Die Führung einiger Unternehmen möchte sich langfristig von eigenen Rechenzentren (RZs) verabschieden. An dieser Stelle möchte ich die Sinnfälligkeit dieser Entscheidung nicht infrage stellen, sondern lediglich anmerken, dass der Gedanke im Kern darin besteht, Informationstechnik (IT) künftig nur noch als fertige Produkte und Services zu beziehen.
In einigen Fällen ist in den letzten Jahren die Cloud-Umstellung relativ schnell abgelaufen. Ein Beispiel ist Unified Communications & Collaboration (UCC). Insbesondere in den letzten drei Jahren, nicht zufällig seit dem Pandemieausbruch, haben sich viele Organisationen dafür entschieden, UCC-Clouds als Treffpunkte für Echtzeitkommunikation und Datenaustausch mit eigenem Personal, Geschäftspartnern, Lieferanten und Kunden zu nutzen. In weiteren Fällen wird ein Unternehmen von einem Lieferanten, von dem man leider abhängig ist, regelrecht zur Cloud-Nutzung gedrängt. Das gilt zum Beispiel für einige Microsoft-Produkte, insbesondere für Microsoft Office, nunmehr von Microsoft bevorzugt Cloud-basierend im Rahmen von Microsoft 365 angeboten.
Die breite Nutzung von Software as a Service (SaaS) ist nicht nur auf UCC und Standard-Office-Applikationen beschränkt. Einige Unternehmen (darunter die ComConsult Akademie) nutzen für Customer Relationship Management (CRM) SaaS. Auch Enterprise Resource Management (ERP) aus der Cloud ist keine Seltenheit mehr.
Je branchen- oder gar firmenspezifischer eine Anwendung, desto weniger ist es wahrscheinlich, dass eine fertige Lösung als SaaS verfügbar ist. Deshalb nutzt die Mehrheit unserer Kunden noch OnPrem-Rechenzentren für eigene Anwendungen auf Basis von Servern, Speicher, Netz und Sicherheitskomponenten. Server sind meistens virtualisiert. Diese „Infrastruktur“ ist ebenso in einigen Clouds wie Amazon Web Services (AWS), Microsoft Azure oder Google Cloud Platform (GCP) als Infrastructure as a Service (IaaS) verfügbar. Nutzt man auch Datenbanken, Entwicklungsumgebungen und Container-Management-Tools der Clouds, wird oft von Platform as a Service (PaaS) gesprochen.
Zurück zum Manager, der lieber heute als morgen das eigene RZ durch die Cloud ersetzt sehen will: Oft geht die Cloud-Umstellung solchen Entscheidungsträgern nicht schnell genug. Es ist häufig nicht wirtschaftlich oder gar nicht möglich, unter Beibehaltung einer bestehenden Anwendungsarchitektur und des bisher angewandten Betriebsmodells eine Applikation in die Cloud zu verlagern. Deshalb wartet man lieber ab, bis für einen bestimmten Zweck eine Anwendung ganz neu konzipiert und entwickelt wird. Das wird dann in der Cloud gemacht. Genau das kann viele Jahre dauern, je nach Lebenszyklus einer Anwendung. Ich kenne Applikationen, die seit Jahrzehnten auf Basis derselben Architektur genutzt werden.
Ein möglicher Migrationsweg ist die Nutzung einer virtualisierten Infrastruktur in der Cloud, wobei eine der IT-Abteilung bereits vertraute Umgebung für Server-, Speicher- und Netzvirtualisierung genutzt wird. Ein Beispiel ist das sogenannte Software-Defined Data Center (SDDC) von VMware, bestehend aus vSphere für Server, vSAN für Speicher und NSX für das Netz. Eine solche „Cloud“ ist in Public Clouds wie AWS und Azure realisierbar. Ob dieser Weg sinnvoll und wirtschaftlich ist, hängt von vielen Faktoren ab, nicht zuletzt auch davon, ob das eigene RZ hinsichtlich Energieeffizienz und Ausfallsicherheit noch dem Stand der Technik entspricht oder aufgrund erhöhter Anforderungen vollständig abgelöst bzw. saniert werden muss. Dann sollte die Variante „Cloud in Cloud“ zumindest betrachtet werden.