Warum ist es energiesparender, wenn man ein Rechenzentrum bei höheren Temperaturen betreibt?
26.11.2024 / Thomas Simon
Rechenzentren erzeugen große Mengen an Wärme durch den Betrieb von Servern, Netzwerk-Switches, Routern, Firewalls und anderen IT-Geräten. Um diese elektrischen Geräte zu kühlen und damit eine Überhitzung der Geräte zu vermeiden, muss eine erhebliche Menge an Energie für die Kühlung aufgewendet werden.
Zunächst sind die Gründe zu betrachten, die zur Ersparnis von Energie aus Sicht der Klimatisierung führen.
- Klimaanlagen und andere Kühlsysteme verbrauchen grundsätzlich weniger Energie, wenn sie nicht so stark kühlen müssen (dieser Gedanke ist einfach nachzuvollziehen).
- Es geht nicht um die Temperatur, die gehalten wird (z.B. 18 oder 28 Grad), sondern um die Wärmeenergie, die von den Komponenten bei einer definierten Betriebstemperatur des Rechenzentrums abgegeben wird und die abzuführen ist. Grundsätzlich gilt, bei höherer Betriebstemperatur im RZ erzeugen die Komponenten mehr Wärme (s.u.)
- Bei höheren Betriebstemperaturen kann aber in vielen Klimazonen häufiger Freikühlung verwendet werden. Das ist der wesentliche Punkt, der Einsparung verspricht. Je mehr Tage pro Jahr Freikühlung genutzt werden kann, desto größer ist das energetische Einsparungspotential durch die Klimatisierung.
- Freikühlung nutzt die Außentemperaturen, um die Luft im Rechenzentrum zu kühlen, anstatt mechanische Kühlung durch Kompressor-Technik zu verwenden. Was von der Abgabe der Abwärme in die Freiluft zu halten ist, steht auf einem anderen Blatt. In vielen Gebieten ist dies nicht erlaubt, weshalb die abzuführende Wärme des Rechenzentrums in Kreisläufe eingespeist wird, die Wärme benötigen. Der Aufbau dieser Netze ist natürlich nicht zum Nulltarif zu haben und muss in die Gesamtkostenbetrachtung einbezogen werden.
- Die Tage, an denen Freikühlung genutzt werden kann, werden zukünftig abnehmen. Die mittleren Temperaturen je Klimazone steigen im jährlichen Mittel. Dies ist bei zukünftigen Planungen zu berücksichtigen.
Aus Sicht der installierten Komponenten ergeben sich folgende Aspekte:
- Moderne Server und IT-Geräte sind oft so konstruiert, dass sie höhere Betriebstemperaturen tolerieren können, ohne dass ihre Leistung beeinträchtigt wird.
- Zu hohe Temperaturen können die Zuverlässigkeit und Lebensdauer der Hardware beeinträchtigen, daher müssen Temperaturerhöhungen sorgfältig überwacht und kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass die Geräte innerhalb ihrer empfohlenen Betriebstemperaturbereiche bleiben. Grundsätzlich kann man jedoch davon ausgehen, dass eine höhere Betriebstemperatur die Lebensdauer der eingesetzten Komponenten verkürzt und damit zu höheren Betriebskosten führt.
- Weiterhin ist zu beachten, dass die Energieverbräuche von IT-Geräten mit steigender Betriebstemperatur zunehmen. Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Elektronische Komponenten, wie Prozessoren und Speicherchips, erzeugen mehr Wärme, wenn sie bei höheren Temperaturen betrieben werden. Diese zusätzliche Wärme muss abgeführt werden, was den Energieverbrauch erhöht. Außerdem kann die Effizienz von elektronischen Bauteilen mit steigender Temperatur abnehmen, was zusätzlich zu höheren Verlusten führt.
- Viele IT-Geräte sind mit internen Lüftern ausgestattet, die die Betriebstemperatur regulieren. Wenn die Umgebungstemperatur generell steigt, müssen diese Lüfter schneller drehen, um die Komponenten zu kühlen. Eine höhere Lüfterdrehzahl erfordert mehr Energie (es wird mehr Strom benötigt).
- Mit steigenden Temperaturen können die Leckströme in Halbleiterbauelementen zunehmen. Leckströme sind unerwünschte elektrische Ströme, die durch Isolationsmaterialien fließen, wenn diese erhitzt werden. Dies wird den Gesamtenergieverbrauch der Geräte weiterhin erhöhen.
- Dem kann grundsätzlich entgegengewirkt werden:
- Viele moderne IT-Geräte verfügen über Mechanismen zur dynamischen Anpassung der Energieaufnahme in Abhängigkeit von der Auslastung und Temperatur. Diese Mechanismen können den Energieverbrauch optimieren und den Anstieg bei höheren Temperaturen minimieren.
- Wenn die Temperaturen an den Fühlern in den Geräten bestimmte Schwellenwerte überschreiten, wird die Rechenleistung gedrosselt, um Überhitzung zu vermeiden. Dies kann zwar die Leistung reduzieren, aber gleichzeitig den Energieverbrauch begrenzen. Das kann eigentlich nicht Sinn und Zweck der Auslegung eines Rechenzentrums sein, da die Rechenleistung die führende Größe des Systems sein sollte. Was bringt ein Rechenzentrum, das mit halber Leistung fährt?
Insgesamt gibt es also eine Abwägung zwischen der Energie, die für die Kühlung aufgewendet wird, und dem Energieverbrauch der Geräte selbst. Während höhere Betriebstemperaturen die Kühlkosten senken können, ist es wichtig, die Auswirkungen auf den Energieverbrauch der IT-Geräte und ihre langfristige Zuverlässigkeit zu berücksichtigen.
Wie ermittelt man nun auf der Basis des vorher Gesagten die geeignete Betriebstemperatur im Rechenzentrum oder im Server-Raum? Die Bestimmung der optimalen Betriebstemperatur für ein Rechenzentrum erfordert eine sorgfältige Abwägung verschiedener Faktoren und eine umfassende Analyse. Es folgen die wichtigsten Schritte und Überlegungen zur Ermittlung der geeigneten Betriebstemperatur:
- Zu überprüfen sind zunächst die von den jeweiligen Herstellern angegebenen Betriebstemperaturbereiche für die verwendeten IT-Geräte. Die meisten Hersteller geben empfohlene Temperaturbereiche an, innerhalb derer die Geräte optimal funktionieren. Oft geben die Hersteller auch Hinweise hinsichtlich der zusätzlichen Leistungsaufnahme der Geräte bei steigenden Temperaturen.
- Es kann zukünftig davon ausgegangen werden, dass moderne Prozessoren eine niedrigere Betriebstemperatur im RZ erforderlich machen (z.B. Komponenten, die für Berechnungen im Bereich der KI verwendet werden). Damit ist das Konzept der Freikühlung nicht mehr umsetzbar. Die Temperatur im RZ muss wieder gesenkt werden.
- Dabei ist zu beachten, dass die Komponenten in Verteilerschränke eingebaut werden und je nach Klimatisierung der Schränke sich innerhalb eines Schankes unterschiedliche Temperaturen ergeben. Die Temperaturen in den Schränken müssen zuverlässig gemessen werden, „Wärmenester“ sind zu ermitteln und zu beseitigen.
- Der Energieverbrauch des Rechenzentrums wird mithilfe eines geeigneten Monitorings gemessen. Dies erfolgt nach Möglichkeit getrennt für die IT-Geräte und die Kühlsysteme (jeweils eigene Messstellen und Zähler). Gleichzeitig ist ein umfassendes Überwachungs- und Alarmsystem zu implementieren, um die Temperaturen und den Energieverbrauch in Echtzeit zu überwachen. Dies muss auch die Außentemperaturen und die Zeiten für Freikühlung ermitteln.
- Jetzt kann eine dynamische Temperatursteuerung in Betrieb gesetzt werden, die die Temperatur im Rechenzentrum basierend auf der aktuellen Last und den Umgebungsbedingungen dynamisch anpasst. Dies spart Energie, ohne die Zuverlässigkeit zu beeinträchtigen.
Die optimale Betriebstemperatur eines Rechenzentrums sollte ein Gleichgewicht zwischen Energieeinsparung und Zuverlässigkeit der IT-Geräte bieten. Durch sorgfältige Analyse, kontinuierliche Überwachung und die Nutzung von Freikühlung können die Betriebskosten gesenkt werden, während die Geräte innerhalb sicherer Temperaturgrenzen betrieben werden.