Stört 5G die Flugzeugelektronik?

08.02.2022 / Dr. Joachim Wetzlar

Fast 20 Jahre ist es her, dass mein Kollege Dr. Hoff und ich ausgerüstet mit Spektrumanalysator und Messantenne auf einem großen deutschen Verkehrsflughafen waren, um Störungen des Vorfeld-WLANs durch Radaranlagen der Flugzeuge messtechnisch zu erfassen.

Sie erinnern sich: Die Frage, inwieweit die Luftfahrt, insbesondere deren Wetterradar, durch WLAN gestört werden könne, war lange ein Hindernis bei der Freigabe des 5-GHz-Bandes für WLAN in Europa. Letztlich setzten die Europäer Einschränkungen bei WLAN durch, mit denen derlei Störungen vermieden werden sollen. Unter den Einschränkungen durch die damals eingeführten Mechanismen Dynamic Frequency Selection (DFS) und Transmit Power Control (TPC) leiden heutige WLANs immer noch.

Die USA sahen die Sache zunächst viel entspannter. Letztlich zogen sie den Europäern nach und forderten ebenfalls DFS und TPC für WLAN. Jetzt sind es dagegen die USA, die als erste Alarm schlagen: Die U.S.-amerikanische Luftfahrtbehörde FAA fordert in einem Schreiben [1] vom 31.12.2021 die beiden Provider AT&T und Verizon auf, die Aktivierung von 5G im so genannten C-Band um mindestens zwei Wochen auf Mitte Januar zu verschieben. In dieser Zeit sollen wichtige Flughäfen identifiziert werden, in deren Umfeld so genannte Pufferzonen ohne 5G eingerichtet werden sollen. Offensichtlich macht man sich Sorge um die einwandfreie Funktion von Radar-Höhenmessern an Bord von Luftfahrzeugen.

Tatsächlich hat die Internationale Flug-Transport-Vereinigung IATA bereits Ende November 2021 eine Erklärung zu möglichen Störungen von Radar-Höhenmessern durch 5G abgegeben [2]. Diese Geräte sind eine wichtige Voraussetzung für die sichere Landung von Flugzeugen während schwieriger Wetterbedingungen. Wie funktioniert so ein Radar-Höhenmesser?

Radar-Höhenmesser senden dauerhaft ein Signal in Richtung Boden aus, das mit einer Sägezahn- oder Dreiecks-Spannung frequenzmoduliert ist. Das Signal wird vom Boden reflektiert und entsprechend zeitverzögert an Bord empfangen. Das empfangene Signal wird mit dem aktuellen Sendesignal verglichen, dessen Frequenz sich infolge der Modulation inzwischen verschoben hat. Je weiter der Erdboden entfernt ist, desto größer ist die Differenz zwischen Sende- und Empfangsfrequenz. Der Artikel in [3] beschreibt das Verfahren recht anschaulich. Man nennt es Frequency-Modulated Continuous Wave (FMCW).

FMCW-Radar-Höhenmesser arbeiten wie WLAN im C-Band. Sie überstreichen typischerweise den Frequenzbereich von 4,25 bis 4,35 GHz. Das liegt in der Nachbarschaft zum U.S.-amerikanischen 5G-Frequenzband zwischen 3,7 und 4,2 GHz. Ich kann mir vorstellen, dass solche von 5G-Basisstationen ausgesandten Signale von den hochempfindlichen und breitbandigen FMCW-Empfängern wahrgenommen werden. Die 5G-Signale sind schließlich um Größenordnungen stärker als die Reflektionen der Radarsignale vom Boden.

Die Frage ist letztlich, inwieweit die Signalverarbeitung im Radarempfänger solche Störungen vom Nutzsignal unterscheiden kann und ob die Empfänger ausreichend großsignalfest sind, also infolge der 5G-Signale nicht „herunterregeln“. Den Nachweis hierfür werden wohl Tests erbringen. Am Ende könnte es – wie von der FAA in [1] vorgeschlagen – auf Schutzabstände hinauslaufen. Provider erhalten also im Bereich von Flughäfen keine Lizenzen für Frequenzen oberhalb von 3,7 GHz.

Für Deutschland ist das Problem im Übrigen nicht so relevant. Mobilfunkprovider haben bekanntlich keine Frequenzen oberhalb von 3,7 GHz erhalten. Hier funken lediglich private 5G-Campusnetze. Aber auch für sie ist bei 3,8 GHz Schluss.

Verweise

[1] https://www.faa.gov/sites/faa.gov/files/2021-12/12.31.2021%20-%20DOT%20and%20FAA%20Letter%20to%20ATT%20and%20Verizon%20.pdf

[2] https://www.icao.int/safety/FSMP/MeetingDocs/FSMP%20WG11/IP/FSMP-WG11-IP08_ICAO%20Flight%20Operations%20Panel%20and%20IATA%20%20IFALPA%205G%20problem%20statement.pdf

[3] https://radar-altimeter.smarter-tech.de/fmcw-technik/

Mobilfunk von 1G bis 5G
14.01.-15.01.2025 in Bonn | online

Der Netzwerk Insider gehört mit seinen Produkt- und Markt-Bewertungen rund um IT-Infrastrukturen zu den führenden deutschen Technologie-Magazinen. Der Bezug des Netzwerk Insiders ist kostenlos.