Der Vorteil dieses Konzepts besteht darin, dass ich mir keine Gedanken über die Netzwerkstruktur und Kommunikationsbeziehungen zu machen brauche. Ein Internetzugang reicht aus. Das hat nebenbei den Vorteil, dass ich Sensoren und Aktoren auch außerhalb meiner Infrastruktur betreiben kann. Beispiel: Sie möchten die Umzäunung Ihres Campus absichern und bringen zu diesem Zweck Sensoren an, die ungewöhnliche Bewegungen registrieren. Wie möchten Sie die Sensoren anbinden? WLAN Access Points entlang des Zauns? Oder besser gleich Glasfasern verbuddeln? Viel praktischer wäre es, wenn die Sensoren eine Funktechnik nutzten, die sowieso schon in der Fläche vorhanden ist. Im Grunde kann es Ihnen doch egal sein, wer diese Funktechniken betreibt. Hauptsache, der Sensor kann irgendwie mit der IoT Cloud im Internet kommunizieren. Sowohl aus dem Inneren von Gebäuden einschließlich Keller (z.B. der intelligente Stromzähler) als auch irgendwo im Freien, wo es kaum Mobilfunkabdeckung gibt (denken Sie z.B. an Anwendungen in der Landwirtschaft).
Und damit sind wir gleich bei der zweiten Anforderung: Stromverbrauch. WLAN und auch Mobilfunk sind darauf getrimmt, möglichst hohe Bitraten möglichst effizient zum mobilen Endgerät zu bringen. Der Stromverbrauch ist im Grunde egal. Wir haben uns daran gewöhnt, das Smartphone allabendlich ans Lagegerät zu hängen. Früher hielt mein nicht so smartes Mobiltelephon eine ganze Woche durch. Batteriebetriebene Sensoren sollen nach Möglichkeit sogar ein oder gar mehrere Jahre durchhalten. Ein Batteriewechsel ist meist gar nicht vorgesehen; alles ist hermetisch versiegelt und vergossen. Letztlich brauchen auf dem Sensor auch keine YouTube Videos zu laufen, es sind nur wenige Bytes pro Nachricht zu übertragen. Ein wesentliches Merkmal von Funktechniken für das IoT ist also deren geringe Bitrate. Und das hat einen geringen Bandbreitenbedarf zur Folge. Geringe Bandbreite aber macht Empfangstechnik empfindlicher, und das ist genau der Effekt, auf den es ankommt.
Schauen wir uns also zunächst einige Funktechniken an, die im Inneren von Gebäuden zum Einsatz kommen. Solche Systeme werden Sie also im Allgemeinen selber installieren; sie sind möglicherweise Teil der Gebäude-Infrastruktur. Danach stelle ich Funksysteme für den öffentlichen Raum vor, die entweder schon vorhanden oder in Planung sind. Solche Systeme können Sie gegen einen gewissen Obolus nutzen.
Bluetooth
Eigentlich ein alter Hut, kommt Bluetooth tatsächlich eine wachsende Bedeutung in der Welt der „Dinge“ zu. Einer meiner Kunden denkt darüber nach, WLAN aus dem 2,4-GHz-Band vollständig zu verbannen, damit die zahlreichen Bluetooth-Endgeräte nicht gestört werden. Und damit sind wir gleich beim größten Nachteil von Bluetooth: Es arbeitet im 2,4-GHz-Band und teilt sich das mit WLAN und vielen anderen lizenzfreien Funkdiensten, nicht zuletzt auch mit Ihrem Mikrowellenherd.
Über die technischen Details von Bluetooth brauche ich nicht viele Worte zu verlieren. Das hat bereits Herr Dr. Dams im Netzwerk-Insider vom Juni 2018 gemacht. Dort finden Sie einen Abriss über die Entwicklungsgeschichte von Bluetooth und zahlreiche technische Einblicke. Ich beschränke mich auf die Frage der Koexistenz zum WLAN. Bekanntlich können auch Bluetooth Devices mit Sendeleistungen von bis zu 100 Milliwatt operieren, wie WLAN. Allerdings sehen wir das bei den typischen Consumer Devices, also z.B. Headsets, nicht. Immer wo es auf geringen Stromverbrauch ankommt, wird Bluetooth der Klasse 2 (bis 2,5 mW) oder Klasse 3 (bis 1 mW) eingesetzt. Geräte der Klasse 1 (bis 100 mW) finden sich eher in industriellen Anwendungen, wie beispielsweise in der Logistik.
Interessanterweise hat man bereits vor 15 Jahren in der Bluetooth-Spezifikation 1.2 ein Verfahren beschrieben, das die Interoperabilität von Bluetooth mit anderen Funktechniken, insbesondere WLAN verbessert. Kern des als Adaptive Frequency Hopping (AFH) bezeichneten Verfahrens ist das Ausblenden gestörter Kanäle durch den Bluetooth-Sender. Voraussetzung dafür ist, dass der Kanal zuvor vom Empfänger als gestört identifiziert und markiert wurde.
Das Verfahren funktioniert unserer Erfahrung nach mit brauchbarer Qualität. Leider ist es nicht wirksam, solange die Geräte noch nicht verbunden sind. Dann nämlich starten sie einen Such-Modus (Inquiry bzw. Paging). Dabei werden 32 Frequenzen belegt, die über das ganze 2,4-GHz-Band verteilt sind. Ein solches Spektrum zeigt Abbildung 1. Wenn Sie Pech haben, wird dieses Muster so lange ausgesandt, bis ein Partner gefunden wurde oder die Batterie erschöpft ist. WLAN kann dadurch flächendeckend gestört werden, wie einer unserer Kunden schmerzlich erfahren musste. Hier erkennen Sie, dass man verschiedene Funkdienste im selben Haus irgendwie miteinander koordinieren muss. Auch auf diese Frage ist Herr Dr. Dams mit seinem Vorschlag eines Frequenz-Katasters schon eingegangen.
Bluetooth Low Energy
Bluetooth Low Energy (BLE) ist nicht gleich Bluetooth. Eigentlich handelt es sich dabei um eine alternative Technik, die ursprünglich parallel zu Bluetooth von Nokia entwickelt worden war. Daher ist BLE inkompatibel zu Bluetooth Devices der bereits bestehenden Spezifikationen. Dennoch ähneln sich die Konzepte. Ähnliche Anforderungen führen eben immer wieder auch zu ähnlichen Lösungen (oder die Entwickler haben voneinander abgeguckt).
Auch bei BLE erfolgt also die Übertragung der Datenpakete in Verbindung mit einem Frequenzsprungverfahren. Allerdings werden bei BLE nur insgesamt 40 Frequenzen im Abstand von je 2 MHz verwendet. Drei dieser Frequenzen (Primary Advertising Channels auf 2402, 2426 und 2480 MHz) dienen ausschließlich der Suche anderer Geräte im Rahmen des Verbindungsaufbaus (entsprechend dem Inquiry) oder für die regelmäßige Aussendung von Beacons, z.B. zum Zwecke der Ortung. Solche regelmäßigen Aussendungen erfolgen ca. einmal pro Sekunde und sind kürzer als 400 µs, so dass nur wenig Energie verbraucht wird.
Abbildung 1: Spektrum eines Bluetooth Inquiry
Die verbleibenden 37 Frequenzen werden für die Signalisierung beim Verbindungsaufbau (entsprechend dem Paging) und für die Datenübertragung verwendet. Dabei wird der Kanal grundsätzlich nach Ende eines Pakets gewechselt und nicht in einem festen Zeitraster wie bei Bluetooth. Ein AFH vergleichbar zu Bluetooth 1.2 wird dennoch unterstützt, indem belegte Kanäle ausgeblendet werden.
Es wird eine einfache binäre Frequenzmodulation (GFSK) mit 1 Mbit/s eingesetzt, die sich einfach technisch realisieren lässt. Denkbar ist auch eine Übertragung mit 2 Mbit/s.
BLE wurde – wie der Name impliziert – mit dem Ziel entwickelt, energiesparend zu arbeiten. Davon profitieren insbesondere kleine Devices mit entsprechend begrenzter Batteriekapazität. Typische Vertreter dieser Spezies sind die so genannten Wearables, also z.B. Smart Watches oder Smart Glasses (z.B. Google Glass). Eine weitere Spezies dieser Art sind so genannte Beacons, die nichts Anderes machen, als regelmäßige Lebenszeichen zu senden, die z.B. von Smartphones empfangen werden. Besitzt das Smartphone eine zum Beacon passende App, kann diese irgendwelche Aktionen ausführen, sobald Sie sich in Empfangsreichweite des Beacons befinden. Eine typische Anwendung dafür ist ein Leitsystem für Besucher auf einer Messe. Der Messkatalog wird Ihnen als App zum Download bereitgestellt. Und mit Hilfe der auf dem ganzen Messgelände verteilten Beacons erfährt die App, wo Sie gerade herumlaufen.
Diese Beacons sind winzig klein. Ich habe mal eines photographiert und auch geöffnet, damit Sie sich eine Vorstellung davon machen können, wie winzig Funktechnik heute sein kann. Die Batterie ist daran das bei weitem größte Bauelement! Dieses Beacon sendet übrigens auf jedem der drei Kanäle jede Sekunde ein Datenpaket von ca. 400 Mikrosekunden Dauer, entsprechend also ca. 50 Bytes. Damit lässt sich ein WLAN oder sonstige Funkdienste nicht wirklich stören. Die entsprechenden Screenshots von meinem Spektrum Analyzer erspare ich Ihnen dieses Mal.
Übrigens ist die Kommunikation bei BLE meist nicht besonders gut abgesichert. Erst kürzlich wurde mit „BtleJack“ [2] eine Software Suite vorgestellt, die zahlreiche Werkzeuge zum Hacken von BLE-Kommunikation enthält. Sie läuft auf einem preiswerten Mini-Rechner, der ein BLE-Radio enthält. Er lässt sich über eine USB-Schnittstelle steuern. BtleJack ermöglicht das Aufzeichnen der Kommunikation im Wireshark-Format. Es ermöglicht das Stören der Kommunikation und sogar das Übernehmen bestehender Verbindungen. BtleJack funktioniert erwartungsgemäß nicht, wenn Secure Connections aktiv ist. Allerdings erwarte ich nicht, dass dieses Feature so bald flächendeckend bei IoT Devices zu finden sein wird; Einfachheit schlägt eben Sicherheit (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: Beacon auf einer Streichholzschachtel (links) und geöffnet (rechts)
Zigbee
Woher dieser Name stammt, habe ich nie aus erster Hand erfahren können. Angeblich bezieht sich der Begriff auf die Tanzsprache der Honigbienen, die dem Informationsaustausch innerhalb des Schwarms dient. Dabei vollführen die Bienen unter anderem einen Flug in Zick-Zack-Linie. Vielleicht ist es diese Schwarm-Kommunikation, auf die der Name hinweisen möchte. An andere Stelle wurde behauptet, der Zigbee Chip sei mit 5x5mm so klein, dass er zwar nicht ganz auf den Rücken einer Biene passte, in jedem Fall aber so wenig Strom verbrauchte, dass die Batterie die Lebensdauer einer Biene überträfe.
Wie dem auch sei, der geringe Stromverbrauch ist in jedem Fall ein Anliegen von Zigbee. Es handelt sich also um einen Industriestandard für drahtlose Sensor- und Steuernetze, im Prinzip eine Funktechnik vergleichbar zu Bluetooth Low Energy. ZigBee wurde von dem im Jahr 2002 gegründeten Herstellerkonsortium ZigBee Alliance spezifiziert. Es baut auf die physikalische Übertragung und den Kanalzugriff des Standards IEEE 802.15.4 auf. Aus diesem Standard bedient sich die ZigBee Alliance einfacher zwei- und vierwertiger Modulationsverfahren, die zuvor mit einer schnelleren Bitfolge überlagert werden, was die Bandbreite des Signals erhöht und gleichzeitig die Anfälligkeit für Störungen vermindert. Dieses Verfahren wird als Direct-Sequence-Spread-Spectrum-Verfahren (DSSS) bezeichnet und ist Ihnen wahrscheinlich noch vom alten 11-Mbit-WLAN bekannt. Ich gehe später (bei LoRaWAN) noch einmal darauf ein.
ZigBee kann – wie WLAN und Bluetooth – im 2,4-GHz-Band eingesetzt werden. Darüber hinaus stehen Kanäle in den Bändern bei 868 MHz (Europa) und 915 MHz (USA) zur Verfügung. Die Tabelle in Abbildung 3 gibt eine Übersicht der von ZigBee unterstützten Kanäle und Bitraten.
Geringer Stromverbrauch erfordert einerseits geringe Bitraten. Andererseits muss man dafür die Sendeleistung begrenzen. ZigBee Devices habe dementsprechend Sendeleistungen zwischen 0,5 mW und 10 mW, wahrscheinlich wird meist 1 mW genutzt. Die zu erwartende Reichweite liegt bei ca. 10 Metern innerhalb von Gebäuden.
Abbildung 3: ZigBee-Kanalschema
Und in der Tat ist der Einsatz in der Gebäude-Automation weitverbreitet. Zahlreiche Produkte existieren inzwischen für den Bereich der Heimautomation, wie beispielsweise fernsteuerbare Leuchtmittel, dazu passende Lichtschalter und die entsprechende Steuerungszentrale, mit der sich das alles verselbständigen lässt. Zigbee ist aber auch im Bereich der industriellen Fertigung und nicht zuletzt im Einzelhandel auf dem Vormarsch. So werden Sie in manchen Geschäften neuartige elektronische Preisschilder (Electronic Shelf Labels, ESL) an den Regalen vorfinden, die von Ferne eingestellt werden. Da man dank BLE Beacons (siehe oben) und entsprechender App auf Ihrem Smartphone weiß, vor welchem Regal Sie gerade stehen, können Ihnen die ESLs individuell auf Sie zugeschnittene Preise anzeigen – schöne neue Welt. Viele dieser ESLs basieren auf ZigBee.
ZigBee bildet je nach vorhandenen Geräten unterschiedliche Netztopologien aus, wie in Abbildung 4 skizziert ist. Zu diesem Zweck definiert die Spezifikation drei verschiedene Rollen. In jedem ZigBee-Netz gibt es genau einen Coordinator. Komponenten, die über eine sichere Stromversorgung verfügen, wie beispielsweise Leuchtmittel, können als Router fungieren. Und dann gibt es noch End Devices, oftmals Geräte mit begrenzter Batteriekapazität, wie z.B. ein kabelloser Raumthermostat. Letztlich organisiert sich das Netz auf Basis der genannten Funktionen selbst – wie der Bienenschwarm.
Abbildung 4: Netztopologien bei ZigBee (Bildquelle: [1])
Sofern Sie ZigBee im 2,4-GHz-Band betreiben möchten, besteht die Gefahr, dass es WLAN stört. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass WLAN ZigBee stört, weil WLAN um den Faktor 10 bis 100 höhere Strahlungsleistungen als ZigBee verwendet. Bild 16 zeigt die von ZigBee unterstützen Kanäle im Vergleich zu den typisch eingesetzten drei WLAN-Kanälen 1, 6 und 11. Man erkennt, dass lediglich die ZigBee-Kanäle 15, 20, 25 und 26 nicht von WLAN beeinflusst werden.
Z-Wave
Auch Z-Wave ist ein Funkstandard, der primär für die Gebäudeautomatisierung entwickelt wurde. Er ähnelt in vielen Details ZigBee, unter anderem ist er ähnlich alt. Die Technik wurde von der Firma Zensys (mittlerweile von Sigma Designs übernommen) entwickelt. Z-Wave nutzt eine Frequenz im Bereich 868 MHz (bzw. 915 MHz in USA). Die typischen Reichweiten innerhalb von Gebäuden liegen ebenfalls bei bis zu ca. 10 Metern. Geringer Stromverbrauch war auch hier ein wesentliches Design-Ziel.
Auch die Netztopologie ähnelt stark der von ZigBee. Es gibt eine zentrale Komponente sowie Router und sonstige Endgeräte. Auf dieser Basis bildet sich ein vermaschtes Multi-Hop-Netz aus, über das die Nachrichten von Endgerät zu Endgerät ggf. über unterschiedliche Routen weitergereicht werden, bis die Zielstation, z. B. die zentrale Steuerungs-Komponente, erreicht wird.
Die Applikationsschicht dieses Übertragungsverfahrens ist gut dokumentiert und mittlerweile öffentlich unter [3] zu finden. Allerdings ist die zugrundeliegende Hardware und die Implementierung für Layer 1 bis 3 von Z-Wave proprietär und für Nutzer oder Anwendungsentwickler nicht direkt einsehbar. Die notwendigen Hardware-Designs für die Funk-Hardware sind ausschließlich für Lizenznehmer der Firma Sigma-Designs verfügbar.
Im Jahr 2013 wurde eine neue Version namens Z-Wave Plus vorgestellt. Die neuere Version ist vollständig abwärtskompatibel zum ursprünglichen Z-Wave-Standard. Sie führt jedoch neue Funktionen ein wie beispielsweise die Möglichkeit, die Komponenten-Firmware über die Z-Wave-Schnittstelle zu aktualisieren. Darüber hinaus existiert seit April 2017 eine Zertifizierung für einen erweiterten Sicherheitsumfang.
Beide, sowohl ZigBee als auch Z-Wave sprechen von ihrer Technik als von einem „Standard“. und in der Tat gibt es zahlreiche Hersteller, die eine dieser Techniken oder beide unterstützen. Die ZigBee Alliance hat ein Zertifizierungsverfahren für Produkte und veröffentlicht solche Produkte auf ihrer Website unter [4]. Derzeit sind es immerhin fast 2000. Dazu kommen noch einmal gut 400 Produkte, die zwar nicht zertifiziert aber dennoch kompatibel sind. Z-Wave betreibt einen eigenen Web Shop [5], in dem man entsprechende Produkte verschiedener Hersteller bestellen kann. Derzeit sind gut 100 Produkte im Angebot.
Abbildung 5: ZigBee- und WLAN-Kanäle im 2,4-GHz-Band (Bildquelle: [1])
Daneben gibt es natürlich Hersteller, die eigene Funktechniken entwickelt haben, die zu nichts anderem kompatibel sind. So etwas habe ich beispielsweise bei elektronischen Preisschildern (ESL, siehe oben) gefunden. Es wird eine proprietäre Technik mit 2 MHz breiten Kanälen im 2,4-GHz-Band eingesetzt. Sieht irgendwie nach ZigBee aus, ist es aber nicht. Immerhin integriert der Hersteller die Technik in seine WLAN Access Points und sorgt dafür, dass sich die Kanäle nicht überschneiden. Wie immer ist also – und das gilt gerade für diesen aufstrebenden Bereich der Nahfunktechnik –abzuwägen, ob man lieber Standard-konform sein oder stattdessen spezielle Features haben möchte.
Eine proprietäre Technik aus diesem Bereich möchte ich Ihnen vorstellen, weil sie ein außergewöhnliches Feature kultiviert. Es handelt sich um
EnOcean.
Dieser Hersteller setzt auf „Energy Harvesting“. Die Energie zum Betrieb der Funkmodule wird dabei aus der Umgebung „geerntet“. Bei einem Lichtschalter ist das einfach. Wenn Sie darauf drücken, reicht die Energie Ihres Fingers aus, ein wenig Strom fließen zu lassen. Das geht meist über Induktion. Im Schalter steckt also ein kleiner Permanentmagnet, den Sie ohne es zu merken an einer Spule vorbeibewegen. Abbildung 6 zeigt einen solchen Energiewandler. Bei Sensoren, die nicht bewegt werden, kann man es mit Solar-Energie versuchen. Schließlich funktionieren zahlreiche Armbanduhren und Taschenrechner erfolgreich nach diesem Prinzip. Trickreicher ist es, ein Peltier-Element herzunehmen. Diese Elemente wandeln Temperatur-Differenzen in elektrische Energie um. Das funktioniert auch im Dunkeln. Solche Module bietet EnOcean tatsächlich an. Aus nur 7 Grad Temperaturdifferenz schöpft dieses Modul immerhin 100 Mikrowatt. Zum Vergleich, ein einzelner Sendeimpuls verbraucht 50 Mikrowattsekunden.
Man hat dafür ein äußerst sparsames Protokoll entwickelt, EnOcean nennt es Wireless Short-Packet Protocol (WSP). Jedes Datenpaket kann maximal 13 Byte Nutzdaten übertragen. Tatsächlich braucht der Sensor entweder nur ein oder vier Bytes zur Informationsübertragung. Bei einer Rate von 125 kbit/s dauert ein Sendeimpuls nur eine Millisekunde. In Europa wird eine Frequenz im 868-MHz-Band verwendet.
Interessanterweise wurde das Protokoll bei ISO/IEC 14543-3-10 bzw. -11 als Standard veröffentlicht. Allerdings finden sich dort nur die unteren drei OSI Layer. Der Anwendungs-spezifische Teil bleibt proprietär. Und ganz nebenbei bietet EnOcean einige seiner Produkte auch mit ZigBee- und Bluetooth-Funkmodulen an.
Abbildung 6: Bewegungs-Energiewandler (Bildquelle [6])
Über Lichtschalter und Raumthermostate von EnOcean habe ich bereits im Netzwerk Insider vom Juli 2017 berichtet, ohne den Hersteller zu benennen. Dabei ging es um Funkstörungen, von denen die Raumthermostate betroffen waren. Wir konnten zeigen, dass Smartphones mit LTE in diesem Gebäude eine Frequenz nutzten, die dem 868-MHz-Band unmittelbar benachbart war. Das hat offensichtlich die empfindlichen Empfänger der EnOcean-Technologie, die überall in den Raumdecken montiert sind, überfordert. Funkstörungen lauern also nicht nur im 2,4-GHz-WLAN-Band.
Low Power Wide Area Network
Gehen wir nun aus dem Gebäuden heraus ins Freie. Möchte man auch hier eine – möglichst flächendeckende – Abdeckung erreichen, sind offensichtlich wesentlich größere Entfernungen zu überbrücken. Da die Feldstärke quadratisch mit wachsender Entfernung abnimmt, wird man höhere Sendeleistungen einsetzen. Terrestrische UKW-Rundfunksender etwa, die einen Einzugsbereich von 10 bis 200 km haben, nutzen Leistungen im Kilowatt-Bereich. Sendeleistung ist jedoch bei batteriebetriebenen Geräten begrenzt. Also muss man die Empfänger empfindlicher machen.
Neben der Auswahl entsprechend rauscharmer Bauelemente und Schaltungstechniken ist herfür vor allem die Bandbreite des Empfängers bestimmend. Je weniger Bandbreite, desto weniger störendes Rauschen kann in den Empfänger eindringen. Leider dringt dann auch kein breitbandiges Signal mehr hindurch. In der traditionellen Funktechnik war das Morsen die Betriebsart, mit der man geringste Bandbreiten erzielen konnte. 100 Hz Empfängerbandbreite reichen aus, um Morsezeichen mit 20 Wörtern pro Minute aufnehmen zu können. Analoge Sprache benötigt demgegenüber mindestens die 20fache Bandbreite, um sie angemessen verstehen zu können. Dabei wird die 20fache Rauschleistung empfangen, was den Empfänger um eben diesen Faktor (entsprechend 13 dB) unempfindlicher werden lässt.
Im Bereich des Internet der Dinge wird zwar nicht mehr gemorst, wie sonst auch nicht mehr (um das Morsen dennoch zu „retten“, hat man es übrigens zum Weltkulturerbe erhoben). Aber es gibt natürlich auch digitale Techniken, die denselben Zweck erfüllen. Auf Basis solcher Techniken baut man so genannte Low Power Wide Area Networks (LPWANs) auf. Diese Netze werden – ähnlich den öffentlichen Mobilfunknetzen – von Providern betrieben. Ein Anwender kann seine IoT Devices über diese Netze mit dem Internet kommunizieren lassen – gegen einen angemessenen Obolus, versteht sich. Bei LPWANs hat sich (noch) keine Technik bzw. noch kein Anbieter durchgesetzt. Ich beschreibe daher in der Folge verschiedene LPWAN-Techniken.
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