Der Netzwerk Insider Februar 2020
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Gebäude der Zukunft: IT-Infrastruktur für die digitalisierte Raumdecke
Die zunehmende Digitalisierung moderner und vor allem neuer Gebäude geht damit einher, dass insbesondere die Verkabelungsinfrastruktur den derzeit nur schwer absehbaren Anforderungen gerecht wird und demzufolge frühzeitig geplant werden muss. Eine einfache Erweiterung der klassischen Arbeitsplatzverkabelung um eine kleine oder große Anzahl von zusätzlichen Datenanschlüssen, basierend auf denselben Planungskonzepten und denselben Technologien, greift mit Sicherheit zu kurz. Die Mehrzahl der Anbieter von Verkabelungslösungen hält sich bei einem neuen Einsatzumfeld, nämlich der Vernetzung von Raumdeckenbereichen, sehr zurück, statt offensives Marketing zu betreiben. Aber bedeutet das, dass die Raumdeckenverkabelung für IT-Anwender und Fachplaner uninteressant oder gar unbedeutend ist? Dies ist aus Sicht des Autors zu verneinen.
Der nachfolgende Artikel widmet sich diesem, vermutlich in Zukunft deutlich an Bedeutung gewinnenden Thema.
Zentraler oder dezentraler Internetzugang?
Viele Organisationen betreiben einen zentralen Internetzugang für eine Mehrzahl ihrer Standorte. Das bedeutet, dass der Weg zum Internet für die nichtzentralen Standorte zunächst über ein privates Wide Area Network (WAN) zum zentralen Standort führt und es erst dort ins Internet geht. Dies ist auch als „Backhauling“ bekannt. Einige Cloud-Provider wie Microsoft empfehlen, ein Backhauling bei der Kommunikation mit der Cloud zu vermeiden. Stattdessen wird zum Beispiel für den Zugriff auf Office 365 von Microsoft empfohlen, den Internetzugriff möglichst am User-Standort vorzusehen. Dies würde mehrere dezentrale Internetzugänge statt eines zentralen Internetzugangs bedeuten.
Dr. Behrooz Moayeri
ComConsultWindows 7 ist tot, es lebe Windows 10. Stimmt leider nicht!
Nach wie vor ist Windows 7 auf circa 25 % aller Desktops weltweit in Betrieb. Und der Großteil dieser Installationen dürfte auf den kostenpflichtigen Extended-Security-Updates-Support von Microsoft „verzichten“. Die Risiken für die Unternehmen, die Windows 7 weiterhin betreiben, sind jedoch hoch, es drohen vermehrt Angriffe auf die ungeschützten Systeme und im Schadensfall sogar zusätzliche finanzielle Risiken wegen Verstoßes gegen die DSGVO, Compliance-Regeln, Versicherungsbedingungen oder Schadensersatzansprüche, wenn eigene Systeme genutzt werden, um Dritten Schaden zuzufügen. Woher kommt dieses Festhalten an veralteter, hochgradig gefährlicher Software? Wie bekommt man den „Never touch a running system“-Unsinn aus den Köpfen von Administratoren und IT-Verantwortlichen?
Microsoft geht mit Windows 10 ja mittlerweile wie Apple den Weg, regelmäßige Betriebssystem-Updates auszurollen. Wie kann dieses Konzept „Windows as a Service“ in der Praxis umgesetzt werden und was bedeutet es für Unternehmen?
Cornelius Höchel-Winter
ComConsultDistributed Cloud: Erobern Hyperscaler unsere RZs?
Ein Gespenst geht um: Distributed Cloud. Gemeint sind Ansätze wie AWS Outposts und Azure Stack. Wie sehen diese Ansätze aus? Was bedeutet Distributed Cloud?
Bei Distributed Cloud wird eine Public Cloud um Lokationen in den Rechenzentren (RZs) der Kunden erweitert. Die Steuerung und das Management des Gesamtkonstrukts bleiben beim Cloud-Betreiber. Der Ansatz stößt auf große Aufmerksamkeit. Gartner geht im Dokument „Top 10 Strategic Technology Trends for 2020“ so weit, Distributed Cloud zu den 10 wichtigsten technologischen Trends des Jahres zu zählen (Quelle: Gartner, Inc.: Top 10 Strategic Technology Trends for 2020, 21.10.2019).
Dr. Behrooz Moayeri
ComConsultDie Kunst des Schwachstellenmanagements
Manche Schwachstellen und damit verbundene Sicherheitsvorfälle sind spannend wie ein Krimi und wahre Lehrstücke, um die Herausforderungen der operativen Informationssicherheit in den Netzen der modernen IT zu illustrieren.
Am 17. Dezember 2019 ist für die Produkte Citrix Gateway und Citrix Application Delivery Controller (ADC) des Herstellers Citrix eine sehr unangenehme Schwachstelle gemeldet worden [1]. Es war praktisch ein Klassiker: Durch speziell präparierte Anfragen per HTTP/HTTPS an die auf den Komponenten laufende Web-Anwendung kann ein Angreifer auf interne Verzeichnisse der Systeme zugreifen und so z.B. eigenen (Schad-)Code ausführen.
Dr. Simon Hoff
ComConsultDistributed Cloud: Erobern Hyperscaler unsere RZs?
Fortsetzung
Wenn der Ansatz auf Akzeptanz stößt, bedeutet er nicht weniger als ein Vordringen der Hyperscaler in die RZs ihrer Kunden. Das kann nur auf Kosten der traditionellen Ausrüster im RZ gehen. Es stellt sich die Frage, ob die Hyperscaler dabei sind, unsere RZs zu erobern. Wenn das so kommt, steht uns eine grundlegende Änderung des Marktes für RZ-Produkte und zugehörige Dienstleistungen bevor. Allein die Möglichkeit eines solchen Wandels ist Motivation genug, sich mit dem Ansatz zu beschäftigen.
Beispiel AWS Outposts
Um den Ansatz Distributed Cloud zu verstehen, schauen wir uns ein Beispiel an, nämlich AWS Outposts. Seit wenigen Monaten hat AWS Outposts den Status General Availability (GA) erreicht.
Laut Amazon handelt es sich bei AWS Outposts um einen „vollständig verwalteten Service“ [1]. Es gibt keine Einschränkung für Orte, in denen Outposts eingesetzt werden können. Diese Orte können Co-Locations, aber auch private RZs sein. Warum sollte ein Kunde AWS Outposts kaufen? Die Motivation kann technisch oder politisch-strategisch sein. Technisch kann mit der Ausdehnung der Cloud eine Reduzierung der Latenz zwischen dem Kunden und der Cloud-Ressourcen erreicht werden. Zum Beispiel kann damit das produzierende Gewerbe industrielle Steuerung mit hohen Anforderungen an die Echtzeitfähigkeit der Anwendungen in der Distributed Cloud betreiben. Politisch-strategische Motivation für die Nutzung der Distributed Cloud liegt zum Beispiel dann vor, wenn man aus regulatorischen Gründen die Datenverarbeitung und -speicherung auf eigene Liegenschaften beschränken will. Man muss jedoch bedenken, dass die Gesetzgebung der USA für US-amerikanische Unternehmen weiterhin gilt. Das trifft auch auf das Gesetz namens Clarifying Lawful Overseas Use of Data Act (kurz CLOUD Act) zu. Laut diesem Gesetz müssen Unternehmen mit Sitz in den USA den Zugriff US-amerikanischer Behörden auf die von diesen Unternehmen verwalteten Systeme ermöglichen. Für die US-Gesetzgebung ist unerheblich, wo sich diese Systeme befinden.
Zurück zu AWS Outposts: Laut Amazon bietet Outposts die gleiche Hardware, Services, APIs und Tools wie unter AWS bekannt. Originalton Amazon: „Ihre Outposts-Infrastruktur und AWS-Services werden genau wie in der Cloud von AWS verwaltet, überwacht und aktualisiert.“ [2]
Outposts sind nach Amazon-Angaben mit der nächstgelegenen AWS-Region verbunden. Diese Verbindung ist Voraussetzung für die Funktionalität von Outposts. Daher empfiehlt Amazon, die Verbindung zwischen Outposts und der nächstgelegenen AWS-Region hochverfügbar auszulegen.
Bei der Outposts-Lösung, die jetzt den GA-Status erreicht hat, handelt es sich um die „native“ Variante mit demselben Stack wie unter AWS bekannt. Eine zweite Variante von Outposts soll in 2020 folgen. Diese zweite Option basiert auf dem Software-Defined Data Center (SDDC) von VMware.
Outposts ist ausschließlich auf Hardware verfügbar, die von Amazon spezifiziert ist und in Racks einschließlich Top-of-the-Rack-Switches geliefert wird.
Auf AWS Outposts verfügbare Dienste
Bereits jetzt sind einige von der AWS-Cloud bekannte Dienste wie Server (EC2), Block-Speicher (EBS), Kubernetes (EKS) und Datenbanken (Amazon RDS) auch auf AWS Outposts verfügbar. Lokale Objektspeicher (S3) werden im Laufe des Jahres 2020 folgen.
Kunden können ihre Virtual Private Clouds (VPCs) bis zu ihren eigenen Rechenzentren erweitern. In der jeweiligen AWS-Region verfügbare Dienste stehen auch den Ressourcen in der Cloud-Erweiterung zur Verfügung.
Microsoft Azure Stack
Das Microsoft-Angebot für Distributed Cloud heißt Azure Stack. Wie bei AWS Outposts ermöglich Microsoft mit Azure Stack die Nutzung von Diensten, die unter Azure verfügbar sind, in der Cloud-Erweiterung bis zum Kundenstandort.
Eine Besonderheit von Azure Stack besteht darin, dass eine Lösung auf der Basis von Azure Stack mit der Public Cloud verbunden sein kann, aber nicht muss.
Das Portfolio von Azure Stack umfasst die folgenden Lösungen [3]:
- Azure Stack Edge (früher: Azure Data Box Edge): Hierbei handelt es sich um eine Appliance, die Verarbeitung und Speicherung von Daten im Sinne von Edge Computing unterstützt. Vorgesehen für die Ausführung auf Azure Stack Edge sind die Services virtuelle Computer, Kubernetes-Cluster, NVIDIA-GPU-Unterstützung und Unterstützung von Hochverfügbarkeit. Auch eine akkubetriebene Ausführung der Appliance war zum Zeitpunkt der Verfassung dieser Zeilen angekündigt.
- Azure Stack HCI: Diese Lösung ist eine Hyper-Converged Infrastructure auf der Basis von zwei Knoten. Sie kann in verschiedenen Ausführungen zum Beispiel für virtuelle Desktops und Microsoft-SQL-Dienste eingesetzt werden. Technisch ist Azure Stack HCI ein Windows Server 2019 Cluster.
- Azure Stack Hub: Das ist die Bezeichnung für eine Rack-integrierte Lösung, die die Möglichkeit bietet, Apps in einer lokalen Umgebung auszuführen und Azure-Dienste im eigenen Rechenzentrum bereitzustellen.
Ist Distributed Cloud die Zukunft von Hybrid Cloud?
Zumindest im ComConsult-Kundenkreis ist zu beobachten, dass sich die meisten Unternehmen am Modell Hybrid Cloud orientieren. Einerseits wird Cloud-Computing von fast jedem Unternehmen genutzt. Andererseits kann kaum ein mittleres bis großes Unternehmen kurzfristig auf ein eigenes RZ verzichten. Einige Gründe hierfür sind wie folgt:
- Viele IT-Anwendungen haben einen langen Lebenszyklus. Es gibt zahlreiche Applikationen, die noch einige Jahre genutzt werden sollen. Zumindest für einen Teil dieser Applikationen ist die Verlagerung in die Cloud technisch nicht möglich, nicht sinnvoll oder nicht wirtschaftlich. Solange solche Applikationen genutzt werden, verbleiben sie im eigenen RZ.
- Die Cloud ist bisher weit entfernt von den physischen Kundenlokationen, in denen zum Beispiel Güter industriell produziert werden. Die Digitalisierung der Produktion war schon vor der Cloud Wirklichkeit. Industrielle Steuerung und Regelung ist auf kurze Latenzen angewiesen. Wenn die Ressourcen dafür in der Cloud sind, werden die Anforderungen an die Echtzeitfähigkeit der industriellen Anwendungen unter Umständen nicht erfüllt.
- Es gibt weiterhin Bedenken gegen die Public Clouds, insbesondere was Datensicherheit und Datenschutz betrifft.
Distributed Cloud ist die Reaktion der Cloud-Provider auf die oben genannten Umstände. Mit der Distributed Cloud wandern die Cloud-Ressourcen näher zu den Umgebungen und Dingen, die mit der Cloud interagieren sollen. Damit wird die Cloud echtzeitfähig bzw. die Echtzeitanwendungen Cloud-fähig.
Aber Distributed Cloud löst nicht alle Probleme, die bisher Cloud-Computing Grenzen gesetzt haben. Eine Anwendung, die aufgrund ihrer Architektur bisher nicht Cloud-fähig war, wird es auch mit der Distributed Cloud nicht werden. Die Cloud-Provider orientieren sich nun mal stark an Internetstandards. Internetstandards für Anwendungen sind vor allem das Internet Protocol (IP) und das Web Interface. Weicht eine Anwendung von diesen Standards ab, gelten für diese Anwendung viele der Vorteile der Cloud nicht.
Ein weiteres Problem ist das Betreibermodell. Regularien und Vorgaben gibt es nicht nur bezüglich des Standorts, an dem Daten verarbeitet und gespeichert werden. Selbst wenn Distributed Cloud die Verarbeitung und Speicherung von Daten von den Provider-RZs in die Kunden-RZs verlagert, stellt sich die Frage, wer die Ressourcen in der Distributed Cloud verwaltet, auf sie Zugriff hat und eventuell verpflichtet ist, Dritten (d.h. vor allem ausländischen Staaten) Zugang zu den Daten und Ressourcen in der Distributed Cloud zu gewähren.
Nun könnten die Cloud-Provider auf die Idee kommen, die Cloud-Technologie auch entkoppelt vom zentralen Betreibermodell intensiv zu vermarkten. Spätestens dann wird der Markt für Server, Speicher, Netz- und Sicherheitskomponenten, Virtualisierung und Management von Rechenzentren neu aufgemischt.
Verweise
[1] https://aws.amazon.com/de/outposts/
[2] Ebd.
[3] https://azure.microsoft.com/de-de/blog/expanding-the-azure-stack-portfolio-to-run-hybrid-applications-across-the-cloud-datacenter-and-the-edge/
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