz verbirgt, das Sie aus den Medien kennen.
Der in 5G genutzte physikalische Layer
Mein Kollege Herr Dr. Wetzlar hat bereits im Januar 2020 die fünfte Mobilfunkgeneration (5G New Radio) ausführlich erläutert [1]. Daher möchte ich an dieser Stelle daran anknüpfen. In der physikalischen Schicht werden Sie regelmäßig das sogenannte „Resource Grid“ sehen, das Information in Form von Resource Elements (REs) und Resource Blocks (RBs) beinhaltet und einordnet. Das Grid stellt die möglichen Slots bzw. Symbole in Form einer Matrix dar. Zur Erinnerung: Ein Subframe besteht aus 14 Symbolen, welche auch als Slots bezeichnet werden. 10 Subframes formen einen Frame. Abbildung 1 stellt den Aufbau der Frames vereinfacht dar.
Damit die technischen Herausforderungen und Details von DSS verstanden werden können, müssen die in 5G genutzten Channels, zu Deutsch Kanäle, bekannt sein. Solche Kanäle benutzen eine bestimmte Anzahl von Resource Blocks und werden beispielsweise für die Steuerung von Datenübertagungen genutzt. Die Kanäle können in die drei Funktionsbereiche initialer Zugriff, Downlink und Uplink unterteilt werden. Einfachheitshalber werden im Folgenden nur die Kanäle, die für die Erläuterung von DSS benötigt werden, beschrieben [2]:
Initialer Zugriff auf eine Zelle
- Synchronisation Signal Block (SSB)
Der Synchronisation Signal Block (SSB) wird auch als SS-Block bezeichnet und bezieht sich in Wirklichkeit auf den Synchronisation-/PBCH-Block, da Synchronisationssignal und PBCH-Channel als einzelner Block übertragen werden. Dieser Block wird von Endgeräten (User Equipment, UE) genutzt, um sich mit einer Mobilfunkzelle zu verbinden oder ein Handover zu einer anderen Zelle einzuleiten. In dem SSB befinden sich daher alle relevanten Informationen einer Zelle, die ein Endgerät benötigt, um zu entscheiden, ob es sich mit dieser Zelle verbinden möchte.
Abbildung 2 zeigt den Aufbau des SSB. Der Block belegt 4 OFDM-Symbole im Zeitbereich und verteilt sich auf 240 Unterkanäle (20 Resource Blocks) im Frequenzbereich. Zur Erinnerung: Ein RB beinhaltet 12 Unterkanäle (Subcarriers). Jeder SSB besteht aus einem Primary Synchronisation Signal (PSS), einem Secondary Synchronisation Signal (SSS) und einem Physical Broadcast Channel (PBCH), welche im Folgenden genauer erläutert werden. - Primary Synchronisation Signal (PSS)
Das Primary Synchronisation Signal (PSS) besteht aus 127 Unterkanälen und wird von dem UE für die Downlink-Frame-Synchronisation verwendet. Dabei werden auch die Unterkanalgrenzen definiert, welche beispielsweise die Position des ersten nutzbaren Symbols in einem Subframe bestimmen. - Secondary Synchronisation Signal (SSS)
Das Secondary Synchronisation Signal (SSS) wird, ähnlich wie das PSS, für die Downlink-Frame-Synchronisation verwendet und besteht ebenso aus 127 Unterkanälen. Durch das SSS wird beispielsweise das genutzte Duplexverfahren erkannt und die exakten Frame-Timings übermittelt. Des Weiteren wird mithilfe des PSS und SSS die von der Zelle genutzte Physical-Cell-ID (PCI) kalkuliert. - Physical Broadcast Channel (PBCH)
Der Physical Broadcast Channel (PBCH) stellt den UEs grundlegende Systeminformationen einer Zelle zur Verfügung. Diese Informationen werden in dem sogenannten Master Information Block (MIB) periodisch in dem SSB versendet. Die Periodizität der SSB-Bursts hängt von der genutzten Numerologie ab. Jedes UE muss die Informationen auf dem PBCH decodieren, um auf die Zelle zugreifen zu können.
Datenübertragung im Downlink
- Physical Downlink Control Channel (PDCCH)
Der Physical Downlink Control Channel (PDCCH) dient zur Steuerung der Datenübertragung und wird verwendet, um die von den obigen Schichten kommende Downlink Control Information (DCI) zu decodieren. Dies beinhaltet eine Zuweisung des Zeitplans, damit das UE Daten in Richtung Down- und Uplink versenden kann. Wenn das UE beispielsweise über Daten im Physical Downlink Shared Channel (PDSCH) verfügt, muss es wissen, wo sich diese Daten befinden. Ist das UE nicht in der Lage, den PDCCH zu decodieren, kann es die Daten im PDSCH-Subframe nicht lesen und es kommt zu einem Decodierungsfehler. Daher ist die Decodierung des PDCCH sehr wichtig. - Physical Downlink Shared Channel (PDSCH)
Der Physical Downlink Shared Channel (PDSCH) beinhaltet die eigentlichen zu sendenden Daten eines Nutzers. Das Modulationsschema für jeden PDSCH wird für jeden Nutzer in der DCI bestimmt. - PDSCH Demodulation Reference Signal (DMRS)
Das Demodulation Reference Signal (DMRS) für PDSCH wurde in 5G New Radio eingeführt. Die Bedeutung des DMRS für PDSCH besteht darin, dem UE bei der Decodierung der PDSCH-Informationen zu helfen, und muss nicht zwingend mit übertragen werden.
Da jetzt einige in 5G NR genutzten Channels und Signale bekannt sind, kommen wir nun zum Kern des Artikels. Was genau verbirgt sich hinter DSS und welche Vor- und Nachteile bringt es mit sich?
Dynamic Spectrum Sharing
Hinter DSS verbirgt sich die Technologie namens Dynamic Spectrum Sharing, welche es ermöglicht, 4G (LTE) und 5G NR im selben Frequenzbereich dynamisch zu nutzen. Dadurch bietet es den Mobilfunkbetreibern einen sehr nützlichen Migrationspfad von LTE zu 5G NR an, da beide Mobilfunkgenerationen denselben Träger gleichzeitig verwenden können. DSS wurde bereits in Release 15 aufgenommen und in Release 16 weiter verbessert.
Einfach gesagt wird in Echtzeit entschieden, welche Ressourcen im jeweiligen Frequenzband für 4G oder 5G NR genutzt werden sollen. Wenn sich nur 4G-Endgeräte in einer Funkzelle mit aktiviertem DSS befinden, wird das gesamte Spektrum für diese verwendet. Im Gegenzug kann 4G „abgeschaltet“ werden, falls sich nur 5G-Endgeräte in der Zelle befinden. Eine Mischung, also eine Aufteilung des Spektrums, ist ebenso möglich. Abbildung 3 veranschaulicht diese dynamische Nutzung des Frequenzbereichs.
Im Detail ist es jedoch etwas komplexer. Die physikalische Schicht von 5G und 4G ist so identisch, dass DSS mit demselben Unterträgerabstand von 15 kHz möglich ist. Das DSS-Konzept basiert auf dem flexiblen Design der in 5G genutzten physikalischen Schicht. Die Idee ist es, die ungenutzten Ressourcen in den LTE-Subframes zu nutzen, um 5G-Kanäle und Signale zu übertragen. Da DSS abwärtskompatibel mit allen vorher definierten LTE-Releases ist, muss sichergestellt werden, dass keine Kollisionen zwischen den in LTE fest definierten Kanälen und den zu sendenden 5G-Kanälen auftreten. Ein Beispiel dieser fest definierten Kanäle in LTE liefern die für die Synchronisierung verwendeten Cell Reference Signals (CRS). Im Vergleich zu 5G sind diese Referenzsignale sowie die dazugehörigen Kontroll- und Datenkanäle sehr flexibel. Dadurch ist eine dynamische Konfiguration der einzelnen Ressource Elements möglich, die das Risiko von Kollisionen zwischen den beiden Technologien minimieren. Die Funktionalitäten der LTE-Endgeräte bleiben dabei unberührt, sodass nur die 5G-Endgeräte Kenntnis von der dynamischen Aufteilung erhalten müssen. Daher ist es notwendig, das flexible Design der physikalischen Schicht von 5G an das von LTE anzupassen.
Um dies zu realisieren, kann DSS in drei unterschiedlichen Varianten implementiert werden. Jede Implementation kann einzeln oder mit den anderen zusammen genutzt werden. Im Folgenden werden die in der Praxis am häufigsten verwendeten Implementierungen im Detail sowie deren Zusammenspiel erläutert:
- 1. Implementation: Basierend auf MBSFN-Subframes
Für die erste Implementierung werden die sogenannten Multi-Broadcast-Single- Frequency-Network-(MBSFN-)Subframes verwendet, die in LTE den Punkt-zu-Multipunkt-Datenübertragungen dienen. Die allgemeine Idee von MBSFNs ist, dass bestimmte Subframes innerhalb eines LTE-Frames die letzten 12 OFDM-Symbole reservieren, um frei von anderen Kanalübertragungen zu sein. Jene Symbole waren ursprünglich für Broadcast-Dienste vorgesehen, welche jedoch für DSS angepasst worden sind. Daher können sie für die Übertragung von 5G-Kanälen und -Signalen genutzt werden.
Die von der 3GPP definierte MBSFN-Subframe-Konfiguration bestimmt, welche Frames für MBSFN-Subframes verwendet werden können. Hierbei ist zu beachten, dass dies nie die Subframes 0, 4, 5 und 9 sein können, da sie unter anderem für das Übermitteln von Synchronisationssignalen (PSS & SSS) genutzt werden.
Abbildung 4 zeigt den Aufbau der LTE- und 5G-Frames, welche einen MBSFN-Subframe für das Übertragen von Daten gebrauchen. Die ersten beiden OFDM-Symbole stellen die Non-MBSFN-Region dar, die für die wichtigen LTE-Kanäle verwendet wird. Diese beinhalten hier in dem Beispiel die CRS-Signale für 4 Antennen-Ports sowie weitere in LTE verwendete Kontrollkanäle. Die restlichen 12 OFDM-Symbole werden für die Übertragung des 5G-Kontrollkanals (PDCCH), die Datenübertragung (PDSCH) und die dazugehörigen Demodulationssignale (PDSCH DMRS) genutzt.
Der Einsatz von MBSFN-Subframes ist für LTE-Endgeräte, die den Release 9 aufwärts unterstützen, völlig transparent, da solche Endgeräte bereits wissen, dass die Subframes für andere Zwecke verwendet werden. Daher kann diese Implementierung auch als einfachste Art von DSS angesehen werden. Ein entscheidender Nachteil ist jedoch, dass ebendiese Subframes die Ressourcen für die LTE-Datenübertagung blockieren und dadurch die nutzbare Datenrate für die LTE-Nutzer sinkt. Aufgrund dessen wird auf diese Option häufig nur für die Synchronisation (SSBs) von Endgeräten mit einer 5G-Mobilfunkzelle zugegriffen. - 2. Implementierung: Basierend auf Non-MBSFN-Subframes
Die zweite Implementierung von DSS basiert auf Non-MBSFN-Subframes, welche das sogenannte Rate-Matching-Verfahren nutzen, um 5G-Kanäle und -Signale zu übertragen. Hier ist die Herausforderung, dass LTE-Subframes nicht komplett leer sind, obwohl keine Daten (LTE PDSCH) übertragen werden. Um eine Kollision mit den in LTE genutzten CRS-Kanälen zu vermeiden, werden diese bereits reserviert, sodass 5G-Endgeräte sie zum einen berechnen und zum anderen die Kanäle für die Datenübertragung (PDSCH & PDSCH DMRS) um die reservierten Ressourcen herum anpassen können.
Abbildung 5 zeigt, wie ein Non-MBSFN-Subframe mit Rate Matching aufgebaut ist. Die in Lila markierten OFDM-Symbole benutzen dabei das Rate-Machting-Verfahren, um eine Kollision mit den für CRS belegten Kanälen zu vermeiden. In diesem Beispiel werden wieder 4 Antennen-Ports für die CRS-Signale genutzt. Werden weniger Antennen in Anspruch genommen, erhöht sich die Anzahl der von 5G genutzten PDSCH-Kanäle.Wie Ihnen vielleicht aufgefallen ist, mussten die für PDSCH DMRS genutzten Kanäle auf das 12te OFDM-Symbol verschoben werden, um eine Kollision mit den CRS-Kanälen zu vermeiden. Dieser DMRS-„Shift“ ist durch den flexiblen physikalischen Aufbau von 5G möglich, den DSS sich hier zunutze macht. Im 5G-Standard (Rel. 15) ist die zusätzliche DMRS-Positionsänderung als eine Endgeräte-Fähigkeit beschrieben, die der Mobilfunkzelle mitteilt, dass die DSS-Option unterstützt wird. Neben der Endgeräte-Unterstützung wird die DSS-Option nur in 5G-Zellen im Frequency Range 1 (FR1) und mit einem Unterkanalabstand (SCS) von 15 kHz angeboten.
- Ein Nachteil dieser Implementation ist, dass sie nicht für eine 5G-Zellsynchronisation (SSB) verwendet werden kann, da maximal 3 OFDM-Symbole (bei 2 Antennen-Ports) frei sein können und für einen SS-Block 4 Symbole benötigt werden. Deshalb werden die Non-MBSF-Subframes am häufigsten für die 5G-Datenübertragung verwendet.
5G-Providerstrategie
Kommen wir nun zu der derzeitigen Strategie der Provider bezüglich des 5G-Ausbaus in Deutschland. Bereits Ende April 2020 haben sowohl die Telekom als auch Vodafone angekündigt, die DSS-Technologie einzusetzen, um den 5G-Ausbau zu beschleunigen. Damit dieses Ziel erzielt werden kann, benutzen beide Provider Frequenzbereiche, mit denen eine höhere Reichweite erreicht werden kann, und nutzen die bereits bestehenden Antennen und Sender-Standorte, um mit DSS 4G und 5G gleichzeitig auszustrahlen. Da die Provider derzeit 5G nur in der Non-Standalone-(NSA-)Variante betreiben, wird immer eine 4G-Zelle für die Control Plane benötigt. Dadurch profitiert auch die 4G-Verfügbarkeit von dem 5G-Ausbau. Hierzulande sind freie Frequenzen knappe Güter und die deutsche Regierung lässt sich auf Versteigerungen für Frequenzen hohe Lizenzgebühren bezahlen. Also woher kommt nun der freie Frequenzbereich für DSS?
Die Antwort ist, dass die Provider sich entschieden haben, 3G (UMTS) abzuschalten und die dadurch frei gewordenen Frequenzen für 4G und 5G zu nutzen. Einer der Gründe für diese Entscheidung liegt darin, den gewünschten schnellen Ausbau von 5G zu ermöglichen. Ein weiterer Grund sind die hohen Anforderungen bezüglich der Mobilfunkgeschwindigkeit der Bundesnetzagentur, die definieren, dass bis Ende 2022 100 Mbit/s für 98 % der bundesweiten Haushalte zur Verfügung stehen sollen. Daher wird 3G, welches vor knapp 20 Jahren den Start des mobilen Internets eingeläutet hat, dieses Jahr endgültig abgeschaltet. Für Telekom und Vodafone ist der Stichtag der 30.06.2021. Telefonica (O2) hingegen lässt sich hierfür bis Ende 2021 Zeit.
Tabelle 1 zeigt eine Übersicht über jene Frequenzen, die zukünftig für 5G eine wichtige Rolle spielen werden. Die Telekom wird im Frequenzbereich um 2,1 GHz, auch als Band n1 (Mid-Band) bekannt, DSS für die Ausbreitung von 5G einsetzen. Bis zum Stichtag stehen bereits 15 MHz für DSS zur Verfügung. Die anderen 5 MHz werden wie gewohnt für 3G genutzt. Nach dem Stichtag erhöht sich dann die verfügbare Bandbreite, die für die Bereitstellung von 4G und 5G mit DSS verwendet wird, auf insgesamt 20 MHz [3]. Vodafone hingegen setzt die DSS-Technologie in den Frequenzbereichen um 1,8 GHz ein, auch als Band n3 (Mid-Band) bekannt, und um 700 MHz, bekannt als Band n28 (Low-Band). Telekom und Vodafone nutzen das Band n1 & n3, um den 5G-Ausbau in der Fläche voranzutreiben, da durch diese Frequenz das Mobilfunksignal bis zu 3 km ausgestrahlt werden kann. Vodafone nutzt zusätzlich das Low-Band, um 5G in ländlichen Gebieten anbieten zu können. Hier reicht das Signal der Mobilfunkzelle bis zu 8 km und soll auch als DSL-Ersatz dienen [4]. Das wichtigste Frequenzband für den 5G-Ausbau ist jedoch der Frequenzbereich um 3,6 GHz, auch als Band n78 (High-Band) bekannt. Auf diesem Frequenzbereich können sehr hohe Datenraten erreicht werden, die jedoch eine geringe Reichweite haben (ca. 800 m). Hier sind die eigentlichen Vorteile von 5G erreichbar. Jedoch wird dieses Frequenzband wegen der geringen Reichweite voraussichtlich nur in dicht besiedelten Städten beansprucht werden.
Der aktuelle Ausbaustand von 5G in Deutschland ist von Provider zu Provider unterschiedlich. Telekom führt derzeit den Ausbau an und bietet 5G seit Dezember 2020 bereits ca. 55 Millionen Menschen an. Dies entspricht knapp 66 % der deutschen Bevölkerung. Auf dem zweiten Platz steht die Firma Vodafone, die seit Dezember 2020 ca. 16 Millionen Menschen mit 5G versorgen kann. Vodafones CEO Hannes Ametsreiter teilte in einer Pressemitteilung am 18. Dezember 2020 mit, dass ein Netz nie schneller gewachsen sei als das aktuelle 5G-Netz. „Wir erreichen nun bereits 16 Millionen Menschen mit 5G. Alle 20 Minuten aktivieren wir eine 5G-Antenne“ [4]. Wenn man dies mit dem Ausbau von 4G vergleicht, ist das schon eine sehr starke Leistung. Knapp dahinter auf dem dritten Platz liegt Telefonica (O2), die derzeit für ca. 13 Millionen Menschen 5G zur Verfügung stellen kann. Hier ist zu beachten, dass Telefonica mit dem Ausbau erst im Oktober 2020 begonnen hat [5]. 1&1 Drillisch, der vierte Player im Bunde, hat hingegen noch keine konkreten Pläne für den Aufbau eines eigenen 5G-Netzes und bietet derzeit 5G-Verträge über Telefonica an. Für das Unternehmen 1&1 ist es jedoch eine schwierige Situation, da es klargestellt hat, dass es ohne nationales Roaming kein eigenes Mobilfunknetz aufbauen wird. Ein Abkommen mit einem anderen Provider ist noch nicht in Sicht. Es wirkt eher so, als würden sich die Provider gegenseitig wegen unfairen Verhandlungen beschweren. Daher bleibt abzuwarten, ob es langfristig wieder einen vierten eigenständigen Provider geben wird.
„Fake 5G“
Wie so häufig gibt es auch bei den ganzen positiven Eigenschaften von DSS eine Kehrseite. Einer der entscheidendsten Nachteile ist, dass in Downlink-Richtung die Netzkapazität und der erreichbare Spitzendurchsatz aufgrund von DSS sinken. Dies ist mit dem erhöhten Overhead durch die verschiedenen Steuer- und Referenzkanäle von 4G- sowie 5G-Systemen zu begründen. Diese Kanäle sind für Koordinierungs- und Steuerungszwecke zwingend erforderlich und belegen daher Teile des Spektrums, die ansonsten für eine Datenübertragung genutzt werden könnten. Die genaue Reduzierung der Kapazität variiert je nach DSS-Implementierung und Zellkonfiguration.
Um dies etwas anschaulicher darzustellen, möchte ich auf einen Test von Keysight Technologies eingehen [6]. Hier wurde der Durchsatz einer Zelle einmal mit und einmal ohne DSS gemessen, um anschließend den genauen Overhead zu ermitteln. Es wurde eine Zelle aufgebaut, die über eine Bandbreite von 20 MHz verfügt, als Modulationsverfahren 256 Quadraturamplitudenmodulation (QAM) nutzt und 2×2 Multiple-Input Multiple-Output (MIMO) unterstützt. Ohne DSS erreicht die Zelle eine maximale Downloadrate von 195 Mbit/s für LTE und 226 Mbit/s für 5G. Bei aktiviertem DSS konnte eine maximale Downloadrate von 160 Mbit/s für LTE und 5G gemessen werden. Gemäß der folgenden Berechnung entspricht dies einem Overhead von 21 % im Vergleich zu der Verwendung von LTE ohne DSS und 41 % im Vergleich zu 5G ohne DSS:
Neben der geringeren Kapazität kann auch die gelobte niedrige Latenzzeit von wenigen Millisekunden mit der Nutzung von DSS nicht erreicht werden. Vielmehr liegt die momentan erreichbare Latenzzeit über 10 Millisekunden, welche der von LTE ähnelt. Das ist jedoch auch mit der aktuell genutzten NSA-Variante zu begründen, da LTE für die Control Plane genutzt wird. Aus diesem Grund kann man den derzeitigen 5G-Ausbau auch als „Schummel“- bzw. „Fake“-Aufbau bezeichnen. Wenn das 5G-Symbol auf Ihrem Handydisplay erscheint, bedeutet das nicht direkt, dass Sie eine superschnelle Datenverbindung aufbauen können.
Resümee
Im großen Ganzen ist DSS eine leistungsstarke und flexible Funktion, die von der 3GPP entwickelt wurde, um die Bereitstellung von 5G in den niedrigen Frequenzbändern (Sub-6 GHz Frequenzen) zu ermöglichen. Praktisch kann dadurch jedes Band, das heute für 4G genutzt wird, auch gleichzeitig für 5G genutzt werden. Dies gewährleistet eine reibungslose Koexistenz mit LTE und ermöglicht den schnellen Ausbau von 5G, ohne dass neue Antennenstandorte definiert und aufgebaut werden müssen. Ein weiterer Vorteil ist, dass durch DSS bereits heute schon die Nutzer von deutlich verbesserten 4G- und 5G-Verfügbarkeiten und die Provider von einem kostengünstigen Netzausbau sowie einer effizienteren Frequenzauslastung profitieren. Im ländlichen Bereich kann 5G zukünftig auch als DSL-Ersatz zur Verfügung gestellt werden.
Konkret bedeutet dies jedoch, dass der Endverbraucher vorerst eine deutlich geringere Datenrate und eine höhere Latenzzeit zur Verfügung gestellt bekommt als zuvor von 5G-Netzen versprochen worden ist. Ein echtes High-Speed-5G-Netz wird es erst geben, wenn die dafür benötigte Architektur – Stichpunkt Standalone (SA) – aufgebaut und höhere Frequenzen um 3,6 GHz oder sogar im mmWave-Bereich genutzt werden. Durch DSS rückt dieser Aufbau wahrscheinlich etwas nach hinten und ist vor allem den größeren Metropolen mit vielen Nutzern vorbehalten.
Verweise
[1] Dr. Wetzlar, J. (13. Januar 2020). ComConsult – Netzwerk Insider. Von https://www.comconsult.com/5g-netze-sind-anders-als-wlan/ abgerufen
[2] 3GPP. (01. Oktober 2019). Release description; Release 15. Von Specification #: 21.915: https://portal.3gpp.org/desktopmodules/Specifications/SpecificationDetails.aspx?specificationId=3389 abgerufen
[3] Telekom. (Januar 2021). Intelligentes 5G-Netz: Wie funktioniert Dynamic Spectrum Sharing? Von https://www.telekom.com/de/konzern/details/intelligentes-5g-netz-wie-funktioniert-dynamic-spectrum-sharing-611102 abgerufen
[4] Vodafone. (18. Dezember 2020). Noch mehr 5G, noch schneller: Vodafone übertrifft erhöhtes Netzausbau-Ziel frühzeitig. Von https://www.vodafone.de/featured/inside-vodafone/noch-mehr-5g-noch-schneller-vodafone-uebertrifft-erhoehtes-netzausbau-ziel-fruehzeitig/#/ abgerufen
[5] Telefonica. (18. November 2020). Aus 3G wird 4G bis Ende 2021: Telefonica Deutschland / O2 beschleunigt Netzausbau an 18.000 Standorten. Von https://www.telefonica.de/news/corporate/2020/11/aus-3g-wird-4g-bis-ende-2021-telefonica-deutschland-o2-beschleunigt-netzausbau-an-18-000-standorten.html abgerufen
[6] Cavazos, J. (30. September 2020). How to Maximize Spectrum Efficiency with DSS. Von https://blogs.keysight.com/blogs/inds.entry.html/2020/09/30/how_to_measure_dsso-g3US.html abgerufen
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