Sind Sie – oder Ihre Kunden – vom neuen Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betroffen?
02.12.2024 / Gabriele Horcher
aus dem Netzwerk Insider Dezember 2024
Kommunikations-Wissenschaftlerin und IT-Kommunikations-Strategin Gabriele Horcher www.gabriele-horcher.de ist Botschafterin für die Zukunft der Kommunikation. Sie beantwortet die wichtigsten Fragen zum – inzwischen rapiden – disruptiven Wandel in allen Bereichen der Kommunikation. Gabriele ist Keynote Speakerin, Bestseller-Autorin und Transformational Coach. Sie fungiert als Sparringspartner für die Transformation von Kommunikation.
Der European Accessibility Act [1] wird in Deutschland als Barrierefreiheitsstärkungsgesetz [2] – kurz BFSG – umgesetzt. Das neue Gesetz verpflichtet auch private Wirtschaftsakteure zu mehr digitaler Barrierefreiheit. Bisher standen nur öffentliche Einrichtungen im Fokus des Gesetzgebers. Produkte und Dienstleistungen, die typischerweise für den Zugang zum Internet und den Abschluss von Verträgen über das Internet genutzt werden, müssen ab dem 29.06.2025 barrierefrei(er) sein. Dazu gehören beispielsweise Computer und Smartphones sowie Telekommunikations- und Bankdienstleistungen. Das BFSG betrifft Hersteller, Importeure, Distributoren und Reseller der Produkte sowie Anbieter und Vertriebspartner der Dienstleistungen. Unternehmen, Verbände und Vereine, die sich an Verbraucher wenden, müssen ihre Apps, Online-Shops, Online-Vertragsdokumente und Webseiten sowie E-Books bis zum 28.06.2025 barrierefrei gestalten. Viele Unternehmen nutzen bei der digitalen Kommunikation mit Verbrauchern Dienstleistungen der Telemedien, Bankdienstleistungen oder Leistungen des elektronischen Geschäftsverkehrs (E-Commerce). Damit werden sie – dem BFSG nach – zu sogenannten Leistungserbringern.
Barrierefreiheit in Zahlen
- Mehr als 190.000 Unternehmen sind in Deutschland dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz nach zu digitaler Barrierefreiheit verpflichtet.
- Deutlich mehr Unternehmen werden die Anforderungen des BFSG umsetzen.
- Jeder Zweite in Deutschland würde von mehr digitaler Barrierefreiheit profitieren.
Die grundlegenden Anforderungen des BFSG
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verlangt, dass Produkte, Dienstleistungen, Apps, Online-Shops, Websites, E-Books und digitale Dokumente für Menschen mit Behinderungen ohne besondere Erschwernis und ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Dazu müssen diese digitalen Angebote über mehr als einen Sinneskanal zugänglich gemacht werden, und die Bedienbarkeit muss auch über Tasten funktionieren.
So reicht es nicht mehr aus, Produkte und Dienstleistungen in einem Online-Shop nur in Text und Bild darzustellen. In Zukunft müssen die Inhalte und Bildbeschreibungen über Sprachausgabe vorlesbar und auditiv wahrnehmbar sein. Video- und Audioinhalte müssen als Text dargestellt werden – zum Beispiel durch Untertitel oder als Transkript. Die Eingabe darf nicht nur über eine Maus erfolgen, sondern auch über Tasten wie die Tabulatortaste.
Wer profitiert von digitaler Barrierefreiheit?
Jeder zweite Mensch in Deutschland würde von mehr digitaler Barrierefreiheit profitieren. Denn motorisch behindert sind wir schon, wenn wir ein Kind auf dem Arm halten. Eine Sehbehinderung bemerkt jeder, wenn wir bei Sonneneinstrahlung nicht mehr alles auf dem Bildschirm erkennen können. Eine Hörbehinderung kann durch Umgebungslärm in einem Großraumbüro entstehen. Kognitiv beeinträchtigt sind wir, wenn wir versuchen, Multitasking zu betreiben. Situative Behinderungen sind vielfältig und betreffen jeden.
Es gibt ebenso vorübergehende Beeinträchtigungen, zum Beispiel einen eingegipsten Arm, ein verletztes Auge oder das Verlegen der Brille. Auch eine Mittelohrentzündung, ein Hörsturz, Migräne oder Müdigkeit können die Nutzung von Online-Shops und Webseiten behindern.
Die Zahl der Menschen, die mit situativen und temporären Behinderungen zu kämpfen haben, ist statistisch schwer zu erfassen. Die Zahl der dauerhaft Betroffenen ist zudem höher als man denkt:
- In Deutschland leben rund 10,4 Millionen Menschen mit einer dauerhaften, 7,8 Millionen mit einer schweren und 2,6 Millionen mit einer leichten Behinderung [3]. Das sind rund 12,5 Prozent der Bevölkerung.
- Und in einer immer älter werdenden Bevölkerung nimmt der Anteil der Menschen mit Behinderungen zu. 18,6 Millionen Menschen – rund 22 Prozent – sind älter als 65 Jahre [4].
- Zudem sprechen 12,3 Millionen – rund 15 Prozent – der in Deutschland lebenden Menschen die deutsche Sprache nicht als Muttersprache [5].
- Hinzu kommen 6,2 Millionen Menschen in Deutschland, die nicht oder nur unzureichend lesen und schreiben können [6]. Das entspricht 7,5 Prozent der Bevölkerung.
- Neu hinzugekommen sind geschätzt 2,5 Millionen Menschen – ca. 3 Prozent der deutschen Bevölkerung – die unter Symptomen von Long COVID leiden [7].
Insgesamt sind 50 Millionen Menschen betroffen. Es gibt sicherlich Überschneidungen der Betroffenengruppen und damit Mehrfachzählungen. Dennoch kann man sagen, dass jeder Zweite von 84 Millionen in Deutschland von digitaler Barrierefreiheit profitieren würde.
Welche Organisationen sind vom BFSG betroffen?
BFSG-Check I: Sind Sie oder Ihre Kunden Hersteller, Importeur, Distributor oder Reseller der folgenden Produkte?
- Fernsehgeräte mit Internetzugang
- Router
- Computer, Notebooks und Tablets
- Smartphones oder Mobiltelefone
- E-Book-Reader
- Geld-, Fahrausweis- oder Check-In-Automaten<1>
- Betriebssystem- oder Anwendungs-Software, E-Books oder Apps für die oben genannte Hardware sowie Bedienoberflächen für Automaten
Wenn Sie oder Ihre Kunden Hersteller eines der oben genannten Produkte sind, ist wahrscheinlich bereits eine BFSG Task Force eingerichtet. Hersteller von Produkten müssen sich besonders intensiv mit den spezifischen Anforderungen der Barrierefreiheit auseinandersetzen. Sie sind nicht nur dazu angehalten, das Produkt – bestehend aus Hardware, Betriebssystemsoftware und eventuell Anwendungssoftware – anzupassen, sondern auch die Verpackung und die Bedienungsanleitung barrierefrei zu gestalten.
Hersteller, Importeure, Distributoren und Reseller stehen unter besonderem Druck. Ab dem 29.06.2025 müssen alle hergestellten Produkte den BFSG-Anforderungen entsprechen, sonst dürfen sie in der EU nicht mehr verkauft werden. Passiert dies dennoch, können Verbraucher, Verbraucherverbände oder Mitbewerber dagegen vorgehen und solche Fälle bei den Marktüberwachungsbehörden melden. Neben einem Verbot der Inverkehrbringung drohen dann Bußgelder bis zu 100.000 €.
Sollten Sie oder Ihr Kunde Importeur, Distributor oder Reseller eines der oben genannten Produkte sein, müssen Sie sicherstellen, dass alle Produkte, die nach dem Stichtag produziert wurden und von Ihnen verkauft werden, den Anforderungen des BFSG entsprechen.
Für Unternehmen aus der Vertriebskette ist es zukünftig entscheidend, ihre Hersteller danach auszuwählen, ob diese zusichern können, die Produktion von Produkten, Betriebssystem- und Anwendungssoftware, Verpackungen und Bedienungsanleitungen rechtzeitig auf BFSG-Konformität umgestellt zu haben: möglichst noch vor, spätestens aber zum Stichtag.
BFSG-Check II: Sind Sie oder Ihre Kunden Anbieter beziehungsweise Vertriebspartner der folgenden Dienstleistungen?
- Telefon- oder Messenger-Dienstleistungen (Telemedien)
- Bankdienstleistungen
- Leistungen im elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce)
- Bereitstellung von E-Books
Wenn Sie oder Ihr Kunde Anbieter eines der oben genannten Dienste und fallen Sie nicht unter die folgenden Ausnahmen, muss das Frontend gegenüber dem Verbraucher vom 29.06.2025 an barrierefrei gestaltet sein. Auch die Backend-Systeme sind entsprechend vorzubereiten und einzurichten.
Es gelten die folgenden Ausnahmeregelungen:
- Sie oder Ihr Kunde gehören zu den sogenannten „Kleinstunternehmen“ mit weniger als zehn Beschäftigten und höchstens 2 Millionen Euro Jahresumsatz.
- Für Sie oder Ihren Kunden ergeben sich durch die Barrierefreiheit grundlegende Veränderungen der Wesensmerkmale der Dienstleistung<2>.
- Für Sie oder für Ihren Kunden stellt die Herstellung von Barrierefreiheit eine unverhältnismäßige (nachweißbar bedrohliche) Belastung dar<3>.
Wenn Sie oder Ihr Kunde als Vertriebspartner für eine der oben genannten Dienste fungieren, also beispielsweise Mobilfunkverträge verkaufen, dann gehören Sie zu den Wirtschaftsakteuren, die zukünftig dafür sorgen müssen, dass Dienstleistungen, die Sie ab dem 29.06.2025 anbieten, den Anforderungen des BFSG entsprechen. Bei laufenden Dienstleistungsverträgen gelten Übergangsfristen bis maximal zum 28.06.2030.
Sollten Sie oder Ihr Kunde zum Beispiel E-Books verkaufen, müssen diese ab dem 29.06.2025 barrierefrei sein – auch wenn das Buch schon viel früher als E-Book auf den Markt gekommen ist. Denn E-Books werden vom BFSG als Dienstleistung eingestuft.
BFSG-Check III: Gehören Sie oder Ihre Kunden zu den sogenannten Leistungserbringern?
- Nutzen Sie Apps?
- Haben Sie einen Online-Shop?
- Nutzen Sie Ihre Website zur Interaktion?
Wenn Sie oder Ihr Kunde nicht zu den Kleinstunternehmen mit weniger als 2 Mio. € Umsatz und weniger als zehn Mitarbeitern gehören, und wenn Sie einen der folgenden Services in der Kommunikation mit Verbrauchern anbieten, dann gehören Sie zu den Wirtschaftsakteuren, die bis zum Stichtag Apps, Online-Shops und Vertragsdokumente oder Webseiten für Verbraucher barrierefrei(er) gestalten müssen.
1. Apps/Online-Shop<4>:
- Können Verbraucher bei Ihnen oder Ihrem Kunden beispielsweise Produkte per App bewerten oder per App an Gewinnspielen teilnehmen?
- Können Verbraucher bei Ihnen oder Ihrem Kunden über dessen Online-Shop Dienstleistungen, Produkte (mit oder ohne Verträge), Zubehör oder Geschenkgutscheine einkaufen?
2. Website<5>:
- Können Verbraucher über Ihre Website oder die Ihres Kunden Termine buchen – zum Beispiel für Beratungen?
- Können sich Verbraucher auf Ihrer Seite oder der Ihres Kunden in einen Kundenbereich einloggen, um zum Beispiel auf ihre Bestellhistorie zuzugreifen, Verträge zu verlängern oder zu kündigen?
- Können Verbraucher bei Ihnen oder Ihrem Kunden über ein Help-Desk-System ein Support-Ticket eröffnen, wenn sie Fragen oder Reklamationen haben?
- Können Verbraucher Sie oder Ihren Kunden über ein Kontaktformular, einen Chatbot oder einen Rückrufservice kontaktieren?
Übergangsfristen des BFSG
- Für Automaten, die vor dem Stichtag installiert wurden, gilt eine Übergangsfrist von bis zu 15 Jahren.
- Für vor dem Stichtag abgeschlossene Dienstleistungen gilt eine Übergangsfrist bis zu 5 Jahre.
- Für Leistungserbringer gibt es keine Übergangsfrist.
BFSG-Check Summary
Sie können vom BFSG:
- nicht betroffen sein, weil Sie sich mit Ihren Angeboten weder direkt noch indirekt an Verbraucher wenden,
- befreit sein, weil Sie zum Beispiel zu den Kleinstunternehmen zählen,
- befreit werden, weil Sie eine der Ausnahmeregelungen für sich in Anspruch nehmen,
- einfach betroffen sein, weil Sie unter eine Anforderung fallen oder
- mehrfach betroffen sein, weil gleich mehrere Kriterien bei Ihnen greifen.
Szenario Medienunternehmen
Welche Bereiche sind explizit für Medienunternehmen wichtig? Nun, fast alle!
- Medienunternehmen fallen ggf. unter die Regelungen für Produkte. Wenn Sie zum Beispiel Tablets oder E-Book-Reader mit einem Abonnement koppeln, müssen Sie sicherstellen, dass die Produkte – wenn sie nach dem Stichtag hergestellt werden – barrierefrei sind.
- Darüber hinaus gelten Sie zum Beispiel als Anbieter von Dienstleistungen, wenn Sie E-Books anbieten. Ab dem Stichtag dürfen E-Books, die nicht barrierefrei sind, nicht mehr verkauft werden – egal, wann sie erschienen sind. E-Books, die vor dem Stichtag verkauft wurden, müssen jedoch nicht rückwirkend barrierefrei gemacht werden.
- Außerdem gelten für Medienunternehmen alle Regelungen für Leistungserbringer, wenn Sie zum Beispiel Apps, Online-Shops oder Webseiten nutzen.
- Es gibt keine Übergangsfristen für die Teilbereiche, die Medienunternehmen betreffen.
Wie profitieren Unternehmen von digitaler Barrierefreiheit?
Die gute Nachricht ist, dass digitale Barrierefreiheit insgesamt zu einem dauerhaft vergrößerten Marktvolumen führen wird, weil mehr Menschen zum Markt gehören.
Digitale Barrierefreiheit hat noch weitere wirtschaftliche Dimensionen. Denn Unternehmen stärken durch eine verbesserte User Experience gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit in breiteren Kundenschichten und steigern so ihre Umsätze.
Darüber hinaus ist es positiv zu bewerten, dass Unternehmen gezwungen sind, sich zu positionieren und weiterzuentwickeln. Die affirmative Haltung eines Unternehmens zu Menschenrechten und Nachhaltigkeit macht es auch als Arbeitgeber für Fachkräfte attraktiver.
Für Dienstleister sind die neuen Barrierefreiheitsanforderungen ideal, um neue Beratungen, Dienstleistungen und Services für die betroffenen Unternehmen zu entwickeln.
Wie kann digitale Barrierefreiheit hergestellt werden?
Die nächste gute Nachricht ist: Es gibt bereits die KI-Technologien, um mehr Menschen mit Beeinträchtigungen die digitale Teilhabe zu ermöglichen. Zum Beispiel die Umwandlung von Text in Sprache oder Sprache in Text. Es existieren auch alternative Methoden zur physischen Bedienung über Tasten, wie Sprach-, Augen- oder Gestensteuerung. Darüber hinaus können komplexe Texte mithilfe von KI in einfache Sprache umformuliert werden.
Außerdem können Sie auch Ihre Anbieter von Apps, Shop- oder Termin-Systemen in die Pflicht nehmen, bis zum Stichtag eine Version mit integrierten Barrierefreiheitsfeatures zur Verfügung zu stellen.
Umsetzungs-Tipps für betroffene Unternehmen
- Setzen Sie eine BFSG-Task-Force ein.
- Erarbeiten Sie eine Barrierefreiheits-Strategie.
- Falls Sie eine Ausnahmeregelung für sich in Anspruch nehmen wollen, informieren Sie Ihre Marktüberwachungsbehörde.
- Lassen Sie sich von Ihren App-, Shop- und Softwareanbietern bestätigen, dass die Versionen, die Sie nutzen, die grundsätzlichen Funktionen für die Herstellung von Barrierefreiheit enthalten werden. Gegebenenfalls müssen Sie neue Anbieter anfragen.
- Zerlegen Sie das BFSG-Projekt in einzelne Teilprojekte. Zum Beispiel Umsetzung von Apps, Onlineshops, PDF-Dokumente, Bildbeschreibungen und Website.
- Nutzen Sie generative KI, um die Umsetzung zu beschleunigen.
- Involvieren Sie zusätzlich zu Ihren internen auch externe Dienstleister.
- Involvieren Sie Ihre Vertriebs- und Kommunikations-Abteilung: Planen Sie Ihre interne und externe BFSG-Kommunikation.
- Informieren Sie Ihre zuständige Marktüberwachungsbehörde proaktiv, falls es zu Herausforderungen kommen sollte.
- Planen Sie die Umsetzung rechtzeitig, um die geforderten Änderungen möglichst noch weit vor dem Stichtag zu realisieren. Anfang 2025 werden alle entsprechenden Dienstleister ausgebucht sein.
Business-Development-Tipps für Berater und Dienstleister
Die Liste der möglichen Unterstützungsleistungen in Sachen BFSG-Compliance ist lang und mit Sicherheit noch nicht komplett: Die Leistungen lassen sich in Beratung, Dienstleistung und Service unterteilen. Zur Gruppe der benötigten Dienstleister zählen Rechts- und Unternehmensberater, Programmierer, IT-Dienstleister, Cloud Service Provider, Web- und Digitalagenturen sowie Content-Dienstleister.
Immer wenn neue oder zusätzliche IT-Compliance-Anforderungen an Organisationen gestellt werden, müssen sich Berater, Dienstleister und Service Provider bestens mit den neuen Regulatorien, spezifischen Anforderungen und drohenden Sanktionen auskennen. Nur so stellen Sie sicher, dass sie Ihre Kunden richtig beraten und unterstützen, ohne Probleme bei der Umsetzung von Projekten und Services zu bekommen.
Konzeption von Beratungen, Projekten und Services
Diese Schritte gelten für alle externen Berater, Dienstleister oder Serviceanbieter:
- Machen Sie sich mit den neuen Anforderungen des BFSG vertraut.
- Setzen Sie eine Task Force „Digitale Barrierefreiheit“ ein. Bringen Sie alle Teilnehmer zum Beispiel durch ein Kick-off-Meeting auf den gleichen Stand.
- Segmentieren Sie Ihre bestehenden Kunden danach, in welchem Ausmaß sie vom BFSG betroffen sind.
- Sprechen Sie Ihre Kunden frühzeitig auf mögliche Beratungen und Projekte an. Sonst wird es Anfang 2025 eine Nachfrageexplosion und einen enormen Projektstau bei Ihnen geben.
- Nutzen Sie Ihre Angebote im BFSG-Kontext auch, um Kontakte zu potenziellen Wunschkunden herzustellen.
- Schulen Sie Ihre Vertriebs- und Projektmitarbeiter und gegebenenfalls Partner.
- Nutzen Sie selbst (generative) KI-Tools und -Lösungen, um Projekte schneller umzusetzen.
- Sobald sich der erste Projektstau aufgelöst hat, sprechen Sie Unternehmen an, die nicht gesetzlich verpflichtet sind.
Wenn sich Berater, Dienstleister und Service Provider rechtzeitig und gründlich mit den Herausforderungen des European Accessibility Act bzw. des BFSG auseinandersetzen, können sie bestehenden und potenziellen Kunden kurz- und langfristig einen großen Mehrwert bieten.
Diese Dienstleistungen unterstützen nicht nur Ihre Kunden dabei, neue IT-Compliance-Anforderungen umzusetzen – letztlich verhelfen erst Ihre IT-Dienstleistungen und -Services Menschen mit Beeinträchtigungen zur digitalen Teilhabe.
Warum werden mehr Organisationen die BFSG-Anforderungen umsetzen?
- Es wird Unternehmen geben, die vom Gesetz als Kleinstunternehmen eingestuft werden – und daher nicht verpflichtet sind. Sie wollen dennoch vom wachsenden Marktvolumen durch digitale Barrierefreiheit profitieren und möchten dieses Feld nicht den größeren Marktbegleitern überlassen. Vielleicht werden diese Unternehmen sogar vorangehen, da sie flexibler sind und Anforderungen schneller umsetzen können.
- Dazu kommen auch B2B-Unternehmen, die zwar nicht unter das BFSG fallen, jedoch erkennen, dass digitale Barrierefreiheit zum Trend wird. Barrierefreie Apps, Online-Shops und Kundenbereiche bieten nur Vorteile. Durch eine Selbstverpflichtung gewinnen sie einen attraktiven Purpose, der ihnen Nutzen bei der Suche nach Mitarbeitern bringt.
- Auch Vereine oder gemeinnützige Unternehmen, die thematisch mit Beeinträchtigungen oder Benachteiligungen zu tun haben, werden sich – moralisch – verpflichtet fühlen, ihre Inhalte barrierefrei zu kommunizieren.
- Und last but not least, werden Berater, Dienstleister und Service-Provider –als Proof of Concept – zeigen wollen, dass sie digitale Barrierefreiheit beherrschen! Und schon sprechen wir von einer deutlich höheren Anzahl von Unternehmen.
Fazit: BFSG ist Pflicht und Chance
Die neuen Compliance-Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes werden Sie vielleicht nicht sofort begeistern. Das ist verständlich, denn Sie sind bereits mit vielen Herausforderungen konfrontiert, die Ihre Aufmerksamkeit benötigen. Als Kommunikationswissenschaftlerin beobachte ich seit über 40 Jahren die Veränderungen von Kommunikation durch Technologien, Infrastrukturen, Kanäle, Disziplinen und Strategien.
Deshalb stehe ich der Forderung nach mehr digitaler Barrierefreiheit sehr positiv gegenüber. Digitale Barrierefreiheit ist meiner Meinung nach ein weiterer konsequenter Schritt für eine noch bessere Kommunikation mit unseren Zielgruppen. Denn je mehr unterschiedliche Formate (Text, Bild, Audio, Video) und Inhalte Sie nutzen, um Ihre Botschaften zu verbreiten, desto mehr Personen werden Sie tatsächlich erreichen.
Anders als bei der Umsetzung der DSGVO ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz eine Compliance-Richtlinie, die allen Vorteile bietet: den betroffenen Unternehmen, den Umsetzern und den Verbrauchern.
Buch-Tipp
Das Buch „Barrierefrei kommunizieren für Unternehmen – Wie Sie die Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes effizient umsetzen“ ist als zeitsparendes „Essential“ beim Springer Gabler Verlag, Wiesbaden, erschienen.
Was Sie in diesem Essential finden können
- Checklisten, über die Sie schnell und einfach herausfinden, ob und wie Sie vom neuen Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betroffen sind.
- Roadmaps für betroffene Produkt-Hersteller sowie deren Importeure, Distributoren und Reseller; Anbieter von Dienstleistungen und deren Vertragspartnern; Leistungserbringer.
- Strategien und Szenarien, wie Sie das BFSG sinnvoll umsetzen und für sich nutzen können.
- Spezifische Schritte für das Business Development von Beratern, Content-Dienstleistern, Website- und Digital-Agenturen, Developern und IT-Dienstleistern sowie Service-Providern.
- Übersicht von (KI-)Technologien, die Ihnen helfen, digitale Barrierefreiheit für seh-, hör-, motorisch und kognitiv beeinträchtigte Menschen herzustellen.
Sie erhalten das Buch im stationären Buchhandel, online oder direkt unter https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-44230-9.
Links
[2] https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/barrierefreiheitsstaerkungsgesetz.html
[3] https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Behinderte-Menschen/_inhalt.html
[5] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2023/PD23_08_p002.html
[7] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1379361/umfrage/umfrage-zu-post-long-covid-erkrankungen-in-deutschland-nach-bundeslaendern/
Verweise
<1> Für Geld-, Fahrausweis- oder Check-In-Automaten gibt es längere Übergangsfristen.
<2> Der entsprechende Sachverhalt muss den Marktüberwachungsbehörden proaktiv gemeldet werden.
<3> Der entsprechende Sachverhalt muss den Marktüberwachungsbehörden proaktiv gemeldet werden.
<4> Wenn die App oder der Online-Shop auf der Website Ihres Kunden integriert sind, müssen sowohl die App bzw. der Shop als auch die gesamte Website barrierefrei gestaltet sein. Wenn die Website des Kunden aber nur auf eine separate App oder einen separaten Online-Shop verlinkt, wenn diese also nicht direkt mit der Website verknüpft sind, müssen Ihre Kunden möglicherweise nur die App oder den Online-Shop barrierefrei gestalten.
<5> Wenn die App oder der Online-Shop auf der Website Ihres Kunden integriert sind, müssen sowohl die App bzw. der Shop als auch die gesamte Website barrierefrei gestaltet sein. Wenn die Website des Kunden aber nur auf eine separate App oder einen separaten Online-Shop verlinkt, wenn diese also nicht direkt mit der Website verknüpft sind, müssen Ihre Kunden möglicherweise nur die App oder den Online-Shop barrierefrei gestalten.