GA-IT-Infrastruktur – Nachrüsten und Modernisierung der Gebäudeautomation gemäß GEG und EPBD
04.11.2024 / Dr. Andreas Kaup
aus dem Netzwerk Insider November 2024
Die gesetzlichen Anforderungen für Klimaschutz im Gebäudesektor steigen. Die zeitlichen Zielvorgaben in Deutschland und der EU werden mit ausschließlich baulichen Maßnahmen kaum umsetzbar sein. Der große Hebel der technischen Möglichkeiten muss genutzt werden. Auf EU-Ebene gibt der Green Deal Klimaneutralität bis 2050 vor. In Deutschland definiert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz für 2045 den Anspruch auf Klimaneutralität. Dabei gilt das Zwischenziel, bis 2030 die Treibhausgasemission um 55 % im Vergleich zum Verbrauch von 1990 zu reduzieren. Teilweise gilt auf Länderebene, wie auch bei vielen Unternehmen, bereits das Jahr 2030 als Zieldatum für einen klimaneutralen Gebäudebestand. Ein Ziel, das vorraussichtlich nur mit Systemen für die Gebäudeautomatisierung und -steuerung sowie ergänzenden PropTech-Lösungen [1] realisierbar sein wird.
Die Gebäudeenergiegesetz-Novelle 2024 (GEG 2024) definiert erstmalig technische und terminliche Vorgaben bezüglich des Einsatzes von Gebäudeautomationssystemen in Deutschland. Die Einführung des neuen Paragrafen hat ihren Ursprung in der EU-Gebäuderichtline (European Performance of Building Directive, EPBD). Somit muss jetzt schon darauf geschaut werden, was in der EPBD-Novelle 2024 gefordert wird, um sowohl den diesjährigen als auch den zukünftigen Vorgaben an die Gebäudeautomation gerecht zu werden.
Das übergeordnete Ziel von GEG und EPBD ist es, die Energieeffizienz von Gebäuden zu erfassen und zu verbessern, wobei dieser Artikel sich nur auf die technischen Vorgaben zur Effizienzsteigerung konzentriert. Für die Bewertung der Energieeffizienz wird auf die GA-Effizienzklassen gemäß ISO 52120, den Automationsgrad gemäß DIN V 18599 und den Intelligenzfähigkeitsindikator eingegangen.
Grundlegende Informationen vorab
Die EU-Gebäuderichtline spielt eine entscheidende Rolle im „Fit for 55“-Ziel der Europäischen Union und wird in jeder Legislaturperiode fortgeschrieben. Sobald eine Novelle das EU-Parlament passiert und anschließend Zustimmung durch den Europäischen Rat erfährt, haben die EU-Staaten 24 Monate Zeit, um die EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
Am 12. April 2024 hat der Europäische Rat der EPBD-Novelle final zugestimmt, womit die EU-Staaten nun zwei Jahre Zeit haben, die neuen Vorgaben umzusetzen.
Das jetzige Gebäudeenergiegesetz (GEG 2024) basiert noch nicht auf der zuvor erwähnten EPBD-Novelle, sondern auf der EPBD von 2018. Es wurde am 16.10.2023 beschlossen und im Bundesgesetzblatt als Nr. 280 „Gesetz zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes, zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches, zur Änderung der Verordnung über Heizkostenabrechnung, zur Änderung der Betriebskostenverordnung und zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung“ veröffentlicht. Die Änderungen des Gebäudeenergiegesetzes betreffen ebenso die Gebäudeautomation für Nichtwohngebäude und werden im § 71a – Gebäudeautomation definiert. Neue Definitionen und Anforderungen bezüglich der Gebäudeautomation sollten unbedingt auch hinsichtlich der sich daraus ergebenden Anforderungen an die Gebäude-IT beachtet werden.
GEG-Novelle 2024
Erstmals werden Systeme für die Gebäudeautomatisierung und -steuerung mit der folgenden Begriffsbestimmung eingeführt:
„Ein System, das sämtliche Produkte, Software und Engineering-Leistungen umfasst, mit denen ein energieeffizienter, wirtschaftlicher und sicherer Betrieb gebäudetechnischer Systeme durch automatische Steuerungen sowie durch die Erleichterung des manuellen Managements dieser gebäudetechnischen Systeme unterstützt werden kann.“ [§ 3 Absatz 1 Punkt 3a) ii) 29a]
Gemäß GEG 2024 § 71 a müssen Nichtwohngebäude gemäß Absatz 1 mit einer Nennleistung der Heizungsanlage oder der kombinierten Raumheizungs- und Lüftungsanlage von mehr als 290 Kilowatt bis zum 31.12.2024 mit einem Gebäudeautomatisierungs- und -steuerungssystem ausgestattet werden. Die Anforderungen an dieses System werden in den Absätzen 2 bis 4 definiert. Das Gebäudeautomatisierungssystem muss eine digitale Energieüberwachung bereitstellen, die eine kontinuierliche Überwachung, Protokollierung und Analyse der Energieverbräuche sicherstellt. Erhobene Daten müssen über gängige, frei konfigurierbare Schnittstellen zugänglich sein, um eine herstellerneutrale Auswertung zu ermöglichen. Wenn bereits eine Gebäudeautomatisierung mindestens gemäß Automationsgrad B – DIN V 18500-11: 2018-09 eingesetzt wird, muss bis zum 31.12.2024 dafür gesorgt werden, dass die Kommunikation zwischen miteinander verbundenen gebäudetechnischen Systemen auch bei unterschiedlichen herstellereigenen Technologien, Geräten und Herstellern funktioniert. Selbiges gilt ebenso für die Kommunikation mit anderen Anwendungen und Typen von gebäudetechnischen Systemen innerhalb des Gebäudes. Wichtig ist auch hier, dass das gebäudetechnische Management durch das System über mögliche Optimierungspotentiale informiert wird. Eine pauschale Definition, für welche Gebäude der Grenzwert von 290 kW Nennleistung zutrifft, kann nicht getroffen werden, da diese maßgeblich von der Gebäudedämmung und des Energiebedarfs des Gebäudes abhängt. Je nach Energieeffizienzklasse können Bürogebäude mit einer Nennleistung der genannten kombinierten Raumheizungs- und Lüftungsanlage zwischen 3000 und 12000 m² Bruttogeschossfläche haben.
Die hier geforderte Gebäudeautomation muss folgende Funktionen ermöglichen:
- kontinuierliche Überwachung, Protokollierung und Analyse der Verbräuche aller Hauptenergieträger sowie aller gebäudetechnischen Systeme
- Datenbereitstellung über gängige und frei konfigurierbare Schnittstellen, um eine Auswertung firmen- und herstellerunabhängig zu ermöglichen
- Bereitstellung von Anforderungswerten in Bezug auf die Energieeffizienz des Gebäudes
- Identifizierung von Energieverlusten bei gebäudetechnischen Systemen
- Informationsbereitstellung und Handlungsempfehlungen über Potentiale zur Steigerung der Energieeffizienz für den Betreiber
Kurz gesagt – eine Verpflichtung zur Datenerhebung und -analyse mit darauf basierenden Optimierungsmaßnahmen sowie die Abkehr von proprietären Kommunikationsprotokollen und Schnittstellen. Als führende nicht-proprietäre Kommunikationsprotokolle der Gebäudeautomation können BACnet und KNX bezeichnet werden. Dabei wird immer die Verwendung der neuesten und IT-sichersten Protokollversionen, wie BACnet Secure Connect und KNX IP-Secure, empfohlen.
EPBD 2024
Die gemäß GEG § 71a geltende Umsetzungsfrist 31.12.2024 wird bald verstreichen. Durch die Anpassung im EPBD 2024 werden zukünftig noch mehr Gebäude von dem Gesetz betroffen sein. Der oben definierte Grenzwert von 290 kW Nennleistung wird auf 70 kW nach unten angepasst (siehe Gebäudetechnische Systeme, EPBD 2024 – Artikel 13). Zusätzlich wird im EPBD für Nichtwohngebäude, welche in die zuvor genannte Klassifizierung gehören, eine präsenzgesteuerte Beleuchtungssteuerung eingefordert.
Für betroffene Gebäude wird voraussichtlich eine Umsetzungsfrist bis Ende 2029 gelten. Um ein gut konzeptioniertes und auch wirtschaftliches Nachrüsten oder Modernisieren der Gebäudeautomation zu garantieren, sollten für entsprechende Gebäude schon jetzt Strategien erdacht werden, um nicht in eine ähnliche Terminnot zu geraten, wie es durch das GEG 2024 der Fall ist.
SRI – Smart Readiness Indicator [EPBD 2024 – Artikel 15]
Bereits in der EPBD 2018 wurde ein Intelligenzfähigkeitsindikator (engl. Smart Readiness Indicator, SRI) eingeführt. Bewertet wird hiermit die Fähigkeit, den Gebäudebetrieb an den tatsächlichen Bedarf, also die Nutzung und den Nutzer, anzupassen.
Bis Juli 2026 wird die EU-Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Pilotphase des SRI vorlegen. Der Bericht soll Ergebnisse aus nationalen Testphasen und ausgewählten Projekten enthalten. Basierend auf diesem Bericht soll bis Juli 2027 ein Rechtsakt [2] zur Ergänzung der EPBD erlassen werden, in dem die Bewertung der Intelligenzfähigkeit von Nichtwohngebäuden mit einer Nennleistung von mehr als 290 kW [3] vorgeschrieben wird.
Nachfolgende Informationen zum SRI basieren auf Informationen des SRI-Supports zum „SRI technical framework“ [4] und der Durchführungsverordnung der europäischen Kommission zur Festlegung der technischen Modalitäten für die wirksame Umsetzung eines optionalen gemeinsamen Systems der Union zur Bewertung der Intelligenzfähigkeit von Gebäuden [5]. Die einführenden Informationen dieses Unterkapitels entstammen dem EPBD 2024. Gemäß bisherigem Ausführungsstand bewertet der SRI die „Smart Readiness“ von Gebäuden hinsichtlich der Fähigkeit, die folgenden drei Schlüsselfunktionen zu erfüllen:
- Optimierung der Energieeffizienz und der Gesamtleistung während der Nutzung
- Anpassung des Betriebs an die Bedürfnisse der Bewohner
- Anpassung an Signale aus dem Stromnetz (z. B. Energieflexibilität)
Hierfür wird der Automatisierungsgrad der folgenden neun technischen Gewerke beurteilt:
- Heizung
- Warmwasserbereitung
- Kühlung
- Lüftung
- Beleuchtung
- Dynamische Gebäudehülle
- Elektrizität
- Laden von Elektrofahrzeugen
- Überwachung/Steuerung
Für die Bewertung des Automatisierungsgrades werden die Antworten auf insgesamt 54 Fragen ausgewertet und gewichtet. Die Fragen leiten sich größtenteils aus der DIN EN 15232 [6] ab. Die 9 Gewerke werden wiederum in sieben Bewertungskategorien eingestuft:
- Energieeffizienz
- Wartung und Fehlervorhersage
- Komfort
- Bequemlichkeit
- Gesundheit, Wohlbefinden und Zugänglichkeit
- Information der Bewohner
- Energieflexibilität und Speicherung
Das Ergebnis der Smart-Ready-Bewertung wird zu einer Gesamt-SRI-Klasse und einer SRI-Punktzahl zusammengefasst, die ausdrückt, wie nah das Gebäude an der maximalen „Smart Readiness“ ist. Darüber hinaus werden für jede der drei Schlüsselfunktionen der Gebäudeintelligenz spezifische Punktzahlen berechnet. In Abbildung 1 wird der hier beschriebene Prozess visualisiert.
Digitales Gebäudelogbuch
Die EPBD fordert die Einführung eines Gebäudelogbuchs, das ein gemeinsames Register für alle einschlägigen Gebäudedaten ist. Es umfasst Daten zur Gesamtenergieeffizienz, Renovierungspässe und Intelligenzfähigkeitsindikatoren sowie Daten zum Lebenszyklus-Treibhauspotenzial, um fundierte Entscheidungen und den Informationsaustausch innerhalb des Bausektors zwischen Gebäudeeigentümern und -bewohnern, Finanzinstituten und öffentlichen Einrichtungen zu erleichtern.
Gebäudetechnische Systeme [EPBD 2024 – Artikel 13]
Laut EPBD müssen die Mitgliedsstaaten einfordern, dass Nichtwohngebäude gemäß den nachfolgenden Bedingungen mit Gebäudeautomations- und -steuerungssystemen ausgestattet werden:
- bis zum 31. Dezember 2024 mit einer effektiven Nennleistung für Heizanlagen, Klimaanlagen, kombinierte Raumheizungs- und Lüftungsanlagen oder kombinierte Klima- und Lüftungsanlagen von über 290 kW,
- bis zum 31. Dezember 2029 mit einer Nennleistung für Heizungsanlagen, Klimaanlagen, kombinierte Raumheizungs- und Lüftungsanlagen oder kombinierte Klima- und Lüftungsanlagen von mehr als 70 kW.
Die in der EPBD 2024 formulierten Anforderungen an die entsprechenden Gebäudeautomationssysteme weichen nur geringfügig von den des GEG 2024 ab. Es wird weiterhin ein kontinuierliches Überwachen, Protokollieren und Analysieren des Energieverbrauchs gefordert. Das GA-System muss in der Lage sein, Benchmarks in Bezug auf die Energieeffizienz des Gebäudes aufzustellen sowie Effizienzverluste zu erkennen und den Systemverantwortlichen Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Energieeffizienz bereitzustellen. Elementar wichtig bleibt die Anforderung der herstellerübergreifenden Interoperabilität. Das GA-System muss in der Lage sein, die Kommunikation zwischen miteinander verbundenen gebäudetechnischen Systemen und anderen Anwendungen innerhalb des Gebäudes zu ermöglichen und gemeinsam mit anderen Typen gebäudetechnischer Systeme betrieben zu werden, auch bei unterschiedlichen herstellereigenen Technologien, Geräten und Herstellern.
Bis zum 29.05.2026 muss das System für die Gebäudeautomatisierung und -steuerung in der Lage sein, die Raumklimaqualität zu überwachen. Zusätzlich müssen die in Artikel 13 kategorisierten Nichtwohngebäude mit automatischen, zonierten Beleuchtungssteuerungen ausgestattet werden, die eine Belegungserkennung beinhalten.
Diese Anforderungen sind im Vergleich zum GEG 2024 neu und werden in einer Vielzahl von Gebäuden zu einer Nachrüstung von Sensorik führen.
Smart Building und IT-Komponenten zum Erreichen von Automationsgrad B oder besser
Das GEG 2024 bezieht sich auf die in der DIN V 18599-11 definierten Automationsgrade. In Tabelle 1 wird dargestellt, welche Anforderungen erfüllt werden müssen, um in einem Nichtwohngebäude den Automationsgrad B oder besser zu erreichen. Dabei werden alle Anforderungen hervorgehoben, die kommunikative Steuersysteme und/oder Sensorik fordern. Unter Berücksichtigung der im GEG 2024 geforderten frei konfigurierbaren Schnittstellen sowie der firmen- und herstellerunabhängigen Kommunikation innerhalb und zwischen gebäudetechnischen Systemen und dem Gebäudeautomationssystem wird damit indirekt die Bedeutung der GA-IT-Netzwerkinfrastruktur hervorgehoben.
Der Tabelle 1 kann entnommen werden, dass kommunikative Regel- und Steuersysteme für die Gewerke Heizung, Kühlung und Klimatisierung unabdingbar sind, wenn ein Automationsgrad B oder besser erreicht werden soll. Zudem wird folgende Sensorik benötigt:
- Präsenzmelder
- Helligkeits- /Tageslichtsensor
- Raumluftqualitätssensor (CO2, VOC)
Entsprechende Sensorik ist ebenfalls erforderlich, um die GA-Effizienzklasse A gemäß ISO 52120 zu erreichen. Ein Vergleich der Anforderungen der ISO 52120 und der DIN V 18599 kann der Checkliste des IGT (Institut für Gebäudetechnologie) entnommen werden [7].
Ein weiteres Puzzlestück, um die Anforderungen von § 71 a zu erfüllen, sind die in der Einleitung bereits erwähnten Lösungen der Building-Operation-PropTech-Sparte. Solche Systeme können als Upgrade zur Gebäudeautomation angesehen werden. Produktunabhängig kann man das Handlungsschema beispielhaft wie in Abbildung 2 visualisiert erklären. Über ein Edge Device werden die in der Gebäudeautomation vorhandenen Daten gesammelt und – sofern existent – durch weitere Nutzungsdaten ergänzt. Durch die Echtzeit-Analyse der Daten und zusätzliche Analyse historischer Daten in der PropTech-Lösung können unter anderem Anomalien erkannt oder Optimierungspotentiale ermittelt werden. Anhand dieser beispielhaften Ergebnisse können dem Gebäudebetreiber entweder Handlungsempfehlungen gegeben oder, je nach Sicherheitskonzeption, prädiktive Steuerungsmaßnahmen durchgeführt werden. Mit diesem Vorgehen lassen sich mehrere Anforderungen aus § 71 a – Absatz 2 erfüllen, insbesondere die kontinuierliche Überwachung, Protokollierung und Analyse aller gebäudetechnischen Systeme, das Erkennen von Effizienzverlusten dieser Systeme und das Informieren der für die Einrichtung und das gebäudetechnische Management zuständigen Person über Möglichkeiten zur Verbesserung der Energieeffizienz.
Hinsichtlich der IT-Sicherheit muss an dieser Stelle berücksichtigt werden, dass die PropTech-Lösungen in der Regel cloudbasiert sind. Mit dem oben genannten Edge Device wird somit eine ausgehende Kommunikation benötigt, welche durch geeignete Tunnel-Verbindungen oder eine Firewall abgesichert werden kann. Je nach Lösung ist für prädiktive Steuerungsmaßnahmen möglicherweise auch eine eingehende Kommunikation erforderlich, die dann entsprechend limitiert und abgesichert werden muss.
GA-IT-Infrastruktur – Nachrüsten und Modernisierung der Gebäudetechnik und Gebäudeautomation
In bestehenden Nichtwohngebäuden, die von den Anforderungen gemäß GEG 2024 § 71a betroffen sind, ist beim Nachrüsten oder Modernisieren der Gebäudetechnik und Gebäudeautomation auf nachfolgend beschriebene Themen hinsichtlich der GA-IT-Infrastruktur zu achten.
Grundsätzlich sollte die GA-Netzwerktopologie begutachtet werden. Bei entsprechenden Gebäuden kann davon ausgegangen werden, dass es sich um über die Jahre gewachsene Strukturen handelt. Somit werden mehrere Gewerke und Netzwerke von verschiedenen Verantwortlichen geplant und nach und nach verbunden. In solchen GA-Netzwerken sollten zur Sicherstellung der Performanz und Zuverlässigkeit mindestens die folgenden Aspekte geprüft werden:
- Asset-Management
- Kaskadierung
- Redundanzen
Das Asset-Management bietet einen Überblick darüber, welche aktiven Netzwerk-Komponenten vorhanden sind. Dies kann entweder mit der bestehenden Dokumentation oder durch einen passiven Netzwerkscan geschehen. Häufig werden dabei aktive Komponenten von verschiedenen Herstellern eingesetzt, was das Netzwerkmanagement erschweren kann – zum Beispiel bei der Nutzung von Switchen verschiedener Hersteller im GA-Netzwerk. Bei der Topologie sollte darauf geachtet werden, ob unnötige Kaskadierungen von Switchen vorzufinden sind. So können viele mögliche Single-Point-of-Failure-Schwachstellen im Netzwerk beseitigt werden. Insbesondere bei den zentralen Switchen sollte außerdem geprüft werden, ob sie redundant ausgelegt sind.
Um neben den oben genannten Kriterien auch die IT-Sicherheit des GA-Netzwerks zu beachten, sind bei der Qualitätskontrolle der GA-Topologie noch mindestens folgende Themen zu berücksichtigen:
- Kommunikationsverbindungen (nach außen)
- Netzwerksegmentierung
- Verwendung sicherer Kommunikationsprotokolle
Es ist zu prüfen, ob das verwendete GA-Kommunikationsprotokoll noch dem aktuellen Stand der Technik entspricht. Unter Umständen wird ein IP-basiertes GA-Kommunikationsprotokoll verwendet, dessen Komponenten in naher Zukunft den End-of-Service- oder End-of-Life-Status erreichen. Im Rahmen dieser Prüfung sollte auch nach neueren oder sichereren Versionen der Kommunikationsprotokolle Ausschau gehalten werden, wie zum Beispiel BACnet Secure Connect oder KNX IP Secure. Hinsichtlich der IT-Sicherheit ist es besonders wichtig zu analysieren, welche eingehenden und ausgehenden Verbindungen im bestehenden Netzwerk vorhanden sind. Hierzu gehören grundsätzlich die Internet-Verbindung sowie sämtliche Fernwartungszugänge, die womöglich über die Jahre entstanden sind. In der Praxis ist es oft erforderlich, eine Firewall-Infrastruktur nachträglich zu installieren, um die Netzwerksicherheit und -segmentierung zu gewährleisten.
Beim Nachrüsten oder Modernisieren der Gebäudetechnik und Gebäudeautomation genügt die vorhandene IT-Verkabelung häufig nicht den Ansprüchen. So kann es vorkommen, dass in Bestandsgebäuden von Bus-basierten Lösungen auf IP-basierte Lösungen umgestellt werden soll, was zu einer aufwändigen Nachverkabelung führen kann. Insbesondere für das Nachrüsten der für den Automationsgrad A bzw. der GA-Effizienzklasse A notwendigen Sensorik gibt es eine Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten. Es stehen zahlreiche Funklösungen am Markt zur Verfügung. Multisensoren, welche Daten bezüglich Präsenz, Helligkeit und Raumluftqualität liefern, können zum Beispiel in einem Bluetooth-Mesh realisiert werden. Eine andere funkbasierte Lösungsvariante ist mittlerweile auch Thread-basierte Sensorik. Sind funkbasierte Lösungen projektspezifisch keine Alternative, können zumeist auch bestehende oder aktuellere Bus-Verbindungen wie beispielsweise DALI 2 genutzt werden.
Bei Modernisierungsmaßnahmen der Gebäudeautomation sind ebenfalls die Verfügbarkeit und Sicherheit des GA-Netzwerks zu berücksichtigen. Helfen kann hierbei eine Bestandsaufnahme und GAP-Analyse zu einer vorhandenen oder noch zu erstellenden GA-IT-Sicherheitsrichtlinie. An dieser Stelle sind auch die Bausteine INF.13 – Technisches Gebäudemanagement [8] und INF.14 – Gebäudeautomation [9] des vom BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) herausgegebenen IT-Grundschutzkompendiums 2023 mit den dazugehörigen Umsetzungshinweisen [10], [11], [12] eine gute Unterstützung.
GEG und EPBD sind nicht nur Gebäudeautomation
Die Gebäudeautomation ist nur ein kleiner Bestandteil der Gesetze über Gebäudeenergieeffizienz. Es werden auch noch Vorgaben für viele andere Smart-Building-Systembausteine definiert, welche einen positiven Beitrag zur Zukunftsfähigkeit und Energieeffizienz von Gebäuden leisten, wie die Vorgaben zur Infrastruktur für nachhaltige Mobilität und der damit verbundenen Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur [13].
Ein kurzes Fazit
Dass die Gebäudeautomation teilweise zur Pflicht wird, ist ein guter und wichtiger Schritt zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden. Seit Anfang 2024 müssen neu zu errichtende Nichtwohngebäude einen Mindest-Automatisierungsgrad erfüllen. Nichtwohngebäude im Bestand mit einer Nennleistung von über 290 kW sind bis Ende 2024 mit Systemen für die Gebäudeautomation und -steuerung nachzurüsten. Der Schwellwert der Nennleistung wird für bestehende Nichtwohngebäude in Zukunft laut EPBD 2024 sinken, wodurch mehr Gebäude von den Forderungen betroffen sein werden. Insbesondere beim Nachrüsten und Modernisieren der Gebäudeautomation sollte auch die GA-IT-Infrastruktur inklusive der IT-Sicherheit modernisiert werden. Die gesetzlichen und normativen Zusammenhänge der in diesem Artikel behandelten Themen sind abschließend in Abbildung 3 zusammengefasst.
Erläuterungen
1) RICHTLINIE (EU) 2018/844 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und der Richtlinie 2012/27/EU über Energieeffizienz.
2) RICHTLINIE (EU) 2024/1275 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 24. April 2024 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung).
3) Energy performance of buildings — Contribution of building automation, controls and building management Part 1: General framework and procedures.
4) Energieeffizienz von Gebäuden – Einfluss von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement – Teil 1. Diese Norm wird in die weltweit gültige ISO 52120 überführt und somit abgelöst.
5) Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung – Teil 11: Gebäudeautomation.
6) „Ein neu zu errichtendes Nichtwohngebäude muss mit einem System für die Gebäudeautomatisierung entsprechend dem Automatisierungsgrad B nach der DIN V 18599-11: 2018-09 oder besser ausgestattet sein.“
Anhang – Auszug aus dem Gesetzestext GEG 2024 [14]: § 71a – Gebäudeautomation:
(1) Ein Nichtwohngebäude mit einer Nennleistung der Heizungsanlage oder der kombinierten Raumheizungs- und Lüftungsanlage von mehr als 290 Kilowatt muss bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 mit einem System für die Gebäudeautomatisierung und -steuerung nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 ausgerüstet werden. Satz 1 ist auch für ein Nichtwohngebäude mit einer Nennleistung für eine Klimaanlage oder eine kombinierte Klima- und Lüftungsanlage von mehr als 290 Kilowatt anzuwenden.
(2) Zur Erfüllung der Anforderung nach Absatz 1 muss ein Nichtwohngebäude mit digitaler Energieüberwachungstechnik ausgestattet werden, mittels derer
1. eine kontinuierliche Überwachung, Protokollierung und Analyse der Verbräuche aller Hauptenergieträger sowie aller gebäudetechnischen Systeme durchgeführt werden kann,
2. die erhobenen Daten über gängige und frei konfigurierbare Schnittstelle zugänglich gemacht werden, sodass Auswertungen firmen- und herstellerunabhängig erfolgen können,
3. Anforderungswerte in Bezug auf die Energieeffizienz des Gebäudes aufgestellt werden können,
4. Effizienzverluste von gebäudetechnischen Systemen erkannt werden können und
5. die für die Einrichtung oder das gebäudetechnische Management zuständige Person über mögliche Verbesserung der Energieeffizienz informiert werden kann.
(3) Neben der Anforderung nach Absatz 2 muss ein zu errichtendes Nichtwohngebäude
1. mit einem System für die Gebäudeautomatisierung entsprechend dem Automatisierungsgrad B nach der DIN V 18599-11: 2018-09* oder besser ausgestattet sein und
2. ein technisches Inbetriebnahme-Management einschließlich der Einregelung der gebäudetechnischen Anlagen durchlaufen, um einen optimalen Betrieb zu gewährleisten.
Bei der Ausstattung des Systems für die Gebäudeautomatisierung nach Satz 1 Nummer 1 muss sichergestellt sein, dass dieses System die Kommunikation zwischen miteinander verbundenen gebäudetechnischen Systemen und anderen Anwendungen innerhalb des Gebäudes ermöglicht und gemeinsam mit anderen Typen gebäudetechnischer Systeme betrieben werden kann, auch bei unterschiedlichen herstellereigenen Technologien, Geräten und Herstellern. Das technische Inbetriebnahme-Management nach Satz 1 Nummer 2 muss mindestens den Zeitraum einer Heizperiode für Anlagen zur Wärmeerzeugung und mindestens eine Kühlperiode für Anlagen zur Kälteerzeugung erfassen.
(4) Sofern in einem bestehenden Nichtwohngebäude bereits ein System für die Gebäudeautomatisierung entsprechend dem Automatisierungsgrad B nach der DIN V 18599-11: 2018-09* oder besser eingesetzt wird, muss bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 die Kommunikation zwischen miteinander verbundenen gebäudetechnischen Systemen und anderen Anwendungen innerhalb des Gebäudes ermöglicht werden sowie sichergestellt werden, dass diese Systeme gemeinsam mit anderen Typen gebäudetechnischer Systeme betrieben werden können, auch bei unterschiedlichen herstellereigenen Technologien, Geräten und Herstellern.
Verweise
[1] Poperty Technology [kurzform PropTech; alternative Real Estate Technology (RE-Tech)]: PropTechs sind in der Regel StartUps, Unternehmen im Start-Up-, Growth- und Expansion-Stage, die im Immobiliensektor Lösungen technischer Natur entwickelt haben. In diesem Kontext sind PropTechs der Sparte Gebäudebetrieb (Building Operation) zuzuordnen. Building-Operation-PropTechs können die Energieeffizienz von Gebäuden zusätzlich zum Gebäudeautomationssystem optimieren. Dies wird generell durch Echtzeit-Datenanalyse, welche auch KI-basiert sein kann, realisiert.
[2] Delegierter Rechtsakt: Delegierte Rechtsakte sind von der Europäischen Kommission erlassene Rechtsakte ohne Gesetzescharakter, die der Änderung oder Ergänzung von nicht wesentlichen Vorschriften von Rechtsakten dienen. https://eur-lex.europa.eu/DE/legal-content/glossary/delegated-acts.html
[3] Nichtwohngebäude mit einer Nennleistung für eine Heizungsanlage, eine Klimaanlage, eine kombinierte Raumheizungs- und Lüftungsanlage oder eine kombinierte Klima- und Lüftungsanlage von mehr als 290 kW
[4] Practical guide SRI calculation Framework, 2023. European Commission: Directorate-General for Energy, Verbeke, S., Aerts, D., Reynders, G., Ma, Y. et al., Final report on the technical support to the development of a smart readiness indicator for buildings – Final report, Publications Office, 2020, https://data.europa.eu/doi/10.2833/41100
[5] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2020.431.01.0025.01.ENG&toc=OJ:L:2020:431:TOC
[6] DIN EN 15232-1:2017-12 Energieeffizienz von Gebäuden – Teil 1: Einfluss von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement
[7] https://download.igt-institut.de/geg2024/Planungsprozess(Energieeffizienz)-ChecklisteV05(Basis).pdf
[8] https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Grundschutz/IT-GS-Kompendium_Einzel_PDFs_2023/10_INF_Infrastruktur/INF_13_Technisches_Gebaeudemanagement_Edition_2023.pdf?__blob=publicationFile&v=3#download=1
[9] https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Grundschutz/IT-GS-Kompendium_Einzel_PDFs_2023/10_INF_Infrastruktur/INF_14_Gebaeudeautomation_Edition_2023.pdf?__blob=publicationFile&v=3#download=1
[10] https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Grundschutz/Umsetzungshinweise/Umsetzungshinweise_2022/Umsetzungshinweis_zum_Baustein_INF_13_Technisches_Gebaeudemanagement.pdf?__blob=publicationFile&v=2#download=1
[11] https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Grundschutz/Umsetzungshinweise/Umsetzungshinweise_2022/Umsetzungshinweis_zum_Baustein_INF_14_Gebaeudeautomation.pdf?__blob=publicationFile&v=2#download=1
[12] https://www.comconsult.com/bsi-it-grundschutz-fuer-gebaeudeinfrastrukturen-wie-soll-man-das-denn-umsetzen/
[13] https://www.comconsult.com/eu-gebaeuderichtlinie-novelle-2024-epbd-und-das-gebaeude-elektromobilitaetsinfrastruktur-gesetz-geig/
[14] https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2023/280/VO.html
Weitere Informationsquellen
- https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&bk=Bundesanzeiger_BGBl&start=//*[@attr_id=%27bgbl107s1519.pdf%27]#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl120s1728.pdf%27%5D__1698154404229 (08.08.2020)
- https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&bk=Bundesanzeiger_BGBl&start=//*[@attr_id=%27bgbl107s1519.pdf%27]#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl120037.pdf%27%5D__1698222397465 (20.07.2022)
- https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2023/280/VO.html (19.10.2023)
- https://www.europarl.europa.eu/RegData/seance_pleniere/textes_adoptes/definitif/2024/03-12/0129/P9_TA(2024)0129_DE.pdf (12.03.2024)
- DIN V 18599-11:2018-09 Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung – Teil 11: Gebäudeautomation
- DIN EN 15232-1:2017-12 Energieeffizienz von Gebäuden – Teil 1: Einfluss von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement
- ISO 52120-1:2022-09 Energy performance of buildings — Contribution of building automation, controls and building management Part 1: General framework and procedures