aus dem Netzwerk Insider Oktober 2021
Mit der zunehmenden Digitalisierung hält auch der 5G-Standard immer mehr Einzug in die Welt des Mobilfunks. Er verspricht nicht nur eine um ein Vielfaches höhere erzielbare Datenrate im Vergleich zur Generation 4G, sondern ebenso eine mögliche Übertragung nahezu in Echtzeit.
Wir von ComConsult beschäftigen uns seit Bestehen dieses neuen Standards mit seinen Möglichkeiten und beraten Kunden bei der Planung eines neuen 5G-Mobilfunksystems.
An dieser Stelle möchte ich ein Projekt vorstellen, bei dem wir für einen unserer Kunden ein Inhouse-Mobilfunksystem geplant haben. Hierzu folgt ein Interview mit meinem Kollegen David Feuser, der das Projekt leitete:
Was genau bedeutet Inhouse-Mobilfunk und wo liegen die Vorteile?
Zunächst muss man festhalten, dass mehr als 70% des weltweiten mobilen Broadband-Verkehrs tatsächlich in Innenbereichen stattfindet. In Gebäuden ist die mobile Abdeckung durch das öffentliche Netz teilweise nicht ausreichend. Dies liegt an baulichen Gegebenheiten wie z.B. einer Aluminiumfassade oder dicken Glasfronten, durch die kein ausreichender Mobilfunkempfang im Inneren des Gebäudes gewährleistet werden kann.
Kurzum, der Inhouse-Mobilfunk sorgt für eine lückenlose Verbindung und garantiert eine mobile Datenverbindung und ungestörte Telefonate im ganzen Gebäude.
Welche Möglichkeiten gibt es, um ein Mobilfunksignal im Innern des Gebäudes zu erhalten und wodurch zeichnen sie sich aus?
Die bekanntesten Lösungen nennen sich Distributed Antenna System (DAS) und Indoor Small Cells. Beide Lösungen basieren darauf, dass eine Basisstation von einem oder mehreren Providern zur Verfügung gestellt wird. Das System verteilt das empfangene Mobilfunksignal der Basisstation auf mehrere Antennen, die sich in einem Gebäude verteilen, um eine optimale Empfangsqualität im Innenbereich zu gewährleisten.
Was wollte der Kunde mit der Inhouse-Planung erreichen?
Hierzu muss man wissen: Der Kunde wird in den nächsten 2 Jahren ein neues innovatives Gebäude auf einem Campus, der 66.000 qm² umfasst, beziehen. Dieses Gebäude besteht aus mehreren Gebäudeteilen, in denen ca. 1.500 Mitarbeiter arbeiten werden. Es soll eine zukunftsweisende IT-Infrastruktur erhalten, die den Anforderungen einer modernen Arbeitswelt begegnet und eine weitgehend digitalisierte technische Gebäudeausrüstung unterstützt. Dies beinhaltet auch die Bereitstellung einer modernen und leistungsfähigen Mobilfunkabdeckung, die sowohl den Mitarbeitern als auch den Gästen zur Verfügung stehen soll, d.h. das Inhouse-Mobilfunksystem soll Daten- und Sprachkommunikation zu unterschiedlichen Mobilfunkteilnehmern (intern, extern sowie zu internationalen Gästen) ermöglichen. Es ist geplant, zukünftig darüber auch private 5G-Campusnetze für spezielle Anwendungen bereitzustellen.
Um diesen Anforderungen bestmöglich begegnen zu können, wurde in einem ersten Schritt eine Inhouse-Mobilfunkplanung erstellt.
Was zeichnete die Inhouse-Planung aus?
Für die Planung nutzten wir eine Simulationssoftware. Man kann die Herangehensweise übrigens mit der einer WLAN-Planung vergleichen: Auch hier steht die Simulation im Vordergrund. Es gibt unterschiedliche Softwareprodukte. In diesem Fall haben wir uns für die Simulationssoftware von iBwave, dem De-facto-Standard in der Mobilfunkwelt, entschieden. Es galt für den Kunden eine Inhouse-Fläche von ca. 44.000 qm² mit 5G im Band n78 (3,5 GHz) auszuleuchten.
Wozu diente die Simulation?
Mit der Simulation, d.h. mit der Nutzung der entsprechenden Simulationssoftware, konnte unter Einbezug der Gebäudegrundrisse und der Beschaffenheit der Wände die Ausbreitung von Funkwellen mit unterschiedlichen Frequenzbereichen simuliert werden.
Ziel war es, einen ausreichenden Mobilfunkempfang im Innern des Gebäudes zu erreichen. Durch die Inhouse-Mobilfunksimulation konnten die ungefähren Positionen der Antennen in den einzelnen Etagen ermittelt und damit eine bestmögliche Nutzung der bereits geplanten Infrastruktur gewährleistet werden. Des Weiteren konnten hierdurch Räume definiert werden, in denen die Unterbringung der zentralen Komponenten des Inhouse-Mobilfunksystems stattfindet. Die benötigten Raumeigenschaften wie beispielsweise der Platzbedarf und die Kühlleistungen konnten ebenfalls hierdurch ermittelt werden. Auf diese Weise lässt sich schon während einer frühen Bauphase die Tertiärverkabelung planen, sodass sich nachträgliche bauliche Maßnahmen verhindern lassen, mit denen selbstverständlich auch weitere Kosten verbunden gewesen wären.
Ziel der Simulation war somit eine frühzeitige Vorbereitung des Gebäudes auf ein mögliches Inhouse-Mobilfunksystem.
Welche Inhouse-Lösung wurde auf Wunsch des Kunden simuliert und warum?
Wie schon erwähnt gibt es zwei Systeme, die für die Mobilfunkversorgung von Gebäuden angewendet werden:
Das eine System nennt sich Distributed Antenna Systems (DAS): Das Konzept des DAS besteht darin, das von einer zentralen Basisstation bereitgestellte Mobilfunksignal mittels passiver Komponenten, Koaxialkabeln und Antennen im Gebäude zu verteilen. Aus Sicht unseres Kunden kam ein DAS für die Versorgung des Campus nicht in Betracht, da es wenig erweiterungsfähig ist und insbesondere 5G nicht vollumfänglich unterstützt. Daher entschied er sich für das andere System, der sogenannten Indoor Small Cells: Hierbei werden „aktive Antennen“ – vergleichbar zu WLAN Access Points – im Gebäude verteilt, die mittels aus der EDV bekannten Kabeltypen versorgt werden.
Somit basierte die Simulation auf einem aktiven Indoor-Small-Cell-System mit Multi-Provider-Unterstützung. Für den Kunden hieß das: Es würden insgesamt 249 Antennen sowie 10 Mobilfunkzellen (fünf für LTE und fünf für 5G) benötigt, um eine ausreichend starke Mobilfunkversorgung im Campus gewährleistet zu bekommen.
Was bedeutet Multi-Provider-Unterstützung und worin liegt ihr Vorteil?
Bei einer Multi-Provider-Lösung werden die Basisstationen von mehreren Providern gleichzeitig zur Verfügung gestellt. Hierbei ist zu beachten, dass es immer einen primären Provider gibt, der das Inhouse-Mobilfunksystem montiert und betreibt sowie sekundäre Provider, die ihre Systemtechnik zur Verfügung stellen, welche an das vorhandene System angeschlossen wird.
Warum entschied man sich für die Planung eines aktiven Systems?
Es wurde ein aktives System geplant, damit alle 5G-Anwendungsprofile und potenzielle Anwendungen in der Zukunft genutzt werden können. Insbesondere wenn das 5G-Netz für Anwendungen, wie Augmented Reality (AR) oder Virtual Reality (VR) sowie Funktionen wie Ortung, hohe Datenraten und niedrige Latenzzeiten genutzt werden soll, ist die Nutzung eines aktiven Systems unumgänglich. Des Weiteren erkennen wir derzeit einen deutlichen Trend hin zu Indoor-Small-Cell-Systemen, welche mit der Einführung von privaten 5G-Campusnetzen zu begründen ist.
Was folgte nach der Mobilfunkplanung?
Es wurde eine auf die vorhergehende Planung basierende Ausschreibung erstellt, an der mehrere Provider teilgenommen haben. Anschließend haben wir den Kunden bei den Bietergesprächen mit unserem fachlichen Know-how unterstützt. Ziel war hierbei, das bestmögliche System entsprechend den Anforderungen des Kunden zu ermitteln.