Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat sich Ende März in einem Interview mit dem SPIEGEL u.a. zum Umgang mit dem chinesischen Technologieunternehmen Huawei geäußert. Sie wurde gefragt, was mit kritischen Komponenten des Ausrüsters Huawei in deutschen Mobilfunknetzen geschehen soll, da das Ministerium diese Komponenten prüft. Hier die Antwort der Ministerin:
„Die Prüfung wird bis zum Sommer abgeschlossen sein. Wenn wir Sicherheitsgefährdungen erkennen, werden wir Verbote aussprechen. Auch gegenüber China hat sich das Bewusstsein verändert. Ich war gerade in Japan, in Kanada und den USA. Für meine Amtskollegen und mich sind Desinformation und Einflussnahme im Cyberbereich durch Russland und China eine zentrale Frage. Und überall ist die technologische Abhängigkeit ein riesengroßes Thema. In mein Gesetz zum Schutz kritischer Infrastrukturen, das ich im Sommer vorlegen werde, werden wir Regelungen aufnehmen, um Risiken früh zu erkennen und ausländische Einflussnahme-Möglichkeiten zu verringern.“
Das Thema ist nicht neu. Ich bin schon in einem 2019 erschienenen Beitrag darauf eingegangen und habe die damalige Bundeskanzlerin zitiert, die bei der Eröffnung der Industriemesse Hannover 2019 gesagt hatte: „Ich bin dagegen, dass wir einfach per Definition jemanden ausschließen. Wichtig sind die Standards, die eingehalten werden müssen.“
In der Zwischenzeit ist in der Weltpolitik viel passiert. Nach den Worten von Frau Faeser hat sich gegenüber China „das Bewusstsein verändert“. Man darf darauf gespannt sein, was im Sommer 2023 aus dem Bundesministerium des Innern und für Heimat kommen wird.
Dies bedeutet jedoch auch, dass ein gewisser Schwebezustand mindestens bis Sommer 2023 anhalten wird. Wir haben seit Jahren keine Klarheit. Es gibt kein Gesetz und keine Verordnung, welche den öffentlichen Auftraggebern bzw. den Betreibern kritischer Infrastrukturen (KRITIS) die Nutzung der Produkte von Huawei verbietet. Im vorauseilenden Gehorsam greifen jedoch einige öffentliche Auftraggeber zu den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, um Huawei-Produkte aus Vergabeverfahren auszuschließen. Mal werden formale Fallen gestellt, in die ein Bieter von Huawei-Produkten tappen soll. Oder es werden Anforderungen erfunden, von denen man weiß, dass sie von Huawei-Produkten nicht erfüllt werden.
All das hat mit Redlichkeit, Rechtssicherheit und freiem Wettbewerb wenig zu tun. Das Vergaberecht, das für jedes in der EU ansässigen Partnerunternehmen von Huawei einklagbar ist, gebietet bisher, Huawei so wie jeden anderen Hersteller zu behandeln. Man braucht Klarheit darüber, ob Huawei-Produkte vollständig aus IT-Infrastrukturen der öffentlichen Hand und anderen KRITIS-Bereichen auszuschließen sind, ob Huawei so zu behandeln ist wie jeder andere Hersteller oder ob die Erzeugnisse von Huawei nur in klar definierten, weniger kritischen Bereichen zum Einsatz kommen dürfen. Ferner brauchen wir Klarheit darüber, wie mit den schon im Einsatz befindlichen Huawei-Produkten umzugehen ist. Wenn diese abgelöst werden sollen, brauchen wir auch Klarheit darüber, wer die Kosten der Substitution trägt.
Solange es diese Klarheit nicht gibt, wird der peinliche Schwebezustand anhalten. Die Ministerin hat uns bis Sommer 2023 vertröstet. Es kann jedoch sehr wohl sein, dass die für Sommer 2023 angekündigten Klarstellungen gar keine richtigen sein werden, zumal sich die von Frau Faeser genannte Prüfung der Huawei-Komponenten nur auf Mobilfunk-Netze bezieht. Selbst wenn es für Mobilfunknetze Klarheit nach den oben von mir genannten Regeln geben wird, bleibt die Frage, was mit den mittlerweile auch in Deutschland sehr verbreiteten Huawei-Komponenten in den Bereichen LAN, WLAN und Storage passieren soll. Hierzu wird es wohl keine Aussage geben. Es ist auch unklar, ob das Resultat der Überprüfung im Mobilfunkbereich auf andere Technik-Bereiche übertragbar sein wird. Das ist sehr fraglich, wie man am Beispiel Storage leicht nachvollziehen kann: Darf ein Betreiber eines gegen alle externen Netze abgeschotteten Speichers keinen Huawei-Speicher einsetzen, selbst wenn er im Rahmen der Wartung keine Komponenten an Huawei zurückschickt, sondern die Wartungsvariante mit Einbehalt der Komponenten wählt?