Im Netzwerk Insider vor über 20 Jahren: UMTS als Gefahr für Unternehmensnetze und -rechenzentren
01.10.20 / Dr. Markus Ermes
Vor 20 Jahren wurde im Netzwerk-Insider über die Entwicklung von UMTS und die daraus folgenden Anforderungen an die Unternehmens-IT diskutiert. Wie sahen damals die möglichen Szenarien aus? Wie hat sich die Welt seitdem entwickelt?
Die Möglichkeiten von UMTS
Damals waren mobile Verbindungen mit Bandbreiten von 2 Mbit/s ein enormer Fortschritt. Damit ergaben sich für mobile Mitarbeiter völlig neue Möglichkeiten. Die Idee war, einen gut ausgestatteten Organizer „mit integriertem Telefon, Mini-Digital-Television und potentieller Kamera“ immer bei sich haben zu können. Das klingt erstaunlich nach dem, was ziemlich genau 7 Jahre später auf den Markt kam: das iPhone als erstes „modernes“ Smartphone. Interessanterweise war genau dieses erste Smartphone nicht UMTS-fähig, sondern erst die zweite Generation (iPhone 3G).
Was schon damals richtig erkannt wurde: Man sollte diese Technologie nicht verschlafen, da sich die IT rasant weiterentwickelt (hat). Gerade die durch UMTS möglichen Datenmengen und die weite Verbreitung dieser Technologie wurden richtig erkannt.
Mit einer Komponente wurde zu dieser Zeit aber noch nicht gerechnet: der Cloud. Es wurde vor den gigantischen Datenmengen gewarnt und vor den im eigenen Rechenzentrum notwendigen Anpassungen gerade im Bereich Storage und Netzanbindung. Manches davon ist eingetreten, manches wurde durch die Technik günstiger als befürchtet, manches hat sich bis heute nicht flächendeckend durchgesetzt:
- Die Nutzung dedizierter Storage- und Backup-Systeme mit einer Bandbreite von (mindestens) 1 Gbit/s ist heute Standard.
- Die Kosten für ausreichend schnelle Internetverbindungen in Rechenzentren (oder auch zuhause) sind heute preislich nicht so explodiert wie befürchtet.
- Gigabit-Netze bis an jeden Schreibtisch sind heute noch immer nicht überall umgesetzt. Zwar unterstützen die Endgeräte entsprechende Bandbreiten, aber in den meisten Fällen sind 100 Mbit/s immer noch ausreichend. Für anspruchsvollere Aufgaben haben sich mittlerweile auch Alternativen wie schnelles WLAN (IEEE 802.11ax) oder Virtual Desktop Infrastructure (VDI) entwickelt.
Und die Kosten für Server und die Versorgung der mobilen Endgeräte sind durch die Cloud moderat geblieben. Manche Aspekte, wie z.B. die großen Datenmengen für Multimedia, sind durch bessere Kompression und höhere Rechenleistung der mobilen Endgeräte ebenfalls weniger kritisch als ursprünglich angenommen.
Inzwischen sind wir sogar mit 5G bei einem um Größenordnungen schnelleren mobilen Netz angekommen. UMTS gehört ohnehin bald der Geschichte an: Manche Anbieter in Deutschland haben vor, UMTS spätestens Ende 2021 abzuschalten. Interessant bei der Diskussion um 5G: Die dabei auftretenden Argumente erinnern doch sehr stark an die Aussagen im Netzwerk-Insider vor 20 Jahren zum Thema UMTS.
Fazit
Im Umfeld von UMTS haben sich Teile der damaligen Befürchtungen und/oder Hoffnungen als zutreffend erwiesen. Aber auch hier wurde die Geschwindigkeit unterschätzt, mit der sich die IT weiterentwickelt. Bleibt abzuwarten, ob wir in 20 Jahren ähnlich über die Einführung und die Möglichkeiten von 5G denken werden.