Odyssee im Kundensupport – eine Kontolöschung ist gar nicht so einfach
07.03.2024 / Fabian Lesjak
Stellen Sie sich vor, Sie wollen ein Konto bei einer Plattform eines namhaften US-Konzerns eröffnen, um dessen Angebot zu nutzen – zum Beispiel bei einer weltweit bekannten Jobbörse und Networking-Plattform. Doch dann sperrt der Anbieter Ihnen das Konto und verlangt eine Ausweiskopie. Diese akzeptiert er nicht, und das Konto bleibt gesperrt – für immer? Oder war da nicht etwas mit dem Recht auf Löschung dank der Europäischen Datenschutzgrundverordnung? Im Folgenden teile ich meine Erfahrungen zu diesem Thema mit.
Ganz am Anfang steht die Kontoeröffnung. Die Entscheidung, sich endlich ein Konto zu erstellen, fällt dabei nicht im stressigen Alltag in Deutschland, sondern, wo auch sonst, im Urlaub, auf der anderen Seite der Welt. Ich habe ja gerade nichts zu tun – außer am Strand in der Sonne zu entspannen. Da kann ich mir auch einfach schnell ein Konto bei dieser Networking Website erstellen, dachte ich mir. Gesagt, getan. App über das Hotel-WLAN heruntergeladen, Registrierungsprozess erfolgreich durchlaufen und schon ist das Konto erstellt. Noch am Strand erstellt man sein Profil und sendet erste Kontaktanfragen. Nach dem wohlverdienten Urlaub bleibt besagtes Konto natürlich bestehen und soll weiter gepflegt werden. Erstmal läuft auch alles wie gewohnt, ich konnte das Konto also erfolgreich aus dem Urlaub mit nach Hause „importieren“ – dachte ich!
Nach gut einer Woche wird auf einmal das Konto gesperrt – kein Zugriff mehr über App oder Website möglich. Es ist verständlich, dass der Algorithmus bei einem Konto von der anderen Seite der Welt anschlägt, wenn dieses auf einmal in Deutschland auftaucht, unabhängig davon, dass die genutzte Hardware, E-Mail-Adresse und Adresse aus Deutschland stammen. Ich werde aufgefordert, mich zu identifizieren. Der vermutliche Verdacht: Ein Fake-Profil! Es stehen bei diesem Anbieter die folgenden Methoden der Verifizierung zur Verfügung:
- Eidesstattliche Erklärung – unterzeichnet von einem Urkundsbeamten
- Verifikation durch die Arbeits-E-Mail-Adresse bei einem teilnehmenden Unternehmen – dazu muss man diese vor der Sperre auch hinzugefügt haben
- Personalausweis-Foto an besagtes Unternehmen schicken – machbar
(Mittlerweile scheint die Plattform hier auf einen anderen Anbieter zu setzen, namens „CLEAR“, jedoch kann je nach Land ein anderer Partner angeboten werden)
Alle diese Optionen lösen kein Glücksgefühl aus. Die Möglichkeit, die Verifikation mithilfe eines Fotos des eigenen Personalausweises oder Reisepasses von zu Hause aus zu erledigen, stellt für mich die einfachste Option dar. Doch auf so einem Personalausweis sind ja so einige persönliche Daten vorhanden. Die meisten dieser Daten habe ich bereits freiwillig mit dem Anbieter geteilt. Allerdings nicht alle. Daher habe ich zumindest die Personalausweisnummer geschwärzt und dann das Foto eingeschickt. Dieser Versuch schlägt jedoch fehl. Eine geschwärzte Version des Ausweises wird nicht akzeptiert!
Die weiteren angebotenen Optionen kommen nicht infrage, und der eigene Ausweis mit geschwärzter Personalausweisnummer wird nicht akzeptiert. Schade! Dann lasse ich es bleiben und beantrage einfach die Löschung meines Kontos über den Support. In einer Nachricht an den Support beschreibe ich die Situation und beantrage die Löschung meines Kontos. Nach kurzer Wartezeit erhalte ich eine Information, dass die Anfrage aufgrund der sensiblen Natur der Daten an die Sicherheitsabteilung weitergeleitet wird. Diese Abteilung antwortet dann, dass eine Löschung des Accounts nicht möglich ist, solange eine „Account-Restriktion“ aufgrund fehlender Identifikation vorliegt.
Zusammengefasst: Ohne Verifikation des Ausweises kein Zugriff auf das eigene Konto, ohne Zugriff auf das eigene Konto keine Möglichkeit zum Löschen des Kontos. Auch nicht über den Support oder auf einem anderen Wege.
Ohne Ausweis kein Kontozugriff – ohne Kontozugriff keine Account-Löschung
Nach einer kurzen Recherche schreibe ich erneut an die Sicherheitsabteilung des Unternehmens. Ich verweise unter anderem auf die DSGVO und das Recht auf Löschung meiner persönlichen Daten. Die Ablehnung der Kontolöschung unter Berufung darauf, dass ich nicht noch weitere persönliche Daten angeben möchte, scheint einen ziemlichen Widerspruch darzustellen. Zusätzlich erwähne ich noch meine Option, die zuständige Datenschutzbehörde mit einzubeziehen.
Die Antwort des Kundensupports erfolgt zeitnah. Das Konto konnte nach einer genauen Prüfung durch den zuständigen Mitarbeiter wieder freigegeben werden. Er hebt die Sperre auf, da anscheinend die vorliegenden Informationen ausreichen, um das Konto wieder freizugeben. Zusätzlich der Hinweis, dass ich im Anschluss selbstständig eine vollständige Kontolöschung durchführen kann.
Das Fazit dieser Erfahrung: mehrere Wochen E-Mail-Kontakt mit dem Support, nur um den Status quo wiederherzustellen. Der Zugriff auf das eigene Konto ist wieder möglich. Die fehlgeschlagene Kontoverifikation mit dem eigenen Ausweis ist leider keine Seltenheit. Viele Nutzer beschweren sich auf unterschiedlichsten Plattformen über die Unzuverlässigkeit der Technologie. Diese Probleme beschränken sich dabei nicht auf die hier diskutierte Plattform. Das Verfahren der Ausweisverifikation vereinfacht den Prozess für die Unternehmen, und ist insofern erfolgreich auch für die Kunden. Doch wie mit den meisten Technologien gibt es auch Schattenseiten. Ein Personalausweis oder Reisepass enthält viele höchstpersönliche Daten. Nicht jeder teilt diese gerne ungeschwärzt mit Unternehmen. Andere Ansätze wie der Einsatz der Ausweis-App oder Credentials von Drittanbietern könnten diesen Prozess vereinfachen. Auch hier muss ausreichendes Vertrauen herrschen. Egal wer welchen Prozess durchführt – die endgültige Löschung aller persönlichen Daten sollte immer eine letzte Option bleiben. Doch genau in diesem Fall kann die DSGVO ein wichtiges Hilfsmittel sein.