Wie wird heute moderne Medientechnik für Konferenz- und Veranstaltungsräume geplant?
02.12.2024 / Walter Reisgys
aus dem Netzwerk Insider Dezember 2024
Die medientechnischen Anforderungen an Konferenz- und Veranstaltungsräume haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Während noch vor geraumer Zeit eine einfache audiovisuelle Ausstattung – wie beispielsweise Video-Projektor, Leinwand sowie Anschluss für Laptop – meist ausreichte, erwarten Nutzer heute eine moderne Medientechnik, die nahtlos in ihre hybride Arbeitsumgebung integriert ist.
Sie sind bei der Renovierung Ihres Bestandsgebäudes oder planen einen Neubau mit modernen Medientechnik-Lösungen? Dann ist im ersten Schritt eine Bestandsaufnahme durchzuführen, die für die anschließende Definition der Medientechnik-Standards für Ihr Unternehmen wichtig ist. Dabei gilt es, einige Fehler zu vermeiden.
Bedarfsaufnahme – der Grundstein für jedes erfolgreiche Projekt
Jede erfolgreiche Planung beginnt mit einer detaillierten Bedarfsaufnahme. Für jeden Raum werden die räumlichen Gegebenheiten, die Art der geplanten Raumnutzung (Think Tank, Huddle Room, Seminarraum, Auditorium etc.), die Anforderungen an die Ressourcenbuchung (Raumtyp, Medientechnik, Catering, Parkplatz und Videokonferenz-Management) sowie die vorhandene bzw. geplante technische Infrastruktur (IT/230VAC etc.) erfasst und dokumentiert.
Der enge Austausch zwischen Medientechnik-Planer und Kunde ist in dieser Phase sehr wichtig, um die Anforderungen und Wünsche des Kunden optimal in das Medientechnikkonzept einfließen zu lassen.
Folgende Fragen stehen für die Bedarfsaufnahme für jeden Raum im Mittelpunkt:
- Wie groß ist der Raum und wie viele Personen sollen darin Platz finden?
- Wie viele und wie große Bildwiedergabegeräte werden benötigt: LCD-Display, LED-Wall, Projektor und Leinwand?
- Werden externe Teilnehmer per Videokonferenz in Meetings eingebunden?
- Welche Unified-Communications-Plattform (Microsoft Teams, Zoom etc.) kommt hauptsächlich zum Einsatz? Gibt es weitere zum Einsatz kommende UC-Plattformen?
- Welche Kamera-, Mikrofon- und Lautsprechersysteme sind notwendig?
- Wie sieht eine sinnvolle Möblierung (Tische, Medienstelen etc.) für den Raum aus?
- Wie werden die notwendigen Ressourcen gebucht?
- Welche Anforderungen bestehen an die Raumakustik und das Raumlicht?
- Ist ein WLAN-/LAN-Netz verfügbar?
- Wie soll der Betriebszustand der Medientechnik fernüberwacht werden?
Auf Basis dieser Bedarfsaufnahme wird ein umfassendes Anforderungsprofil für jeden Raumtyp erstellt, das als Leitfaden für die gesamte Medientechnik-Planung dient.
Einführung von Medientechnik-Standards
Die Einführung von Medientechnik-Standards in Unternehmen sorgt für eine gleichbleibend konstante Qualität Ihrer Räume. Sie erleichtert den täglichen Meeting-/Veranstaltungs-Betrieb, und anfallende Service-Leistungen wie Wartung und Entstörung können schneller erledigt werden. Alle Nutzer der Medientechnik werden es schätzen, wenn sie sich in jedem Raum mit der Medientechnik schnell zurechtfinden, weil sie auf ein bekanntes Umfeld treffen.
Bei der Definition der Medientechnik-Standards ist auf bewährte Medientechnik zu setzen und eine einheitliche und zuverlässige Ausstattung zu planen, die dem aktuellen Technik-Standard entspricht und deren Produkte im Zusammenspiel erprobt sind.
Dies betrifft die folgenden Medientechnik-Produktgruppen:
1. Bild-Wiedergabegeräte
Bis zu einem maximalen Betrachter-Abstand von 10 Metern ist der Einsatz von 4K-fähigen Business-LCD-Displays (max. 110“-Bilddiagonale/ca. 2,5 m Bildbreite verfügbar) zu empfehlen, die entspiegelt sind.
Ab einem Betrachter-Abstand von 10 Metern kommt entweder ein DLP-Projektor (alternativ: LCD) mit einer Leinwand oder eine LED-Wall zum Einsatz. Aufgrund der drastisch gefallenen LED-Wall-Preise ist in Anbetracht aller anfallenden Kosten und wegen der Produktvorteile eine LED-Wall in Erwägung zu ziehen. LED-Walls werden im Markt der großen Bild-Wiedergabegeräte in den nächsten Jahren Projektoren und dann auch LCD-Displays verdrängen.
2. Ton-Wiedergabegeräte
In Konferenzräumen wird großer Wert auf eine gute Sprachverständlichkeit gelegt, in Veranstaltungsräumen auf eine gute Sprachverständlichkeit und eine gute Musik-Wiedergabe. “Bild gut, Ton da“ – waren Slogans von vorgestern, heute ist jedem bewusst, dass die Qualität eines Meetings und eines Vortrags entscheidend von einer guten Sprachverständlichkeit abhängt.
Die Sprachverständlichkeit ist von den folgenden Faktoren abhängig:
- Raumakustik: Hohe Nachhallzeiten verschlechtern die Sprachverständlichkeit / optimal für Konferenzen: Nachhallzeit von 0,8 – 1,2 sec
- Lautsprecher (Typenauswahl, Platzierung, Anzahl)
- Umgebungsgeräusche (z.B. durch Geräusche aus Nachbarräumen)
- Verzerrungen und Signalverluste, die durch schlechte Kabelverbindungen oder minderwertige Verstärker bedingt sind
Eine für Konferenzen und Veranstaltungsräume ungünstige Raumakustik (Nachhallzeit von >1,5 sec) kann durch die richtige Auswahl der Lautsprecher bedingt kompensiert werden. Die Montage von absorbierenden Materialien auf ausgewählten Wand- und Deckenoberflächen sollte als weitere Maßnahme hinzugezogen werden. Hierfür sollte ein Bauakustiker Teil des Planungsteams sein.
Die Ton-Wiedergabe sollte mit Frontlautsprechern aus der Richtung des Bildes kommen.
Deckenlautsprecher sollten nur zum Einsatz kommen, wenn bei Diskussionen an großen Sitzungstischen eine Sprachverstärkung notwendig ist, um die Gesprächspartner raumintern hören zu können. Die Bild-Präsentation von vorne sowie die Ton-Wiedergabe nur von der Decke sind nicht anzustreben. Die Konzentration der Teilnehmer lässt dabei nachweislich bereits nach wenigen Minuten nach.
In kleinen Räumen (z. B. Think Tanks) ist die Nutzung der integrierten Lautsprecher einer Videobar bzw. Soundbar zu empfehlen. Die Verwendung der in LCD integrierten Lautsprecher ist für Konferenzräume nicht empfehlenswert.
In mittleren Räumen (bis ca. 14 Personen) sind Linienstrahler die richtige Wahl, die links und rechts neben dem LCD (alternativ: neben der Leinwand) montiert werden.
In großen Räumen sind Linienstrahler (bei Bedarf mit Beam-Steering-Technologie) oder Line-Array-Lautsprecher die optimale Wahl.
In Veranstaltungsräumen wird das Lautsprecher-System zusätzlich mit Subbass-Lautsprechern ergänzt, um die Musikwiedergabe mit einem ausgewogeneren und intensiveren Klang zu ermöglichen.
3. Bild-Aufnahmegeräte bzw. Kamerasysteme
In kleinen Räumen (z. B. Think Tanks) ist die Verwendung der integrierten Kameras einer Videobar zu empfehlen. Angesichts des riesigen Angebots vieler Hersteller kann der Medientechnik-Planer die passenden Produkte für die Raumstandards aufzeigen.
In mittleren und großen Räumen sind PTZ-Kameras die richtige Wahl, die schwenkbar sind und deren Zoom-Objektiv motorisch steuerbar ist.
Um die sprechende Person formatfüllend in einer Videokonferenz abzubilden, können z. B. von einem Deckenmikrofon die Tracking-Informationen – wer spricht gerade? – ausgewertet werden.
4. Ton-Aufnahmegeräte bzw. Mikrofonsysteme
In kleinen Räumen (z. B. Think Tanks) werden die integrierten Mikrofone einer Videobar verwendet.
In mittleren und großen Räumen sind passend zu Ihren Bedürfnissen auszuwählen:
Tischmikrofone, Deckenmikrofone, Diskussionssprechstellen und Drahtlos-Mikrofonsysteme.
Signal-Management
Hierzu gehören alle Komponenten, die in einem Konferenz- oder Veranstaltungsraum für die Signaleinspeisung, Signalübertragung, Signalauswahl und Signalverteilung sorgen.
Letztendlich gehören zu dieser Produktgruppe auch UC-Videokonferenzsysteme.
1. Tischanschlussfelder für die Signaleinspeisung
Um auf dem Konferenztisch eine “fliegende Verkabelung“ zu vermeiden, bei der viele Kabel auf dem Tisch liegen, werden alle notwendigen Anschlüsse in einem oder mehreren Tischanschlussfeldern zusammengefasst.
Die folgenden Anschlüsse sind sinnvoll und kommen in allen Raumgrößen zur Anwendung:
- N X 230 VAC-Anschlüsse für die Stromversorgung von mobilen Geräten
- N X USB-C-Anschlüsse mit Power-Delivery-Protokoll für die Ladung von mobilen Geräten (Laptop, Mobiltelefon etc.) / bei Bedarf parallel auch USB-A-Anschlüsse
- N X USB-C-Anschlüsse für die bi-direktionale Signalübertragung von Grafik-Ausgang, Lautsprecher-Ausgang, Mikrofon-Eingang und der LAN-Verbindung / bei Bedarf parallel auch USB-A-Anschlüsse
- 1 x HDMI-Eingang für präsentierende Gäste, die keinen USB-C-Eingang verwenden können
2. Signal-Übertragung über längere Kabelwege
- HDBaseT zur Übertragung von Video-, Audio-, Steuer- und Ethernetdaten sowie Strom bis max. 100 Meter
- LWL-Übertragungsstrecken für die Übertragung von Video-, Audio- und Steuerdaten über große Entfernungen bis max. 10 km
- AV-over-IP-Lösungen für skalierbare und flexible Netzwerkinfrastrukturen
3. Drahtlose Präsentationssysteme
Drahtlose Präsentations-, Kollaborations- und Webkonferenzlösungen unterstützen in Meetings und Videokonferenzen die simultane Zusammenarbeit von Präsenz- und Online-Teilnehmern. Anschlusskabel sind hier nicht notwendig.
4. UC-Videokonferenzsysteme bzw. hybride Ausstattung mit Videokonferenz – BYOD und BYOM
Hybride Arbeitsmodelle haben die Bedeutung von Videokonferenzsystemen enorm gesteigert. Immer mehr Unternehmen setzen auf Lösungen, die sowohl Präsenzteilnehmer als auch virtuelle Teilnehmer nahtlos einbinden.
Hier kommen die Konzepte BYOD (Bring Your Own Device) und BYOM (Bring Your Own Meeting) ins Spiel:
- BYOD ermöglicht es Nutzern, ihre eigenen Geräte (Laptops, Smartphones, Tablets) einfach in das Konferenzsystem einzubinden. Dies erhöht die Flexibilität und spart Kosten für stationäre Arbeitsplätze.
- BYOM geht einen Schritt weiter und erlaubt es Nutzern, ihre bevorzugte Konferenzsoftware (z. B. Microsoft Teams oder Zoom) ohne komplexe Umstellungen zu verwenden.
Für diese hybriden Systeme werden hochauflösende Kameras, omnidirektionale Mikrofone und intelligente Lautsprechersysteme integriert, die alle Teilnehmer – egal ob vor Ort oder virtuell – in höchster Qualität verbinden.
Betriebskonzept – der Schlüssel zur reibungslosen Nutzung
Eine gut geplante Medientechnik ist nur so gut wie ihr Betriebskonzept. Deshalb ist für jedes Projekt eine individuelle Lösung zu entwickeln, die den täglichen Betrieb, die Wartung und die Benutzerfreundlichkeit sicherstellt. Das umfasst:
- intuitive Benutzeroberflächen für die Steuerung der Medientechnik, die auch ohne technische Vorkenntnisse leicht zu bedienen sind,
- zentrale Verwaltungssysteme, die es ermöglichen, die Technik aus der Ferne zu warten und bei Bedarf schnell Updates einzuspielen sowie
- Schulung der Nutzer, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten die Technik effizient nutzen können.
Ein durchdachtes Betriebskonzept reduziert Ausfallzeiten und verlängert die Lebensdauer der eingesetzten Technik.
Die 10 häufigsten Fehler bei der Planung von Medientechnik-Lösungen
Bei der Planung moderner Medientechnik gibt es einige Stolperfallen, die die Funktionalität und Nutzerfreundlichkeit erheblich beeinträchtigen können. Hier sind die zehn häufigsten Fehler, die in der Praxis zu beobachten sind und entsprechend vermieden werden können:
- Fehlende oder mangelhafte Bedarfsanalyse: Ohne eine genaue Analyse der Nutzer-Bedürfnisse werden häufig falsche technische Lösungen gewählt, die entweder überdimensioniert oder unzureichend sind.
- Unzureichende Akustikplanung: Vernachlässigt man die Raumakustik, kann selbst die beste Lautsprechertechnik ihre Wirkung nicht entfalten. Mehrfache Reflexionen und hohe Nachhallzeit können die Sprachverständlichkeit erheblich beeinträchtigen.
- Zu kleine Displays ohne Entspiegelung: Ein sehr häufiger Fehler ist die Wahl eines zu kleinen Bildschirms, dessen Grafikinhalte für die hinteren Sitzreihen kaum lesbar sind und der nicht entspiegelt ist (wie bei Konsumer-TV üblich). Ein Haze-Faktor von ca. 25 % ist zu empfehlen.
- Fehlerhafte Positionierung der Lautsprecher: Lautsprecher, die nicht optimal im Raum platziert sind, führen zu ungleichmäßiger Schallverteilung und schlechten Hörerlebnissen.
- Zu komplexe Bedienung: Wenn die Bedienung der Medientechnik zu kompliziert ist, sinkt die Akzeptanz bei den Nutzern, und die Medientechnik wird nicht gerne genutzt.
- Bediener-Schulungen werden nicht ausgeschrieben: Die Nutzer der Medientechnik sollten in die Medientechnik-Standards von der Raumbuchung bis zur Medientechnik-Bedienung nach der Fertigstellung ausführlich eingewiesen werden und dabei selbst eigene praktische Erfahrungen sammeln. In einer zweiten Schulungseinheit (z. B. nach drei Monaten Betrieb) werden die Schulungsinhalte vertieft, und im Betrieb aufkommende Fragen geklärt (z.B. Umgang mit Medientechnik-Fehlern während eines Meetings).
- Falsche Raumbeleuchtung: Die Raumbeleuchtung sollte dazu dienen, die Arbeitsflächen der Konferenztische und die Gesichter der Teilnehmer auszuleuchten und nicht auf die Bildwiedergabegeräte gerichtet sein. Eine falsche Anordnung der Deckenleuchten führt oft zu Spiegelungen im Bildwiedergabegerät und zu nicht ausreichender Ausleuchtung der Konferenztische und der Gesichter der Teilnehmer.
- Fehlendes Remote-Management: Fast alle Medientechnik-Produkte sind über eine LAN-Schnittstelle managebar. Fehlermeldungen lassen sich auslesen, Steuerbefehle ausführen und ermöglichen einem Service-Operator aus der Ferne Zugriff auf Status und Steuerung aller Medientechnik-Produkte.
- Medientechnik-Produkte sind im Zusammenspiel nicht erprobt: Die Akzeptanz der Medientechnik bei Ihren Mitarbeitern hängt stark davon ab, dass die Produkte miteinander einwandfrei funktionieren und dabei auch geringe Ausfallquoten aufweisen.
- Fehlendes Service-Konzept mit ausführendem MT-Systemhaus: Oft wird bei Ausschreibungen für Medientechnik-Installationen kein Service-Konzept ausgeschrieben. Eine nachträgliche Ausschreibung des Service-Konzepts verteuert die laufenden Kosten immens.
Mit der richtigen Planung und der Vermeidung dieser häufigen Fehler werden Medientechnik-Lösungen geschaffen, die nicht nur technisch überzeugen und begeistern, sondern auch langfristig nutzbar und flexibel erweiterbar sind.