Vor gut einem Jahr ging mein Kollege Dr. Wetzlar in einem Blog auf Starlink als Beispiel für ein satellitengestütztes Netz ein. Satelliten sind nicht die einzigen Mittel, die zur Schließung von Versorgungslücken bei der Digitalisierung dienen können. Weitere Möglichkeiten werden im Folgenden erläutert.
Terrestrische und nichtterrestrische Netze
Fast alle Internet-User werden durch terrestrische Netze versorgt. In Fachkreisen wird häufig auch der Mobilfunk als terrestrisches Netz bezeichnet, denn Mobilfunk nutzt als Backhaul, d.h. zur Anbindung von Funk-Basisstationen an übergeordnete Netzebenen, meistens Kabel. Die Mobilfunkwellen selbst verbreiten sich ebenfalls recht erdnah. Antennencharakteristika sorgen dafür, dass die Signalenergie auf Bereiche konzentriert wird, wo sich die Menschen hauptsächlich aufhalten, d.h. auf der Erde.
Terrestrische Netze haben sich als Schlüsselbausteine für die Digitalisierung erwiesen und werden auch in Zukunft ihre Bedeutung behalten. Das wird zum Beispiel an den vielen Baumaßnahmen deutlich, die zurzeit für die Verlegung von Glasfaserkabeln durchgeführt werden.
Die Realisierung terrestrischer Netze konzentriert sich jedoch hauptsächlich auf Ballungsgebiete. Der Ausbau von Festnetzen und Mobilfunk erfolgte in den letzten Jahrzehnten nicht gleichmäßig. In allen Ländern gibt es eine Kluft zwischen Stadt und Land, was die Digitalisierung betrifft.
Nichtterrestrische Netze (Non-Terrestrial Networks, NTN) können die terrestrischen Netze ergänzen und insbesondere helfen, Versorgungslücken zu schließen.
NTN sind keine 5G-Killer
Auch wenn im Titel des oben zitierten Blogs von Dr. Wetzlar die Frage gestellt wurde, ob der Starlink-Chef Elon Musk durch den von Starlink angebotenen Internetzugriff aus dem All zum 5G-Killer werde, sieht die 5G-Gemeinde NTN nicht als Konkurrenz zum Mobilfunk, sondern als Ergänzung. So wird in den neuesten Releases der Mobilfunkstandards vom 3rd Generation Partnership Project (3GPP) auf NTN ebenfalls Bezug genommen.
Mit NTN können sowohl Basisstationen für Mobilfunk als auch Backhaul-Verbindungen für die Anbindung der Basisstationen realisiert werden.
NTN ist nicht nur Satellit
Von Starlink genutzte Satelliten in relativ niedrigen Umlaufbahnen, genannt Low Earth Orbit (LEO), sind nur eine Variante von NTN. Flugobjekte in unterschiedlichen Höhen können von NTN genutzt werden. Dazu zählen zum Beispiel:
- Drohnen
- Helikites (Ballon und Kite kombiniert)
- Andere Formen von High Altitude Platforms, zum Beispiel in der Stratosphäre
Andere NTN-Formen als LEO-Satelliten sind insofern wichtig, als die Vielzahl der auf LEO-Höhe erforderlichen Satelliten zur Beeinträchtigung astronomischer Beobachtung und der Verschärfung des Problems von Weltraumschrott führen kann.
So können Drohnen anders als LEO-Satelliten leicht vom Himmel geholt und fachgerecht entsorgt werden. Auch die Kosten für drohnengestützte digitale Versorgung sind niedriger als jene für LEO-Netze. Da die Drohnentechnologie in vielen anderen Bereichen ebenfalls genutzt wird, kann die drohnengestützte digitale Vernetzung Synergien in Forschung und Entwicklung nutzen. Ein Problem mit Drohnen ist die Limitierung der Flugzeit durch die Kapazität der Batterien. Batterien höherer Kapazität, alternative und hybride Energiequellen sowie andere Flugtechniken (zum Beispiel die Kombination mit Ballons) könnten die Flugzeit von Drohnen verlängern.
High-Altitude Platform Station (HAPS)
Mit High-Altitude Platform Station (HAPS) wird ein Flugobjekt in 20 bis 50 km Höhe bezeichnet, das sich über einem festen Erdpunkt (geostationär) befindet und der Funkversorgung eines bestimmten Gebietes rund um den fixen Erdpunkt dient. Durch die im Vergleich zu LEO wesentlich geringere Höhe kann eine HAPS für niedrigere Latenzen sorgen. Der geostationäre Charakter macht die Versorgung einfacher als mit LEO-Satelliten.
Eine mögliche Form der HAPS-Nutzung ist HIBS (HAPS as International Mobile Telecommunications (IMT) Base Station). Werden HAPS als HIBS verwendet, können normale Mobilfunkgeräte eingesetzt werden.
HIBS ist nicht die einzige denkbare Verwendung von HAPS. Auch Fixed Services Point-to-Point (FS-PP) können HAPS-basierend realisiert werden.
Fazit
Die NTN-Welt ist facettenreich und beschränkt sich nicht nur auf satellitengestützte Kommunikation. NTN ist vielleicht die Schlüsseltechnologie für die Schließung der Versorgungslücken bei der Vernetzung der Erde.