aus dem Netzwerk Insider Februar 2017
Zuletzt wurden zahlreiche Aspekte des Internet-of-Things recht ausführlich hier im Insider von Petra Borowka-Gatzweiler in ihrer Reihe „Internet of Things – die vierte industrielle Revolution“ (ComConsult Insider vom Juli, August und Dezember 2016) diskutiert und besprochen. Einige grundlegenden Aspekte möchte ich im Folgenden anhand des angekündigten „IoT-WLAN“-Standards aus technischer Sicht beleuchten.
Auch wenn sich IoT scheinbar Schritt für Schritt immer weiterverbreitet, blieb der große Boom aber bisher aus. Das Thema als solches scheint immer noch am Rande mit anderen Entwicklungen mit zu laufen ohne sich selbstständig und selbstbewusst als eigenständiger Aspekt im Netzwerk durchzusetzen. Vielmehr schleichen sich die möglichen IoT-Anwendungen langsam in den Betriebsalltag von WLAN-Betreibern und Nutzern. Die Implementierung basiert dabei aber nur teilweise auf speziellen IoT-Technologien. Meist finden sich die Anwendungen im regulären 2,4- und 5-GHz-WLAN oder nutzen Bluetooth, Zigbee und ähnliches. Dies kann sich durch passende neue Stan-dards und Technologien ändern.
Nun hat Anfang des vergangenen Jahres (Januar 2016) die Wi-Fi Alliance die „Wi-Fi HaLow“ Zertifizierung angekündigt. Auch wenn es von Seiten der Wi-Fi Alliance keine offizielle Erläuterung des Namens gibt, wird sich das „Low“ sicherlich auf Low-Power oder Lower Frequencies beziehen. Die Wortschöpfung „HaLow“ klingt im Englischen genau wie das Wort „halo“ (Heiligenschein oder Strahlenkranz) und bietet damit wohl den gewünschten Marketing-Effekt. Tatsächlich rückte die Wi-Fi Alliance mit dieser Ankündigung wieder einmal das Internet der Dinge (Internet of Thing – IoT) in den Fokus und wurde auf breiter Fläche in den entsprechenden Medien diskutiert.
Damit werden direkt einige Fragen aufgeworfen: Stellt „Wi-Fi HaLow“ bzw. IEEE 802.11ah, der der Zertifizierung zugrundeliegende Standard, also jetzt den Durchbruch für IoT-Anwendungen dar? Und was versteht man hierbei überhaupt als eine IoT-Anwendung?
Für die Definition des Internet-of-Things oder des Internet-of-Everything, wie es manchmal hochtrabend genannt wird, spielt vor allem die Anzahl und die Art der Endgeräte eine Rolle. Auch wenn es keine abschließende und einheitliche Definition für IoT gibt, basiert der Begriff doch immer auf dem klaren Anstieg der Anzahl ans Netzwerk (und unter Umständen auch ans Internet) angebundener Endgeräte und darauf, dass diese allgegenwärtig und beispielsweise mit Sensoren bestückt sind.
Die Entwicklung hin zum Internet-of-Things hat sicherlich schon vor einigen Jahren angefangen und von vielen unbemerkt in den letzten Jahren an Fahrt zugenommen. Dabei umfasst diese Entwicklung verschiedenste Anwendungen und Geräte. Im Heimbereich sind dies beispielsweise Kühlschränke, die selbstständig Lebensmittelbestellungen über das Internet ermöglichen, oder auch Temperatur-Sensoren, die das Heizverhalten regeln, und viele weitere Teile der Heimautomation von Rolladen-Steuerungen bis zu Lampen und Lichtschaltern.
So haben sich verschiedenste Anwendungen in den letzten Jahren ins WLAN oder in Bluetooth- oder auch Zigbee-Netze gedrängt, die in den Bereich IoT fallen können. Auch im Industrie- und Produktionsumfeld finden sich immer mehr solche Anwendungen. Hier lassen sich Abrufknöpfe in der Logistik, Schrauber mit Drehmomentmessern und vieles weiteres aufzählen. Diese Anwendungen lassen sich häufig dadurch von anderen WLAN-Nutzern abgrenzen, dass sie vergleichsweise geringe Datenmengen senden und häufig besonders energieeffizient arbeiten.
Viele der so bereits genutzten IoT-Anwendungen sind durchaus im WLAN oder mit Bluetooth gut angebunden und es ist nicht unbedingt zu erwarten, dass hier plötzlich flächendeckend ein neuer Standard Einzug hält. Insbesondere mit bereits existierenden (und teilweise konkurrierenden) Funkstandards scheint die nötige Technologie bereits zu existieren. Aber genau an dieser Stelle setzt IEEE 802.11ah an. Kann sich ein solcher Standard unter diesen Vorzeichen überhaupt durchsetzen?
Der Standard bietet im Vergleich zum traditionellen 2,4- oder 5GHz-WLAN aufgrund des gewählten 900MHz-Frequenzbereich eine höhere Reichweite mit deutlich geringerem Stromverbrauch. Es lassen sich also vor allem neue Geräte, deren Bandbreitenbedarf nicht allzu hoch ist, auf einer großen Fläche anbinden. Aber reicht dieses Argument für eine Verbreitung und Nutzung aus?
Bevor wir die technischen Aspekte betrachten sei erwähnt, dass der IEEE 802.11ah-Standard zum aktuellen Zeitpunkt (Dezember 2016 / Januar 2017) noch nicht verabschiedet ist und damit alle Details vorläufig sind (eine offizielle Veröffentlichung wurde ursprünglich für 2016 erwartet). IEEE 802.11ah hat es also noch nicht in den aktuellen WLAN Standard IEEE 802.11-2016 geschafft (siehe hierzu auch den Artikel von Dr. Wetzlar im Januar Insider 2017). Trotzdem sollen im Folgenden einige Teile der technischen Spezifikation betrachtet werden und mögliche Chancen für den Standard im Industrieumfeld betrachtet und diskutiert werden. Es sei aber schon angemerkt, dass das tatsächliche Ausmaß und die Relevanz von Wi-Fi HaLow heute noch nicht abzuschätzen sind solange es keine passenden Endgeräte und Access Points auf dem Markt gibt.
Technische Details zu IEEE 802.11ah
Grundsätzlich ist ein Hauptbestandteil und auch ein Hauptgrund für die Nutzung von IEEE 802.11ah als Funkstandard die Implementierung im Spektrum bei ungefähr 900 MHz. Die Dämpfung ist in diesem Bereich deutlich geringer und Funkwellen erreichen auch bei geringerer Sendeleistung deutlich größere Reichweiten als im 2,4GHz- oder im 5GHz-Band. Außerdem ist das entsprechende Spektrum häufig nicht so stark belegt, was zu weniger Interferenz führt und somit eine effizientere Nutzung ermöglicht.
Dies nutzt in vergleichbarer Art und Weise auch 802.11af aus, der ebenfalls im Sub-GHz-Bereich (bis ca. 700 MHz) arbeitet. Dieser zielt im Gegensatz zu IEEE 802.11ah aber nicht auf das Internet-of-Things und die entsprechend hohe Endgeräteanzahl ab. Stattdessen wird der Hauptnutzen hier darin gesehen, dass freie Bereiche im Fernsehspektrum genutzt werden können (sogenannte TV-Whitespaces).
Insgesamt sind viele der Technologien des IEEE 802.11ah-Standards aus IEEE 802.11ac entliehen. Man hat also das Rad nicht neu erfunden, aber zusätzlich dabei auf geringen Energiebedarf und eine besonders hohe Anzahl an Endgeräten pro Access Point geachtet. Um die Wi-Fi Alliance zu zitieren: „Wi-Fi HaLow operates in frequency bands below one gigahertz, offering longer range, lower power connectivity to Wi-Fi CERTIFIED™ products” (Wi-Fi Alliance, 2016).
Das fasst die technischen Features eines „Wi-Fi HaLow“-Netzes schon recht gut zusammen: Es werden Reichweiten bis zu 1 km versprochen mit mehr als 8191 Endgeräten in einer hierarchischen Struktur und einem Power-Saving-Modus, bei dem Endgeräte ihre Funkkomponente für einige Zeit ausschalten können. An dieser Stelle sollte man die Argumente für HaLow, die im vorangegangenen Satz erwähnt sind, nicht zu schnell übergehen: Das ist einerseits die hohe unterstützte Anzahl von Endgeräten und andererseits der geringe Energiebedarf. Über 8.000 Endgeräte in einer Zelle sind schon eine Hausnummer. Bei derart großen Zellen und einem Anwendungsszenario im IoT ist das (und auch der Power-Saving-Modus) aber vielleicht schon fast ein Muss. Andere WLAN-Standards unterstützen hier deutlich weniger Endgeräte (z.B. 2007 verschiedene Association Identifier).
Außerdem wurden viele weitere Details optimiert und angepasst. So wurde das immer wieder (auch hier im Insider oder beim Netzwerkforum) heiß diskutierte DCF-System (Distributed Coordination Function) des WLAN-Standards IEEE 802.11 angepasst, um mit der erhöhten Anzahl an Endgeräten mithalten zu können. Da dennoch die Grundprinzipien beibehalten wurden, bleibt aber (leider) weiterhin Raum für Diskussionen.
Ein deutlicher Nachteil des verwendeten 900MHz-Frequenzbereichs ist, dass sich die internationale Regulierung noch stärker unterscheidet, als das bereits im 2,4- oder 5GHz-Band der Fall ist. Eine einheitliche globale Kanalplanung in Konzernen zu etablieren wird also praktisch unmöglich.
Mit den unterschiedlichen Vorgaben für maximale Sendestärke und freie Frequenzen im Sub-GHz-Band ergeben sich somit auch unterschiedliche Reichweiten und Datenraten. Besonders die erlaubten Sendestärken liegen mit Werten zwischen 10 mW und 1 W weit auseinander und sorgen damit dafür, dass auch der Nutzen der HaLow-Technologie variiert. Es bleibt also zu hinterfragen, ob global die oben versprochenen Reichweiten überhaupt realistisch
erreichbar sind.
Selbst bei der idealisierten Freiraumausbreitung auf Abbildung 1 (deren Vorlage ich einem der Insider-Artikel von Herrn Dr. Wetzlar entliehen habe) ist zu sehen, dass die Sendestärke einen deutlichen Einfluss auf die Reichweite hat. Für Europa mit der maximalen Sendestärke von 25 mW EIRP bedeutet dies, dass bei gleicher Empfangsstärke immerhin noch doppelt so weite Übertragungen, wie im 2,4GHz-WLAN (50 mW EIRP) erreicht werden.
Tatsächlich vernachlässigt diese Darstellung nicht nur die über die Freiraumausbreitung hinausgehenden Verluste, sondern auch die Tatsache, dass Funkempfänger eine unterschiedliche Sensibilität aufweisen. Die Grafik zielt lediglich auf die im Standard definierten Werte ab, die Empfänger mindestens erfüllen müssen. Für den WLAN-Praktiker ist also ganz klar ersichtlich, dass die hier erreichten Entfernungen rein theoretische Werte sind. Dennoch lässt sich so bereits ein Gefühl für die mögliche Zellgröße vermitteln.
Es sei hier natürlich außerdem angemerkt, dass der IEEE 802.11ah-Standard bessere Grenzwerte für die minimale Empfangsempfindlichkeit definiert als noch bei den älteren WLAN-Standards. Bei diesen wurde der Standard schon längst von der Realität überholt und die meisten Funka-dapter übererfüllen die entsprechenden Vorgaben.
Diese idealisierte Darstellung reicht natürlich bei weitem nicht, um in realistischen Büro- oder Produktionsumgebungen eine Abschätzung abzugeben. Schließlich unterschiedet sich auch die Dämpfung durch Wände und Gegenstände abhängig von der Frequenz, wie in Abbildung 2 dargestellt.
In dieser Auflistung sind anstelle der 5GHz-Dämpfungswerte, Werte für 6,5 GHz zu finden. Dennoch geben diese einen Eindruck, wie sich die Dämpfung verhält und lassen ebenfalls Rückschlüsse darauf zu, dass die 5-GHz-Dämpfung durchaus vergleichbar ist. Ganz klar ersichtlich ist, dass die Dämpfung im 900-MHz-Bereich materialabhängig deutlich niedriger als im 2,4-GHz-Bereich ist.
Eine Reduktion der Dämpfung von 18 dB auf 3 dB beispielweise bewirkt, dass das Funksignal einen Faktor 25 = 32 weniger Verlust erleidet. Das Signal dringt also deutlich besser durch Materialien und erlaubt somit auch größere Funkzellen. Dieser Effekt gleicht auch die geringere erlaubte Sendestärke EIRP (in Europa) aus.
Auch wenn die Reichweite und die unterstützte Anzahl der Endgeräte eines der Hauptargumente für ein IoT-WLAN sein werden, müssen auch weitere Bestandteile des Standards betrachtet werden. Dies betrifft insbesondere die zur Verfügung stehenden Datenraten und Kanäle.
Dem Standard zu Grunde liegen Kanalbreiten von 1, 2, 4, 8 oder 16 MHz. De facto sind in Europa aber nur 1 und 2 MHz breite Kanäle umsetzbar und praktisch wird man meist bei nur 1 MHz bleiben. Andernfalls wären lediglich zwei Kanäle nutzbar. Es bleibt also zu hoffen, dass weitere Kanäle für die Nutzung freigegeben werden (siehe z.B. ETSI-Vorschlag TR 103 245).
Wie in Abbildung 3 ersichtlich, unterscheiden sich die Frequenzen und deren mögliche Nutzung im 900-MHz-Band international recht deutlich. Dies wird mittelfristig sicherlich die Einführung von IEEE 802.11ah insbesondere in großen globalen Unternehmen behindern. Ein einheitlicher Frequenzplan ist hier nicht mehr möglich.
Gemäß Standard ergeben sich damit (für Europa) unter Idealbedingungen Brutto-Datenraten von bis zu 8,67 Mbit/s pro Spatial Stream (Short Guard Interval und MCS 8). Bei bis zu 4 Spatial Streams wären es also immerhin ca. 35 Mbit/s. Bei den erhofften großen Reichweiten wird man hier aber deutliche Abstriche machen müssen. Die kleinste spezifizierte Datenrate beträgt 150 kBit/s und sollte für Anwendungen im HaLow-WLAN beachtet werden (siehe Seok).
Auswirkung von IEEE 802.11ah
Angesichts der oben stehenden Beschreibung des Standards und der Einschränkungen für Europa kann man auf die Idee kommen, dass Wi-Fi HaLow kaum relevant werden wird. Besonders dort, wo in Produktionshallen bereits flächendeckendes WLAN vorhanden ist, kann der Nutzen einer zusätzlichen Technik auf den ersten Blick recht nüchtern bewertet werden: Wer braucht schon ein weiteres WLAN mit weiterem Aufwand?
Dennoch bietet der neue Standard einige wichtige Punkte, die auch bei einer eingeschränkten (europäischen) Reichweite den Ausschlag für eine IEEE 802.11ah-Implementierung geben können. Hierbei sind die Nutzer und Planer vor allem auf die endgültige und schlüssige Umsetzung der Hersteller angewiesen. Die Frage ist in Zukunft also: Werden die Hersteller alle benötigten Datenraten, Reichweiten und auch eine Integration in bisherige typische WLAN-Geräte umsetzen und unterstützen? Inwieweit IEEE 802.11ah also ein Nischenprodukt wird oder ob namhafte Hersteller den Standard in Zukunft voranbringen wird sich noch zeigen.
Prinzipiell zielt HaLow (insbesondere in Europa) auf Endgeräte mit geringem Bandbreitenbedarf ab, die in entsprechend großer Anzahl auf durchaus großen Flächen eingesetzt werden. In diesem Bereich kann somit ein WLAN geboten und unter Umständen Abdeckungslücken des herkömmlichen WLANs geschlossen werden.
Durch die Nutzung eines weiteren Frequenzbands können solche Endgeräte aus dem herkömmlichen WLAN verbannt werden und somit Übertragungsbandbreite für andere Endgeräte mit höherem Bedarf freigemacht werden. Dies schließt sich ganz klar dem von Dr. Wetzlar bei der Wireless Sonderveranstaltung im vergangenen Dezember und beim letzten Netzwerkforum vertretenen Vorschlag an: Das WLAN sollte nur mit Geräten belastet werden, die dieses wirklich benötigten. Folglich können nicht nur Gastgeräte ins Mobilfunknetz ausweichen, sondern Geräte, die mit geringer Bandbreite auskommen, ins HaLow-WLAN platziert werden. HaLow bietet sich aus meiner Sicht also besonders für solche Geräte mit geringem Übertragungsraten an.
Bei den typischen Produktionsumgebungen denkt man hier recht schnell an Abruf-Knöpfe für Logistikanwendungen. Aber auch weitere Geräte, wie verschiedenste Sensoren und Geräte der Überwachungsinfrastruktur können unter Umständen niedrige Anforderungen haben und sich somit für IEEE 802.11ah eignen.
Ein weiterer nicht zu unterschätzender Aspekt ist im Endeffekt die Sparsamkeit von IEEE 802.11ah. Endgeräte, die bereits auf energiesparenden Batteriebetrieb ausgelegt sind, erhalten hiermit Zugang zu einem (relativ) leistungsfähigen Kommunikationsmedium. Abbildung 5 zeigt das Ergebnis einer Studie, bei der die Batterieleistung eines IEEE 802.11ah WLANs für verschiedene Anwendungen simuliert wurde. Hier ist deutlich sichtbar, dass somit auf Low-Cost-Low-Energie-Geräte gesetzt werden kann und damit auch entsprechende mobile langfristig nutzbare Anwendungen möglich werden. Selbst wenn einige Annahmen dieser Studie möglicherweise von der genauen Implementierung abhängen, lässt sich das Potential von IEEE 802.11ah im Bereich des Batteriebetriebs hier nur schwer leugnen.
So wie auch immer mehr Anwendungen ins WLAN drängen, die in der Vergangenheit keine Rolle spielten, wird es vielleicht auch einem IoT-WLAN gehen. Neue Anwendungen im Freien oder in Hallen mit entsprechender Deckenhöhe und dem entsprechenden Freiraum können sich ergeben. Hier lässt sich eine Implementierung von IEEE 802.11ah mit deutlich weniger Access Points als für herkömmliches WLAN erreichen. Im Endeffekt kann das IEEE 802.11ah-WLAN zur zusätzlichen Abdeckung und für zusätzliches Spektrum neuer Anwendungen dienen.
Alle diese Szenarien und Aspekte setzen aber grundsätzlich voraus, dass Endgeräte und Access Points diesen neuen Standard unterstützen. Es lässt sich also nur abwarten, wie sich der Markt entwickelt und ob die großen WLAN-Hersteller entsprechende Produkte anbieten werden. Analysten prophezeien hier bereits, dass die einzige Chance für Wi-Fi HaLow darin liegt, dass Tri-Band-Geräte (für WLAN im Sub-GHz- und im 2,4-GHz- und 5-GHz-Band) auf den Markt kommen (Nichols, 2015).
Relevanz für den WLAN-Betrieb
Falls der Standard sich aber tatsächlich durchsetzt, stellt sich vor der Einführung von IEEE 802.11ah also die Frage, ob die IT und der WLAN-Betrieb an dieser Stelle ein Umdenken braucht. Können hier klare Vorteile durch Wi-Fi HaLow identifiziert und implementiert werden? Endgültig lässt sich dies natürlich erst beantworten, wenn passende Produkte angeboten werden. Dennoch soll im Folgenden ein erster kurzer Abriss gegebene werden.
Auch wenn bereits erste Produzenten erfolgreich Chipsätze testen und Ergebnisse loben (z.B. Newracom oder PCS), sind noch keine endgültigen Produkte der bekannten WLAN- und Komponenten-Hersteller angekündigt. Trotzdem kann man die Fragen, ob ein Umdenken nötig ist und ob sich klare Vorteile ergeben, aus meiner Sicht mit hoher Wahrscheinlichkeit beide bejahen.
Für bestimmte Anwendungen und besonders in bestimmten Umgebungen ist schon jetzt ein potentieller Nutzen erkennbar, indem das bisherige WLAN entlastet und eine breitere Abdeckung erreicht wird. Da ein stabileres 2,4GHz- oder 5GHz-WLAN auch anderen Anwendungen zu Gute kommt, kann und sollten die Auswirkungen einer Verlagerung von Spezialanwendungen in andere Frequenzbänder nicht vernachlässigt werden.
Ein Umdenken ist hierbei auf mehreren Ebenen von Nöten. Einerseits betrifft dies den Einsatz von Anwendungen in Frequenzbändern mit sehr unterschiedlichen Übertragungscharakteristiken. Es ist durchaus zu erwarten, dass ein und dasselbe Endgerät (situationsabhängig) verschiedene Verfahren und WLAN-Technologien nutzt. Andererseits sind nicht nur die Anwendungen und Endgeräte zu beachten, sondern auch die Planung eines solchen WLANs.
Bei der Planung eines WLANs spielen in einem noch größeren Maße, als bisher bei der Abwägung und Planung von 2,4GHz/5GHz-Mischumgebungen, die Fähigkeiten und die Anforderungen der Endgeräte eine Rolle. Datenratenanforderungen, Energiebedarf, Mobilität und die Größe der abzudeckenden Fläche sind hier Kriterien für den Einsatz von IEEE 802.11ah. In diesen Punkten bietet HaLow Vor- und Nachteile, die in eine Planung einfließen müssen. Auch der Einfluss der Umgebung (z.B. durch Produktionsmaschinen, Wände etc.) auf die Planung im Rahmen von Simulationen oder Ausleuchtungsmessungen ist anders und zeigt deutliche Unterschiede zur bisherigen WLAN-Planung. Die WLAN-Planung als solches wird also keinesfalls einfacherer.
Wenn bei einem Mischbetrieb von 2,4 GHz und 5 GHz die Zellplanung noch gut durch eine passende Wahl der Sendestärken oder durch Abschalten eines Frequenzbands auf bestimmten Access Points vereinheitlicht werden konnte, ist dies mit 900MHz deutlich schwieriger möglich. Auch bei der deutlich geringeren Dämpfung stellen insbesondere Produktionsumgebungen mit Maschinen neue Herausforderungen dar. Abdeckungslücken können durch eine (wegen der größeren Zellen) reduzierte Access-Point-Anzahl schwieriger ausgeglichen werden und fallen somit stärker ins Gewicht. Starke Veränderungen im Umfeld, z.B. bei Umbauten, können hier deutlich mehr negative Ergebnisse hervorbringen.
Fazit
Insgesamt lässt sich also festhalten, dass Wi-Fi HaLow alias IEEE 802.11ah im Laufe der nächsten Jahre bestimmt immer mal wieder ein Thema (auch hier im Netzwerk Insider) sein wird. Sobald die Standardisierung abgeschlossen ist und erste Produkte auf den Markt kommen, die auch für Industrieumgebungen und -Anwendungen geeignet sind, müssen insbesondere individuelle Analysen angestellt werden, um das Potential und die Möglichkeiten abzugrenzen und herauszuarbeiten.
Für eine endgültige Beurteilung scheint es zum aktuellen Zeitpunkt noch zu früh zu sein. Die Chancen, die diese Technologie bietet, lassen sich im Moment noch nicht pauschal abschätzen. Gerade in der Anfangsphase wird man hier Anwendungsfälle sehr individuell bewerten müssen, da in den meisten Fällen ja bereits konkurrierende WLANs flächendeckend verfügbar sind.
Der Nutzen einer solchen Technologie hängt also von vielen Details ab, die durch die bisherige WLAN-Implementierung und die physikalische Umgebung sowie die genutzten Anwendungen bestimmt sind. Dennoch ist klar, dass IEEE 802.11ah das Potential bietet auch (oder gerade) im Industrieumfeld Anwendungsfelder zu finden. Hierzu wird bei der Planung und Implementierung durch das 900MHz-Band und durch neue Anwendungen ein Umdenken nötig werden.
Insgesamt lässt sich also feststellen, dass man als WLAN-Planer und –Betreiber im industriellen Umfeld mittelfristig nicht umher kommt, weitere Funktechnologien zu betrachten und für ein funktionierendes WLAN zu nutzen. Der Nutzen von IEEE 802.11ah alias Wi-Fi HaLow ist aber davon bestimmt, ob und wann entsprechende Chipsätze verfügbar werden. Ob hier Chancen genutzt werden können hängt vor allem von strategischen Entscheidungen der Hersteller ab. Das heißt für WLAN-Betreiber: Noch abwarten, Tee trinken und die Augen offenhalten.
Weiterführende Literatur
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Nichols, S. (21.. Oktober 2015). IoT’s sub-GHz 802.11ah Wi-Fi will be dead on arrival, warn analysts. (The Register) Von http://www.theregister.co.uk/2015/10/21/questionable_future_subghz_wifi abgerufen
Palma Ceia Semidesign. (28.. Juni 2016). Pressemitteilung. Von http://www.pcsemi.com/pr20160628-80211ax-haylo abgerufen
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Stefan Aust, R. V. (2012). IEEE 802.11ah: Advantages in standards and further challenges for sub 1 GHz Wi-Fi. IEEE International Conference on Communications (ICC), Ottawa, 6885 – 6889.
Wi-Fi Alliance. (4.. Januar 2016). Pressemitteilung. Von https://www.wi-fi.org/news-events/newsroom/wi-fi-alliance-introduces-low-power-long-range-wi-fi-halow abgerufen
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