Der Netzwerk Insider März 2020
Gefährdet die Dominanz US-amerikanischer Softwarehersteller die Handlungsspielräume deutscher Behörden und Unternehmen?
Der Softwaremarkt wird in weiten Bereichen nicht gerade von großer Vielfalt bestimmt. Ob bei Betriebssystemen, Bürosoftware, Virtualisierungsprodukten oder Datenbanken, in allen wichtigen IT-Bereichen wird er von zwei, maximal drei Herstellern geprägt, nicht selten dominiert sogar nur ein einziger. Und praktisch immer handelt es sich um US-amerikanische Firmen.
Bei vielen deutschen und europäischen Unternehmen und Behörden stellt sich angesichts dieser eingeschränkten Auswahl ein deutliches Unbehagen ein – ein Unbehagen, welches durch das protektionistische America-First-Gehabe der Trump-Administration und deren eigenwilligen Umgang mit internationalen Verträgen und Gepflogenheiten verständlicherweise erst richtig angeheizt wird.
Cube Berlin – Erfahrungs- und Projektbericht – Teil 1
Der Cube in Berlin, entworfen von 3XN, gelegen in prominenter Lage direkt am Hauptbahnhof, wurde am 18. Februar eröffnet und wird im März den zukünftigen Nutzern übergeben. Dann beginnen der finale Innenausbau und die kommerzielle Nutzung der Flächen.
Bereits seit Jahren gibt es im Vorfeld eine umfangreiche Berichterstattung über das Gebäude. Aufgrund der sehr ungewöhnlichen Architektur und der verbauten Sensorik und Gebäudesteuerung per App war das mediale Interesse in den vergangenen Jahren stets groß und nahm in den letzten Monaten noch einmal deutlich zu. Die Erwartung war ein näher am Bedarf des Nutzers orientiertes Gebäude und die Gewinnung sinnvoller Daten zur Gebäudenutzung. Nur wenn man weiß, wie ein Gebäude wirklich genutzt wird, kann man die Prozesse dahinter optimieren. Und man erhofft sich aus den Daten dieses Gebäudes auch, zumindest teilweise, Rückschlüsse auf andere Gebäude ziehen zu können.
Thomas Steil
ComConsultDie verkannte Größe: Paketrate
Eine seit Jahrzehnten bekannte, aber manchmal verkannte Größe bleibt relevant, bzw. wird unter den Bedingungen der Digitalisierung und im Internet of Things (IoT) noch relevanter. Die Rede ist von der Paketrate. Sie gibt an, wie viele Pakete pro Sekunde über eine bestimmte Komponente übertragen werden können. Die Relevanz ist darin begründet, dass Pakete in IP- und Ethernet-Netzen unterschiedlich lang sein können. Nutzt man vor allem kurze Pakete, wie es bei IoT meistens der Fall ist, kann es sein, dass man viel früher an die Grenzen der Leistungsfähigkeit von Netzkomponenten stößt als man denkt.
Dr. Behrooz Moayeri
ComConsultLast- und Stresstests
Stellen Sie sich vor, es ist Neujahrsnacht und Sie möchten Ihre Liebsten anrufen. Doch das Mobilfunknetz ist überlastet. Sie kommen einfach nicht durch. Ein Horrorszenario für den Provider! Denn schließlich hängt die öffentliche Reputation eines Mobilfunk-Providers davon ab, wie gut der gebotene Service ist. Wenn Telefonie, SMS, Internetzugang ausfallen und dann auch noch am Neujahrsmorgen, weiß es spätestens am 2. Januar das ganze Land.
Dr. Joachim Wetzlar
ComConsultDie verkannte Größe: Paketrate
Fortsetzung
Bitrate
Netzlast, Durchsatz und die Leistungsfähigkeit von Schnittstellen sowie Netzkomponenten werden in der Regel in Bits pro Sekunde (Bitrate) gemessen. Zum Beispiel bezieht man von WAN-Providern Übertragungsdienste und Leitungen mit einer bestimmten Bitrate. Jahrelang war „Wire Speed“ ein Gütesiegel von Switches. Wire Speed bedeutet, die Switching-Kapazität entspricht mindestens der Summe sämtlichen Verkehrs, der über die Netzschnittstellen des Switches übertragen werden kann. Hat ein Switch 10 Schnittstellen à 100 Gbit/s, muss der Switch maximal 1 Tbit/s übertragen, wenn gleichzeitig an jeder Schnittstelle 100 Gbit/s empfangen und gesendet werden. Da eine Informationsquelle immer eine Senke braucht, muss man einfach 100 Gbit/s mit der Zahl 10 multiplizieren, um auf die mindestens erforderliche Switching-Kapazität zu kommen.
Anders sieht die Rechnung aus, wenn eine potenzielle Überbuchung vorliegt. Das ist der typische Fall bei sogenannten Uplinks. Geht man davon aus, dass das Gros des Verkehrs über den Uplink übertragen werden muss, reicht es, wenn die Übertragungskapazität der Netzkomponente mindestens dem maximalen Durchsatz des Uplinks entspricht. Wenn der Uplink die Schnittstelle 1 Gbit/s im meist verbreiteten Modus Vollduplex nutzt, können gleichzeitig maximal 1 Gbit/s empfangen und gesendet werden, in der Summe daher 2 Gbit/s. Die den Uplink bedienende Komponente muss daher eine Mindestübertragungsrate von 2 Gbit/s unterstützen.
In den letzten Jahren sind Hersteller von Netzkomponenten auf eine neue Geschäftsidee gekommen. Dieselbe Hardware kann mit unterschiedlichen Lizenzen beschafft werden. Die vom Gerät unterstützte Bitrate ist von der beschafften Performance-Lizenz abhängig. Der Käufer kann die Hardware mit einer relativ preiswerten Lizenz für eine niedrige Bitrate beschaffen und später für mehr Übertragungskapazität die teurere Lizenz nachkaufen. Üblich ist dieses Modell zum Beispiel bei WAN-Routern. Der Provider dimensioniert die darauf eingesetzten Lizenzen entsprechend der vom Kunden gemieteten Übertragungsleistung. Eine spätere Nachrüstung mit einer anderen Lizenz für eine höhere Bitrate erfordert keinen Hardware-Tausch und kann von Ferne durchgeführt werden.
Wie sind die Werte zu verstehen?
Zwei Probleme können bei der Dimensionierung der Übertragungskapazität von Netzkomponenten entstehen:
- Das erste Problem ist ein triviales. In der Regel meint ein Hersteller die Angabe der Übertragungskapazität wörtlich. Das bedeutet, eine für die Übertragung von 500 Mbit/s spezifizierte Kombination aus Hardware und Software kann 1 Gbit/s übertragen. Es ist dabei unerheblich, von welchem Port zu welchem Port die Daten übertragen werden. Das bedeutet: Die Übertragungsleistung dieser Komponente reicht nicht aus, um einen Uplink, zum Beispiel eine WAN-Leitung, mit der Bitrate 1 Gbit/s zu bedienen. Denn der Uplink bzw. die Leitung arbeitet fast immer im Modus Vollduplex. Darüber können also in der Summe 2 Gbit/s übertragen werden. Resultierende Regel zum Beispiel bei WAN-Routern: Beträgt die Bitrate der WAN-Leitung den Wert x, braucht man einen WAN-Router mit der Übertragungskapazität 2x.
- Das zweite Problem hat damit zu tun, wie der Hersteller die Obergrenze der Übertragungsleistung gemessen bzw. implementiert hat. Bekanntlich können über das zurzeit im LAN und WAN dominierende Ethernet Pakete oder besser Frames (Rahmen) unterschiedlicher Länge übertragen werden. Sieht man von der Möglichkeit der Aktivierung von Jumbo Frames sowie vom Layer-2-Overhead ab, kann ein Frame zwischen 46 und 1500 Bytes aufnehmen. Rechnet man allerlei Layer-2-Header wie Präambel, Adressen, VLAN-Tag, Prüfsumme hinzu, ergeben sich 84 Bytes als Unter- und 1542 Bytes als Obergrenze der Frame-Länge. Ein Router kann ca. 80.000 Frames der Länge 1542 Bytes übertragen und damit knapp 1 Gbit/s Durchsatz aufweisen. Aber um denselben Durchsatz mit Frames der Minimallänge zu erreichen, muss derselbe Router knapp 1,5 Millionen Pakete pro Sekunde übertragen können.
Warum ist die Paketrate wichtig?
Neben der Betrachtung des Durchsatzes in Bits pro Sekunde ist die Paketrate vor allem aus zwei Gründen wichtig:
- Erstens erfordert Paketübertragung bei Ethernet und IP immer eine Verarbeitung pro Paket. Jedes Paket muss unabhängig von anderen untersucht und anhand der Header-Informationen, vor allem der Adressen, weitergeleitet werden. Die Instanz, die jedes Paket untersuchen muss, hat eine bestimmte Leistungsfähigkeit. Wenn die Hardware, also ein Chip, diese Verarbeitung übernimmt, ist in der Regel von keinem Engpass wegen der Paketverarbeitung auszugehen. Viele Switch-Hersteller setzen Chips derselben Baureihe ein, zum Beispiel vom Hersteller Broadcom. Solche Switches haben x Ports mit der Bitrate 10 Gbit/s und sind dazu in der Lage, auch Kleinstpakete mit Wire Speed über alle Ports zu übertragen. Ist aber die Software und damit ein Prozessor involviert, sieht die Sache anders aus. Das kann bei WAN-Routern der Fall sein. Dann ist entscheidend, wie viele Pakete pro Sekunde der oder die Prozessoren verarbeiten können. Bei Kleinstpaketen kann sich dann eine viel niedrigere Bitrate ergeben als die nominelle Leistungsfähigkeit der jeweiligen Kombination aus Hardware und Software.
- Zweitens ist fast überall das Internet of Things (IoT) zu berücksichtigen. Die Dinge, die mit IoT zu vernetzen sind, können dazu neigen, sehr häufig kurze Nachrichten zu senden oder zu empfangen. Wenn die IoT-Revolution eintritt, werden wir es mit einer viel höheren Anzahl von Sendern und Empfängern zu tun haben als heute. Stellen Sie sich ein Gebäude mit 10.000 Sensoren vor, die jeweils einmal in der Sekunde eine Nachricht senden, welche dann als Paket über das IP-Netz übertragen werden muss. Damit sind wir schon bei einer Rate von 10.000 pps (Paket pro Sekunde). Zumindest einige WAN-Router haben mit einer solchen Paketrate ihre Schwierigkeiten.
Was ist zu tun?
Die Relevanz der Paketrate wird zumindest teilweise verkannt. Dabei wird diese Größe seit Jahrzehnten betrachtet. Im Request for Comment (RFC) Nummer 2544 vom Jahr 1999 wird auf die Notwendigkeit von Leistungsmessungen mit verschiedenen Frame-Längen zumindest hingewiesen. Üblich sind Messungen unter Anwendungen des sogenannten IMIX (Internet Mix), d.h. einer Mischung von Paketen unterschiedlicher Länge, die der Häufigkeit solcher Pakete im Internet entsprechen. Es gibt Lastgeneratoren, mit denen ein solch gemischter Verkehr gesendet werden kann. Dabei kann man die Anteile von Paketen verschiedener Länge frei konfigurieren.
Es ist zu empfehlen, sich nicht ausschließlich auf Herstellerangaben zu verlassen. Zumindest sind die Messergebnisse unabhängiger Institute zurate zu ziehen. Fehlen solche Angaben, sind eigene Messungen erforderlich. Der Aufwand ist dank erschwinglicher Lastgeneratoren nicht sehr hoch, zumindest wenn Bitraten bis 1 Gbit/s zu untersuchen sind. Lastgeneratoren für höhere Bitraten wie 100 Gbit/s sind deutlich teurer als die in der Regel portablen Geräte, mit denen man Last bis 1 Gbit/s simulieren kann.
Ihr
Dr. Behrooz Moayeri
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