aus Netzwerk Insider Ausgabe Oktober 2018
Haben wir bis vor wenigen Jahren unseren Focus rein auf Telefonie Dienste und Call Center Anwendungen richten müssen, so haben sich in den letzten vier bis fünf Jahren eine Vielzahl weiterer Kommunikationskanäle dazu gesellt oder drohen wegzubrechen.
Video- und Webkonferenzen am Arbeitsplatz, Präsenzdienste zur Auswahl des besten Kommunikationsweges, Chat zur Ablösung von E-Mail für die internen Kommunikation, die Unzuverlässigkeit von Fax aufgrund der Einführung von VoIP und SIP in den öffentlichen Telefonnetzen und jetzt kommt zu allem Überfluss auch noch die vernetzte Kommunikation über Unternehmensgrenzen hinweg dazu und das auch noch auf Basis von Clouddiensten aus dem Internet.
Muss das denn jetzt wirklich sein?
Darauf eine Antwort zu finden ist kein einfaches Unterfangen. Ein einfaches Ja oder Nein wird es hierbei nicht geben, dazu sind die Gegebenheiten von Arbeitsplatz und Kommunikationsverhalten des einzelnen Mitarbeiters zu komplex.
Schaut man jedoch auf den derzeitigen Stand der Implementierung von UCC Lösungen, so erfährt man seitens der etablierten TK-Lösungshersteller, dass viele Kunden die Einführung der neuen Technologien eher halbherzig umgesetzt haben.
Sei es, dass diese eingeführt wurden ohne sie in die vorhandenen Arbeitsprozesse einzubeziehen, also nach dem Motto: “Ach übrigens, wir können jetzt auch chatten und haben Präsenz“, oder aber die Mitarbeiter wurden mit den neuen Lösungen alleine gelassen, was dann meist zur einer Verweigerungshaltung führt nach der Devise: „Was soll das denn bitte schön bringen?“.
Das bedeutet jedoch im Umkehrschluss, dass man zunächst schauen muss, wie sich Arbeitsprozesse für den Mitarbeiter effizienter gestalten lassen durch die Einführung einer solchen neuen technischen Lösung.
Wer diesen Schritt ausklammert, dem bringen UCC Lösungen keinen signifikanten Mehrwert.
Im Zentrum all unserer Bemühungen muss also immer der Mitarbeiter stehen, dem wir es ermöglichen müssen, durch den Einsatz technischer Hilfsmittel seine Arbeit einfacher, ohne zusätzliche Aufwände, verrichten zu können.
Der Mitarbeiter muss erfahren und erkennen können, dass es für ihn einfacher wird. Sollte dieser Effekt ausbleiben, wird eine solche Lösung nicht angenommen werden.
Dies setzt aber auch voraus, dass es administrative und klare Vorgaben geben muss, wie die einzelnen Bausteine einer Kommunikationslösung eingesetzt werden sollen. Wie so etwas aussehen könnte haben wir bei der ComConsult Research einmal exemplarisch umgesetzt:
- Um die überbordende Anzahl von E-Mails einzudämmen, wird für die interne Kommunikation vorgegeben, ein Chat-Tool zu verwenden. Das hat zur Folge, dass E-Mail nur noch für die Kommunikation mit Externen und Kunden eingesetzt wird.
- Telefonkonferenzen werden durch Webkonferenzen abgelöst, was zu schnelleren und effizienteren Entscheidungen führt, da in solchen Situationen durch Bildschirm- und Dokumentenfreigabe zusätzliche Informationen im richtigen Kontext schnell eingebunden werden können.
- Ein Cloud Kollaborationsdienst wird für Unternehmens übergreifende Projektarbeiten eingeführt. Dies hat zur Folge, dass Dokumente, Chatbeiträge und Videokonferenzen zentral auf einer Plattform allen Projektbeteiligten jederzeit in aktueller Form zur Verfügung stehen.
Allein diese drei simplen Vorgaben müssen natürlich auch beherzigt werden. Dies bedeutete in unserem Fall, dass zum Beispiel in einer Anfangsphase Antworten auf interne E-Mails als Chatbeiträge beantwortet und dass nach Ablauf dieser Phase interne E-Mails nicht mehr beachtet werden, um eine Nutzung des Chats zu erzwingen.
Dies soll jedoch nicht bedeuten, dass wir die E-Mail abgeschafft hätten, wir haben aber ihren Einsatzbereich stark eingegrenzt, indem wir sie nur noch zur Kommunikation mit Externen nutzen.
Dies bringt auf den ersten Blick keinen nennenswerten Vorteil, da ja weiterhin Textnachrichten versendet werden. Jedoch stellen sich bei genauerer Betrachtung zwei signifikante Vorteile heraus.
- Zum einen wird der Posteingang von E-Mails befreit, die von ihrer Natur her sowieso Kurznachrichten sind. Zum Beispiel: „Ich geh in die Kantine. Soll ich was mitbringen?“ Oder, „Bin beim Arzt, komme eine halbe Stunde später“.
- Interne Kommunikation ist klar von der Kundenkommunikation getrennt, was eine stärkere Fokussierung bei der Nutzung der Tools erzwingt. Dies bedeutet für den Kunden: E-Mails gehen nicht mehr so schnell verloren oder werden nicht so einfach überlesen. und für die interne Kommunikation heißt das, dass Themen spezifisch organisiert werden können und somit Informationen nicht verloren gehen bzw. immer wieder für alle leicht auffindbar sind.
Dieses einfache Beispiel zeigt, dass durch klare, einfache Regeln das Kommunikationsverhalten optimiert werden kann und gleichzeitig der Anwender im Mittelpunkt steht, da es ihm nun leichter fällt, Ordnung zu halten und seine Arbeitsabläufe vereinfacht werden durch die Einführung getrennter Strukturen.
Was aber bitte ist jetzt daran neu und wieso benötige ich dafür eine Cloud Lösung außerhalb meines Hoheitsbereiches?
Zunächst einmal ist der Einwand durchaus berechtigt. Sieht man sich mein genanntes Beispiel im Detail an, so können schon heute in der Praxis verfügbare UCC Umgebungen diese Funktion ohne Einschränkungen umsetzen.
Betrachten wir jedoch den Punkt Unternehmens-übergreifende Projekte, wird es mit lokal betriebenen UCC Lösungen schon ein wenig komplizierter. Da ist zum einen die Frage: wie kann ich einen externen Teilnehmer in mein Projektteam einbinden? Denn diese Frage wirft eine Reihe offener Punkte auf, die sich unter anderem in den folgenden Themenbereichen manifestieren:
- Wie erfolgt die Rechtevergabe über das Benutzerverzeichnis?
- Was benötige ich für die Bereitstellung und den Rollout eines UCC Clients auf einem fremden Endsystem?
- Benötige ich Rufnummern für externe Projektmitarbeiter?
- Welche Firewall Policy oder NAC Vorgabe wird benötigt, um Externen Zugriff auf interne Ressourcen zu gestatten?
- Gibt es ausreichende Lizenzen zur Nutzung der UCC Lösung auch für Dritte?
Diese Punkte sind nur ein kleiner Auszug aus den Fragen, die sich aus einer solchen Diskussion heraus ergeben.
Aus diesen Fragen, aber auch aufgrund des Umstandes, dass moderne UCC Lösungen eine komplexe Mischung aus Server, Netzwerk und UCC Anwendungswissen erfordern, haben sich am Markt in den letzten drei Jahren eine Reihe von Lösungen etabliert, die diese Komplexität dem Kunden abnehmen und als Clouddienst offerieren. Die bekanntesten Vertreter dieser Cloudservices sind:
- WebEx Teams (ehemals Spark) von Cisco
- Circuit von Unify
- Rainbow von Alcatel Lucent
- Teams von Microsoft
- Avaya Spaces
- Mitel MiCollab
- oder Slack
Allen Lösungen gemein ist der Umstand, dass sie von ihren Herstellern in vielen Fällen als rein öffentlicher Cloudservice angeboten werden und nur selten als lokale Installation.
Darüber hinaus zeigen sie aber auch eine Reihe technischer Gemeinsamkeiten. So stellen alle genannten Produkte nur geringe Anforderungen an den Client bzw. das einzubindende Endgerät, da technisch gesehen alle Plattformen auf Webtechnologien aufsetzen und der Clientzugang ganz einfach über einen Browser erfolgen kann.
Der grundlegende Mechanismus beruht dabei auf dem Einsatz von WebRTC, welches heute von allen modernen Browsern von Chrome über Firefox bis hin zu Edge unterstützt wird.
Eine weitere Gemeinsamkeit erkennt man in der klaren Fokussierung auf den Bereich der Team Kommunikation. Das fällt um so mehr auf, da alle Lösungen bis auf Microsoft Teams das Thema Telefonie und Leistungsmerkmale aktuell eher stiefmütterlich behandeln, bzw. die Plattformen selber sich nicht als eine neue Art von Telefonanlage vermarktet werden sollen. Das ist aus Sicht von Anbietern wie Cisco, Alcatel, Mitel, Avaya oder Unify durchaus berechtigt, da diese alle eine hochwertige TK-Lösung im Portfolio haben und jetzt nur eine passende Ergänzung für die Team-Kollaboration anbieten möchten.
Die Situation bei Microsoft ist hingegen ein etwas andere. Zwar hat man mit Skype for Business auch hier eine TK Plattform entwickelt, jedoch ist man sich der Situation durchaus bewusst, dass deren Marktdurchdringung nicht so hoch ist wie die der etablierten Platzhirsche. Also wählt man einen anderen Weg und offeriert die TK-Lösung jetzt als integralen Bestandteil des Office 365 Portfolios.
Diese Entwicklung wird im Falle von Microsoft dazu führen, dass mittelfristig die bisherige lokale Installation von SfB durch eine rein cloudbasierte Lösung ersetzt werden wird. Wer also heute Skype for Business lokal betreibt, muss davon ausgehen, dass diese Lösung nur eine sehr begrenzte Laufzeit haben wird. Wir gehen nach Aussagen von Microsoft aktuell davon aus, dass die lokale Bereitstellung nur noch bis 2025 offiziell unterstützt wird, es jedoch ohne weiteres möglich sein wird, eine Migration in Richtung der Office365 Cloud zu vollführen.
Diese Vorgehensweise von Microsoft stellt aber ein grundlegendes Problem für die klassischen TK Anbieter dar, da viele Kunden, die ihre Office Produkte auf Office365 umstellen, oftmals eine Telefonlösung jetzt on Top gratis dazu erhalten. Warum dann noch die alte Lösung mit den damit verbundenen Kosten weiterbetreiben?
Diese Überlegungen führen dazu, dass auch die klassischen Anbieter ihre TK-Lösungen als Cloudservice vermarkten müssen, um Microsoft hier Paroli zu bieten, wie das Beispiel Unify OpenScape Cloud deutlich zeigt.
Allerdings sind alle klassischen TK Anbieter in der verzwickten Lage, das sie sich – im Gegensatz zu Microsoft – irgendwann einmal entschieden haben, die Masse des Geschäftes mit den Endkunden über Partner und Reseller abzuwickeln. Dieser indirekte Vertrieb fällt ihnen jetzt auf die Füße, da sie nun feststellen müssen keinen direkten Kundenzugang zu haben.
Der Kunde ist Kunde des Partners, nicht des Herstellers.
Daher streben viele klassische Anbieter weiterhin eine Kooperation mit ihren bisherigen Partnern an, die meist so aussieht, dass der Partner die TK-Plattform entweder als Cloudservice selber betreibt oder aber als Reseller spezielle Bundles dem Kunden anbietet kann, die zum Beispiel auch den Zugang zum öffentlichen Telefonnetz über spezielle Carrier SIP-Trunks beinhalten. Dies führt aus Sicht der etablierten Hersteller zu dem durchaus angenehmen Umstand, nicht selber eine Carrierlizenz zu erwerben, um einen öffentlichen Telefondienst anbieten zu können.
Ganz im Gegensatz zu Microsoft, die genau diesen Status weltweit in allen relevanten Märkten anstreben.
Nun ist dem Autor dieser Zeilen nur zu bewusst, dass die Einführung von Team Kollaborations Lösungen nicht flächendeckend in allen Umgebungen möglich und nötig ist.
Daher habe ich mir einmal die Mühe gemacht und exemplarisch für einige Sparten eine Aufstellung erarbeitet, wer von der Einführung von modernen Kommunikationslösungen aus der Cloud profitieren könnte, aber auch berücksichtigt, wo sich durchaus Schwierigkeiten allein durch gesetzliche Vorgaben ergeben werden.
Healthcare (Krankenhaus)
Hier ergibt sich durchaus ein gemischtes Bild, was die Nutzung von Clouddiensten anbelangt.
Schauen wir auf die klassische Kommunikation des Patienten, erscheint zunächst einmal das einfache Telefon am Krankenbett als ausreichende Lösung. Allerdings verändern sich auch hier die Ansprüche. So gibt es bereits heute Anforderungen, dass durch eine App auf dem eigenen Smartphone oder über einen Bildschirm direkt am Krankenbett Mehrwertdienste erbracht werden sollen.
- Ruf des Pflegedienstes
- Speiseplan mit Auswahl der Mahlzeiten speziell abgestimmt auf den Patienten
- Informationen über Veranstaltungen
- Terminkalender für Reha Maßnahmen, Untersuchungen usw.
Aber auch das medizinische Personal profitiert von Cloud basierenden Team-Lösungen:
- Elektronische Krankenakte
- Online Überwachung und Erfassung von Patientendaten (Puls, Blutdruck usw.)
- Direkter Austausch von Daten aus bildgebenden Verfahren (MRT, Röntgenbilder, Ultraschall, Endoskopie usw.)
Dem gegenüber stehen aber auch die gesetzlichen Anforderungen an einen lokalen Übergang zum öffentlichen Telefonnetz und der Schutz von persönlichen Daten, so dass eine reine Public Cloudlösung hier nicht zum Tragen kommen kann und ein Minimum an TK Infrastruktur immer vor Ort betrieben werden muss.
Hospitality (Hotel)
Auch hier gibt es auf den ersten Blick kaum eine Notwendigkeit für Cloudservices. Das Zimmertelefon wird heute kaum noch genutzt und wenn doch, dann eher für Dinge wie:
- Weckdienst
- Zimmerservice
- Concierge Dienste
Dies sind Services, die keine besonderen Anforderungen an die Kommunikation stellen. Konsequenterweise verzichten daher auch die ersten Hotelketten bewusst auf ein Telefon im Hotelzimmer, Was zur Folge hat, dass kein Sternerating durch die DeHoGa erfolgt. Ist dies schlimm? Sicher nicht, wie man am Beispiel von Motel One unzweifelhaft erkennen kann. Denn auch ohne Sterne Rating stimmt hier das Preis-Leistungsverhältnis. Und wer sich schon immer mal gefragt hat, wie ein Hotel seine Sterne erhält und wie oft dies überprüft wird, der kommt schnell zu der Erkenntnis, dass eine DeHoGa Klassifizierung keine wirkliche Aussagekraft hat.
Aber auch hier ändern sich die Ansprüche. In Hotels der gehobenen Kategorie werden sehr wohl erweiterte Dienste eingefordert. So soll die Kommunikation mit der Rezeption auch mittels Video möglich sein oder andere Services direkt über eine Kommunikationseinheit zur Verfügung gestellt werden:
- Hinweise zu Veranstaltungen während des Aufenthalts und Bestellung von Eintrittskarten
- Bestellung von Speisen und Getränken aufs Zimmer über eine elektronische Speisekarte
- Reservierung eines Tisches im Hotel Restaurant mit interaktiver Platzauswahl
Diese Dienste lassen sich über einen zentralen Clouddienst schnell realisieren und der Gast kann über eine entsprechende Hotel-App diese Dienste direkt von seinem Smartphone oder Tablet nutzen.
Finanzen
Dass der Finanzbereich einen Mehrwert durch die Einführung von Kollaborationstools erwartet, ist da schon eher nachzuvollziehen.
Nehmen wir das Beispiel der Identitätsüberprüfung. Bisher war es doch so, dass wir bei Finanzgeschäften zunächst einmal den Gang zur Postfiliale oder zur Bank antreten mussten. In Zeiten wo Post und Banken sich aber in der Fläche zurückziehen und es immer weniger Filialen gibt und Onlinebanken einen nicht unbeachtlichen Anteil des Marktes für sich beanspruchen, braucht es effektivere Verfahren als das der Post. Hier greifen dann Cloudlösungen speziell für den Bankensektor, die es dem Kunden ermöglichen, über seine Banking App oder eines Internet Zuganges mittels Videos eine Identitätsprüfung direkt mit einem Kundenbetreuer durchzuführen.
Oder ein weiteres Beispiel: die Online Beratung. Nicht jeder von uns ist in Finanzdingen so beschlagen, dass er es mit Warren Buffett aufnehmen kann. von daher nutzen wir alle ab und an auch mal gerne den Rat eines Profis bei unserer Hausbank, wenn es um die Themen Geldanlage, Hausbau oder Versicherungen geht.
Und auch hier fällt uns der Weg in die Filiale immer schwerer aus den schon vorher genannten Gründen. Dieser Umstand macht aber auch hier den Weg frei für technische Lösungen. Webservices können diese Lücke füllen, die es dem Mitarbeiter der Bank wie aber auch dem Kunden ermöglichen, Beratungstermine online zu vereinbaren und die Kommunikation von dem Ort aus auszuführen, an dem sich der Kunde gerade befindet.
Eine Situation, die für beide Seiten einen nicht unerheblichen Mehrwert bietet:
- Der Finanzberater kann seine Termine besser steuern
- Der Kunde kann Termine unabhängig von seiner Filiale wahrnehmen
Natürlich gilt auch hier, dass nicht jede Art der Kommunikation innerhalb einer Bank mittels Cloud Services zu lösen ist. Dafür sieht der Gesetzgeber zu viele Einschränkungen vor. Sei es, dass kritische Infrastrukturen im K-Fall auch lokal weiter betrieben werden müssen oder aber, dass andere rechtliche Besonderheiten einzuhalten sind, die sich aktuell nur durch lokale Infrastrukturen realisieren lassen.
Fertigung und Produktion
Auf den ersten Blick wird man sich spontan Fragen: was soll der Mitarbeiter an der Tiefziehpresse oder der Fertigungsstraße mit einem Cloud Kollaborationstool auf seinem Smartphone anfangen? und ja, auch mir fällt es schwer, da einen Mehrwert zu erkennen, der die Arbeit einfacher und effektiver macht.
Aber ist gibt andere Einsatzszenarien, wo die Nutzung von Vorteil ist.
Viele von Ihnen kenne sicher die Augmented Reality Funktion moderner Smartphones, in der lustige, kleine Dinosaurier über den Schreibtisch laufen. Nun kann man mit AR aber auch sinnvolle Anwendungen kreieren. Nehmen wir einen Servicetechniker vor Ort, der eine Anlage warten muss, dem aber die genauen Funktionspläne nicht vorliegen oder erstmalig eine solche Installation betreut. Wäre es nicht clever, wenn dieser Techniker ein Videobild mit seinem Smartphone oder Tablet an einen Spezialisten in die Zentrale senden könnte und dieser mit Hilfe von AR wiederum dem Mitarbeiter vor Ort im Bild anzeigen könnte, welche Handlungen durchzuführen sind?
Die Vorteile sind offensichtlich
- Der Spezialist kann teure Dienstreisen einsparen und steht mehr Kollegen öfter für Ratschläge und Anweisungen zur Verfügung
- Vor Ort können auch weniger spezialisierte Fachkräfte Arbeiten und Reparaturen durchführen dank bildunterstützter Wartungs- und Reparaturanleitungen, die zusätzlich durch sprachliche Anweisungen unterstützt werden.
Dies bedeutet aber auch, dass selbst solche Bereiche wie Fertigung und Produktion punktuell von der Einführung von Team Kollaboration profitieren.
Büro und Verwaltung
Dies ist naturgemäß „das“ Einsatzfeld von Kollaboration und hier lassen sich auch in recht einfacher Art und Weise – ohne spezielle Anpassungen – die Mehrwerte einer solchen Lösung erfahren.
Nehmen wir nur den Fall, dass in einem Projektteam für einen begrenzten Zeitraum Mitarbeiter aus verschiedenen Fachabteilungen eines Unternehmens oder einer Behörde mit externen Beratern, Kunden oder Partnerfirmen zusammenarbeiten sollen.
Bisher wurden solche Situationen oft so gelöst, dass die Kommunikation auf Basis von E-Mail, Telefon- und Videokonferenzen aufgesetzt wurde. Am Beispiel der E-Mail hatte dies zur Folge, dass alle Informationen mit Bezug auf das Projekt ebenso im Posteingang des Empfängers landeten wie alle anderen Mails. Der Projektmitarbeiter sah sich also gezwungen selbst für Ordnung zu sorgen. Sei es, dass er einen entsprechenden Filter einrichten musste, der alle E-Mails mit Projektbezug automatisch in einen entsprechenden Ordner kopierte oder dass er dies händisch machte, da keine sinnvolle Filterregel zur Anwendung gebracht werden konnte.
Beim Einsatz von Kollaborationstools wird die Kommunikation jetzt in einem einzigen Werkzeug gebündelt. Statt E-Mail wird jetzt der Chat genutzt. Telefon- und Videokonferenzen werden durch Web-Architekturen ersetzt, so dass auch externe Teilnehmer ohne Probleme eingebunden werden können. Im Sinne einer Ordnung richten wir jetzt virtuelle Projekt- und Konferenzräume ein, in denen alle projektrelevanten Informationen zentral vorgehalten werden und somit für alle Teilnehmer einsehbar sind. Egal ob dies Textnachrichten, Dokumente oder aufgezeichnete Konferenzen sind.
Die Basis dafür stellt in aller Regel heute ein Clouddienst zur Verfügung. Dies bedeutet aber nicht, dass ich mit meiner gesamten Kommunikation jetzt mein Unternehmen verlassen muss. Ganz im Gegenteil, alle am Markt verfügbaren Lösungen ermöglichen ein hybrides Szenarium, also die Nutzung von lokalen Infrastrukturen wie UC & UCC Lösungen, mit cloudbasierten Kollaborationserweiterungen.
Diese gezielte Erweiterung gestattet es mir, aus meiner Sicht kritische, Infrastrukturen wie die Telefonie weiterhin selbst zu betreiben und nur die unkritischen Funktionen auszulagern, so dass auch gesetzliche Vorgaben im Zweifelsfall eingehalten werden können.
Wie man sieht, ergeben sich in den unterschiedlichsten Anwendungsgebieten Möglichkeiten zur Nutzung von Team Kollaborations-Lösungen.
Diese Situation bringt daher auch eine neue Sicht auf den Anbietermarkt mit sich. Einige Hersteller von Softswitch Lösungen wie Mitel oder Cisco haben erkannt, dass ihr bestehendes Produktportfolio nicht für die Cloud, sondern für den Enterprise Markt entwickelt wurde und haben daher strategische Produkt-Zukäufe getätigt.
Zum einen haben die Hersteller erkannt, dass eine Public Cloud nur mit einer Multi Tenancy (mandantenfähigen) Infrastruktur wirtschaftlich und sicher betrieben werden kann, denn die Alternative – eine Multi Instance Infrastruktur – wie sie nun einmal bei den meisten Enterprise Lösungen vorzufinden ist, bedeutet, dass für jeden Kunden eine eigene virtuelle Umgebung aufgebaut werden muss, was beim Betreiber der Cloud zu erhöhten Aufwänden im Betrieb dieser Lösung führt.
Bei Cisco führte dies zur Akquise von Broadsoft und bei Mitel zum Erwerb von Shoretel und Telepo. Diese Erweiterungen des Produkt Portfolios erlauben es den Herstellern jetzt, Carrier Soft-Swichtlösungen anzubieten, die es Cisco und Mitel nun ermöglichen, ein eigenes UC Cloud Produkt am Markt zu etablieren vorbei an allen Partnern und Telekommunikationsanbietern wie Telekom & Co.
Diese Zukäufe belegen, dass der Markt für lokale Installationen von UC Lösungen zukünftig immer weiter an Bedeutung verlieren wird. Dies wird zudem durch Anbieter wie Microsoft noch weiter forciert, die – wie ich eingangs erwähnt habe – sich ganz klar in Richtung Cloud positioniert haben.
Diese Entwicklung hat aber Auswirkungen auf andere Bereiche wie die Partner- und Distributoren-Landschaft. Es ist jetzt schon abzusehen, dass viele kleinere Firmen, die nicht in der Lage sind, eigene Cloud Lösungen zu betreiben, vom Markt verschwinden werden, da das Geschäft mit den lokalen Installationen immer weiter zurückgedrängt wird.
Für die kurz- bis mittelfristige Planung sehen wir seitens der ComConsult Research zunächst jedoch eine Co-Existenz von lokalen UC Lösungen und Collaboration Ergänzungen für Team- und Projektarbeiten. Langfristig jedoch wird der Markt für On Prem Lösungen dramatisch an Bedeutung verlieren und nur noch dort eingesetzt werden, wo der Gesetzgeber dies fordert, also bei Betreibern von kritischen Infrastrukturen.
Sollte Ihnen diese Prognose zu gewagt sein, so möchte ich Sie einladen, dies mit uns auf unserem diesjährigen ComConsult UC Forum vom 19.11. bis 22.11. im Van der Valk Airport Hotel Düsseldorf zu diskutieren.
Der Netzwerk Insider gehört mit seinen Produkt- und Markt-Bewertungen rund um IT-Infrastrukturen zu den führenden deutschen Technologie-Magazinen. Der Bezug des Netzwerk Insiders ist kostenlos.
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