Warum kann ein Bagger eine Airline lahmlegen?

23.02.2023 / Dr. Behrooz Moayeri

Am 15.02.2023 ging bei Lufthansa in Frankfurt nichts mehr. Tausende Passagiere konnten ihre Reise nicht antreten, weil ein Bagger ein Glasfaserkabel in der Umgebung des Flughafens unterbrochen hat. Ein sympathischer Mann von der Telekom erschien zur besten Sendezeit in den TV-Nachrichten, zeigte ein Kabel mit vielen Fasern und stellte klar, dass man in fünf Metern Tiefe in einem Graben von einem Meter Breite Stunden braucht, um hunderte Glasfasern wieder zu verbinden. Er fügte hinzu, ein Kabel kann nicht besser geschützt werden, als es im Falle des fünf Meter unter der Erdoberfläche verlegten Kabels der Fall war. Ein anderer Mann sagte, er hoffe für die Arbeitgeberin des Baggerfahrers, dass die Baggerfirma eine gute Haftpflichtversicherung habe, denn der Schaden gehe in die Millionen.

Dem Mann von der Telekom kann man beipflichten, wenn er sagt, hochfaserige Lichtwellenleiter so tief verlegt seien nicht schneller zu reparieren. Man muss ihm auch zustimmen, wenn er äußert, ein Kabel kann man nicht besser schützen, als es fünf Meter tief zu verlegen. Doch der Gesamtbotschaft des Telekom-Mitarbeiters muss man widersprechen. Seine Gesamtbotschaft war nämlich an die Passagiere und die Öffentlichkeit gerichtet. Diese darf nicht hinnehmen, dass ein kritischer Betrieb wie eine Luftfahrtgesellschaft an ihrem wichtigsten Hub von einer einzigen Kabeltrasse abhängig ist. Genauso wenig hat der sogenannte Experte recht, wenn er die Baggerfirma verspottet. Der Mann war offenbar nie auf einer Baustelle.

Von eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Kabelunterbrechungen bei Bauarbeiten nie auszuschließen sind. Deshalb gibt es ja die sogenannte Kantenredundanz. Entweder hat die Airline an falscher Stelle gespart und die redundante Trassenführung nicht bestellt, oder der Provider hat die redundante Trassenführung verkauft und nicht realisiert. So einfach dürfen Großkonzerne ihre Verantwortung nicht auf einen Bauunternehmer oder gar einen Baggerfahrer abwälzen.

Etwas anderes ist es, wenn ein großflächiges Desaster wie die Sturmflut auf der neuseeländischen Nordinsel fast ein ganzes Land lahmlegt. Mein Vorgänger Dr. Suppan hat uns dieser Tage aus Neuseeland von der fast die ganze Nordinsel betreffenden Störung erzählt: kein Strom, kein Telefon, kein Internet, und das in einer Gesellschaft, in der die Kreditkarte als Währung gilt und Bargeld kaum noch eine Rolle spielt, was heißt, dass niemand mehr etwas kaufen kann. Wahrscheinlich hätten in diesem Fall kantendisjunkte Leitungen auch nichts gebracht. Daher ist es sinnvoll, über Non-Terrestrial Networks (NTN) nachzudenken, um kritische Infrastrukturen abzusichern. Über NTN wird mein Kollege Dr. Wetzlar auf der diesjährigen Sonderveranstaltung Netze vom 24. bis 26. April in Düsseldorf referieren. Er geht auf verschiedene Satellitentypen wie Low Earth Orbiter (LEO) und Geostationary Earth Orbiter (GEO) sowie deren Vor- und Nachteile ein.

Auch Rechenzentren sind gegen die Risiken von Kabelunterbrechungen wie in Frankfurt oder regionale großflächige Desaster wie in Neuseeland zu schützen. Wie das geht, erfahren Sie zum Beispiel auf meinem Seminar RZ-Georedundanz und RZ-Betriebsredundanz. Die diesjährigen Termine sind im März, August und November.

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