aus dem Netzwerk Insider April 2023
WLAN Interworking, WLAN Call oder WiFi Calling – die Funktionsweise, Mobilfunktelefonate (Sprache) oder SMS (Text) von einer WLAN-Infrastruktur aus über ein Mobilfunknetz zu einem Teilnehmer der Wahl zu übertragen, trägt unterschiedliche Bezeichnungen. Selbst die deutschen Provider konnten sich nicht auf einen Namen einigen, sodass Telekom und Telefonica diese Funktion WLAN Call und Vodafone WiFi Calling nennt. Seit 2016 wird diese Technologie von allen deutschen Providern angeboten. Daher ist sie zwar nicht gerade die neueste, doch gewinnt sie immer mehr an Bedeutung, wenn es darum geht, eine allgemeine Erreichbarkeit für mobile Endgeräte kostengünstig dort zu schaffen, wo kein Mobilfunk existiert – was typischerweise in Gebäuden der Fall ist. Der Begriff Voice over WiFi (VoWiFi) sollte für diese Technologie als weltweit verständlich gelten und findet daher in diesem Artikel Anwendung.
Zu Beginn der Smartphone-Ära standen WLAN und die Mobilfunktechnologie noch konkurrierend gegenüber. WLAN wurde hauptsächlich für den reinen Datenverkehr genutzt, während Mobilfunk für die Telefonie, also Sprachübertragungen, und SMS zuständig war bzw. immer noch ist. Es war schlichtweg nicht möglich, Mobilfunkdienste über WLAN zu übertragen. Dies hat sich 2004 mit dem Unlicensed-Mobile-Access-(UMA-)Standard geändert, der von der GSMA (Groupe Speciale Mobile Association) veröffentlicht wurde. Das Ziel dieses Standards war es, Mobilfunkdienste an IP-Netze heranzuführen, sodass ein Wechsel zwischen den beiden Netzen möglich wurde. Mit der Einführung der IP-Technologie in der vierten Mobilfunkgeneration (4G) war der erste Schritt hin zu einer gemeinsamen Nutzung der beiden Technologien getan. Der UMA-Standard wurde dadurch in VoWiFi (WiFi Calling) umbenannt und an den heutigen Stand der Technik angepasst.
Architektur und Funktionsweise von VoWiFi
Schauen wir uns die Architektur und Funktionsweise von VoWiFi etwas genauer an. Abbildung 1 zeigt den klassischen Aufbau eines Anrufs mittels Voice over LTE (VoLTE) (in Grün dargestellt) und einem Teilnehmer, der VoWiFi nutzt (in Rot dargestellt). Als Erstes betrachten wir, wie Sprache in LTE-Mobilfunknetzen übertragen wird.
In 2010 haben die deutschen Provider begonnen, LTE in ihren Mobilfunknetzen zu implementieren. Was Ihnen vielleicht noch nicht bekannt ist: Zunächst ist keine Sprachlösung im LTE-Standard implementiert worden, da die Hauptziele höhere Datenraten, niedrige Latenzen und die Einführung der IP-Technologie waren. Die eigentliche Sprachübertragung wurde erst vier Jahre später mit der Veröffentlichung von LTE-Advanced (Release 10) eingeführt. Voice over LTE ermöglicht eine paketbasierte Telefonie, nämlich Voice over IP (VoIP), vom Endgerät (User Equipment, UE) verschlüsselt und über das Serving Gateway (S-GW) und das Packet Data Network Gateway (P-GW) im LTE Core hin zum IP Multimedia Subsystem (IMS). Das IMS ist quasi der Session Border Controller (SBC) des LTE-Netzes, dient als Vermittlungsstelle für IP-basierte Multimediaanwendungen und basiert auf dem Protokoll Session Initiation Protocol (SIP), dem Signalisierungsprotokoll von VoIP. Seit Mitte 2015 stellen die deutschen Provider den VoLTE-Service ihren Kunden zur Verfügung, der im Vergleich zu den vorherigen Mobilfunkgenerationen einen extrem kurzen Rufaufbau (innerhalb weniger Sekunden) und eine bessere Sprachqualität durch Nutzung von breitbandigen Codecs bietet. Heute wird VoLTE großflächig in Deutschland angeboten und von den Endanwendern genutzt.
Schauen wir uns nun die Funktionsweise von VoWiFi etwas detaillierter an. Zunächst sind die folgenden Bedingungen zu berücksichtigen, damit der Betrieb von VoWiFi möglich ist:
- Das Endgerät, typischerweise ein Smartphone, ist in einem WLAN eingebucht, das mit dem Internet verbunden ist.
- Das Endgerät unterstützt VoWiFi und ist entsprechend konfiguriert.
- Die VoWiFi-Option ist im genutzten Mobilfunkvertrag dazu gebucht.
Zu Beginn muss ein VoWiFi-fähiges Endgerät die IP-Adresse des sogenannten evolved Packed Data Gateway (ePDG) identifizieren. Dies geschieht mithilfe einer DNS-Anfrage eines in der SIM-Karte statisch hinterlegten FQDN (Fully Qualified Domain Name, im Internet auflösbarer Name) des ePDG, oder das Endgerät generiert diesen dynamisch unter Verwendung von Mobile Country Code (MCC) und Mobile Network Code (MNC) des genutzten Mobilfunkbetreibers. Der FQDN des ePDG setzt sich wie folgt zusammen: epdg.epc.mncxxx.mccyyy.pub.3gppnetwork.org. Wobei „xxx“ für die Nummer des MNC und „yyy“ für den MCC steht, welche öffentlich erreichbar sind und auf der Seite der Bundesnetzagentur abgerufen werden können [1]. Der MNC für Deutschland ist 262. Er ist für sämtliche Provider in Deutschland eindeutig, wobei diese mehrere MNCs haben können. Beispielsweise hat die Telekom die MNCs 01, 06 und 78. Typischerweise ist der FQDN jedoch bereits auf der genutzten SIM-Karte hinterlegt. Sobald die DNS-Anfrage vom Mobilfunk-Provider empfangen wurde, stellt dieser die IP-Adresse des ePDG zur Verfügung, welche anschließend als IPSec-Endpunkt verwendet wird. Das ePDG wurde für den VoWiFi-Dienst im Mobilfunk-Core neu implementiert, während die anderen Funktionen im Core von VoWiFi und VoLTE gemeinsam genutzt werden. Die Hauptaufgabe vom ePDG besteht darin, unzählige IPSec-Verbindungen zu verwalten und dem Core des Mobilfunkbetreibers zu übergeben. Um die Sicherheit des VoWiFi-Dienstes zu gewährleisten, wird jedes Endgerät vom ePDG mithilfe des AAA-Servers authentisiert, bevor ein permanenter IPSec-Tunnel zwischen dem ePDG und dem Endgerät aufgebaut wird. In diesem Tunnel werden die eigentlichen Daten, sprich Anrufe oder SMS-Nachrichten, übertragen. Der ePDG vermittelt anschließend sämtliche Pakete zwischen dem Endgerät, dem P-GW und dem IMS, welche den VoWiFi-Dienst realisieren.
Zusammengefasst werden lediglich drei Schritte benötigt, damit ein Endgerät Telefonate über VoWiFi aufbauen und SMS versenden kann:
- Identifizieren des ePDG des genutzten Mobilfunkbetreibers.
- Aufbau des IPSec-Tunnels zwischen dem Endgerät und dem ePDG sowie
- sicherer Transport der eigentlichen Daten über den IPSec-Tunnel.
Handover zwischen WLAN und Mobilfunk
Zu der wohl wichtigsten Eigenschaft von VoWiFi gehört, dass ein Handover zwischen dem Mobilfunknetz und einem WLAN möglichst reibungslos funktioniert, damit eine nahtlose Benutzererfahrung beim Telefonieren gewährleistet werden kann. Ziel ist es, dass es zu keiner Unterbrechung beim Telefonieren kommt, wenn ein Nutzer ein Gebäude betritt oder verlässt. Wie in Abbildung 1 zu erkennen ist, terminieren die Anrufe im IMS bzw. leitet das IMS diese entsprechend weiter. Dadurch ist in der Theorie ein Handover zwischen dem Mobilfunknetz und einem WLAN gegeben. In der Praxis funktioniert dies jedoch nicht immer.
Die Entscheidung, wann ein Handover vollzogen wird, trifft das Endgerät in Zusammenarbeit mit dem Mobilfunknetz des jeweiligen Providers. Hierbei wird die Qualität der jeweiligen Route, also des WLANs und des Mobilfunknetzes, geprüft und entschieden, welche vom Endgerät genutzt werden soll. Jeder Provider verfolgt dabei seine eigenen Methoden. Beispielsweise kann Provider A festlegen, dass bei Verfügbarkeit von VoWiFi auf einem Endgerät alle Telefonate darüber zu führen sind, während Provider B es bevorzugt, vor dem Wechsel zu VoWiFi den Mobilfunkempfang solange zu nutzen, bis dieser nicht mehr verfügbar ist. Die Entscheidung, wann und ob gewechselt werden soll, muss schnell getroffen werden, damit es nicht zu einem Abbruch des Gesprächs kommt und ein Pendeln zwischen den Netzwerken verhindert wird. Um eine Entscheidungshilfe zu bieten, ist es ratsam, für Bereiche zu sorgen, in denen sich das Mobilfunknetz und die WLAN-Abdeckung überschneiden, damit das Endgerät möglichst lange Zeit hat, die möglichen Routen zu überprüfen und entsprechend zu entscheiden, welche genommen werden soll. Daher sollte darauf geachtet werden, dass die WLAN-Abdeckung auch außerhalb und in der Nähe des Gebäudes ausreichend ist oder der Mobilfunkempfang noch in das Gebäudeinnere eindringt. Zusätzlich kann geprüft werden, ob der Hersteller der WLAN-Infrastruktur Funktionen unterstützt, die ein Handover zum Mobilfunknetz erleichtert. Ein Hersteller bietet beispielsweise eine Funktion an, die ein Deauthentication Frame sendet, wenn die WLAN-Signalstärke des Endgerätes am Netzwerkrand stark abfällt.
Ein weiterer sehr wichtiger Punkt ist, dass ein unterbrechungsfreier Handover zwischen WLAN und Mobilfunk aufgrund der All-IP-basierten Architektur erst ab LTE möglich ist. In anderen Worten: Wenn kein LTE-Netz vor dem Gebäude verfügbar ist, kann kein Handover stattfinden, und das Gespräch bricht ab. In der Zukunft wird dieser Handover auch in 5G-Netzen möglich sein. Hierfür muss jedoch erst einmal Voice over New Radio (VoNR) flächendeckend implementiert werden, was noch ein paar Jahre dauern wird. Auch bei 5G liegt der Fokus zunächst auf der reinen Datenübertragung und nicht auf der Sprachübertragung.
VoWiFi in der Praxis
Auf den ersten Blick scheint die Funktion bzw. die Technologie recht trivial und einfach zu implementieren sein, doch wie so häufig steckt der Teufel im Detail. In der Praxis sträubt sich der Betreiber des einen oder anderen Kunden vor der Implementierung von VoWiFi, da er eine Flut von Tickets befürchtet, wenn der Nutzer trotzdem nicht erreichbar ist oder das Tätigen eines Anrufes nicht funktioniert. Wir haben in der Vergangenheit bei unterschiedlichen Kunden immer wieder Probleme mit VoWiFi identifizieren können. Die häufigsten waren abrupte Verbindungsabbrüche, die auf ein schlechtes Roaming- oder Handover-Verhalten zurückzuführen waren, oder dass Teilnehmer nicht erreichbar gewesen sind, obwohl sie im WLAN eingebucht waren und die VoWiFi-Option aktiv war. Generell ist ein Troubleshooting von VoWiFi recht komplex bzw. fast unmöglich, da die gesamte Kommunikation mit einem IPSec-Tunnel gesichert ist und dadurch nur nachvollzogen werden kann, ob dieser Tunnel aufgebaut ist oder nicht. Des Weiteren ist das Absetzen von Notrufen über VoWiFi nicht möglich. In der Theorie klappt dies schon, da sämtliche Telefonate über das IMS des Mobilfunkbetreibers geführt werden. Jedoch kann der Provider den Standort des Anrufenden nicht über das fremde WLAN-Netz ermitteln, welches für den Notruf essenziell ist. Daher müssen bei Einführung von VoWiFi alle Teilnehmer im Unternehmen zwingend darüber unterrichtet werden, dass ein Notruf nicht möglich ist. Im Ernstfall wird der Teilnehmer es recht schnell merken, da der Notruf nicht gewählt werden kann. Dadurch ist es aber umso wichtiger, dass ein separates Notrufkonzept bereits besteht oder vor der Einführung von VoWiFi erarbeitet wird.
Aspekte bei der WLAN-Planung
Um dem Betreiber der IT-Infrastruktur die Ängste zu nehmen, ist es empfehlenswert, die bereits bestehende WLAN-Infrastruktur, die für VoWiFi genutzt werden soll, dahingehend zu prüfen, ob diese dafür ausgelegt ist. Falls eine neue WLAN-Infrastruktur aufgebaut wird, sollte bereits bei der Planung des WLANs darauf geachtet werden, dass sich diese für Voice-Anwendungen eignen. Mit der folgenden Auflistung möchte ich auf ein paar wichtige Aspekte eingehen, die bei einer Voice-fähigen WLAN-Infrastruktur, die für VoWiFi genutzt werden soll, zu berücksichtigen sind:
- IPSec-Einstellungen
IPSec-Verbindungen zum ePDG des jeweiligen Mobilfunkanbieters müssen zustande kommen, da VoWiFi ansonsten nicht genutzt werden kann. Um dies sicherzustellen, müssen die UDP-Ports 500 sowie 4500 inklusive des IP-Protokolls ESP (Encapsulating Security Payload) in den genutzten Firewalls freigegeben werden. Wenn eine Whitelist genutzt wird, müssen darin die FQDN der ePDGs der gewünschten Mobilfunkanbieter eingetragen werden. Hierüber kann auch eingeschränkt werden, mit welchen Mobilfunkanbietern VoWiFi genutzt werden kann.
- Betrachtung der Kapazität
Ähnlich wie bei einem VoIP-Anruf benötigt jeder aktive VoWiFi-Anruf zwischen 16 und 320 kbit/s. Abhängig von der geforderten Zahl paralleler VoWiFi-Anrufe müssen sowohl das WLAN als auch der Uplink ins Internet entsprechend dimensioniert werden. Die Erfahrung zeigt, dass die Anzahl von zehn parallelen Anrufen pro Access Point (AP) ein guter Richtwert ist.
- Kanalbelegung durch andere Teilnehmer begrenzen
Andere Teilnehmer belegen das (Shared) Medium besonders lange, wenn sie geringe Datenraten benutzen. Daher wird nahegelegt, ältere WLAN-Standards, wie IEEE 802.11b/g & a, nicht anzuwenden. Falls diese Standards genutzt werden, empfiehlt es sich, einen Mischbetrieb von IEEE 802.11b/g zu verhindern, damit keine zusätzliche Datenkollisionserkennung durch die Funktion Clear to Send (CRS) erfolgt. Diese Funktion ermöglicht zwar, dass der Datendurchsatz erhöht wird, jedoch funktioniert sie nur in überschaubaren WLANs, in denen sich die Endgeräte gegenseitig sehen bzw. hören können.
- Handover zwischen Access Points
Für ein Voice-taugliches WLAN-Netz ist eine vergleichsweise hohe Überlappung der Funkzellen notwendig. Bei zu geringer Überlappung kann es zu Gesprächsunterbrechungen von wenigen Sekunden oder sogar Abbrüchen kommen. Im 2,4-GHz-Band existieren nur drei überlappungsfreie Kanäle. Daher ist zu empfehlen, eine eigene Voice-SSID im 5-GHz-Band zu betreiben.Generell entscheidet das Endgerät, wann es zu einem anderen AP wechselt. Dadurch gibt es immer wieder sogenannte „Sticky“-Endgeräte, die sich quasi an einem AP festkleben, obwohl es schon benachbarte APs mit einer deutlich besseren Signalqualität gibt.
Um einen möglichst nahtlosen Wechsel zwischen den WLAN-Zellen (auch Seamless Roaming genannt) zu ermöglichen, empfiehlt es sich, die folgenden Standards zu nutzen. Diese Funktionen müssen sowohl vom WLAN als auch vom Endgerät unterstützt werden:
- IEEE 802.11k – ermöglicht den Informationsaustausch zwischen einem Endgerät und dem aktuellen AP zur Erkennung benachbarter APs und deren Funkparameter wie beispielsweise der Signalstärke. Dadurch wird der Suchbereich des Endgerätes deutlich reduziert, welche die Übergabe schneller und genauer macht.
- IEEE 802.11r (Fast Roaming) – regelt anschließend das Roaming von einem AP zum anderen, ohne die Netzwerkverbindung unterbrechen zu müssen. Dies ermöglicht einen schnelleren und robusteren Handover-Prozess.
- Optional IEEE 802.11v (Wireless Network Management) – ermöglicht die Konfiguration von Endgeräten, die mit dem WLAN verbunden sind. Das WLAN tauscht Informationen über die Netzwerktopologie aus und kann das Endgerät anweisen, ein Roaming zu einem spezifischen AP durchzuführen.
An dieser Stelle verweise ich gerne auf unser WLAN-Seminar [2], in dem Sie einen tiefgehenden Einblick in das Thema WLAN-Planung sowie den Aufbau und Betrieb solcher Netze erhalten.
Quality of Service (QoS) als Garant für eine Funktionalität?
Als letzten Punkt möchte ich noch auf das Thema QoS eingehen. Relevante Anforderungen einer Sprachkommunikation sind die Paketlaufzeit (Delay), Jitter und die Paketverlustrate der Verbindung. Diese Parameter sollten möglichst gering sein, um eine entsprechende Qualität der Telefonate zu ermöglichen. VoIP toleriert beispielsweise in gewissen Maßen den Verlust von Paketen. Ein Paket enthält ca. 200 Bytes Sprachdaten, welches einer Gesprächszeit von ca. 25 ms entspricht. Demnach bedeutet es, dass es nicht zu Verständigungsproblemen kommt, wenn mal ein Paket verloren geht. Die grobe Daumenregel besagt, dass eine Verlustrate von bis zu 5 % nicht zu wesentlichen Qualitätseinbußen führt. Mithilfe von QoS besteht die Möglichkeit, den Voice-Verkehr zu priorisieren, damit eine gewisse Qualität und das Einhalten der genannten Parameter möglich sind. Dabei ist es wichtig, dass QoS nicht nur im WLAN konfiguriert ist, sondern von Anfang bis Ende, also vom Endgerät hin zum AP über das kabelgebundene Netzwerk sowie auf der gesamten Route bis zum ePDG. Hierbei gilt, dass QoS nur so stark ist wie das schwächste Glied in der Kette. Wie wir wissen, gibt es im Internet keine QoS-Mechanismen. Wenn also zwei verschiedene Provider für Mobilfunk und den Internetzugang zuständig sind, gibt es bei VoWiFi keine durchgängige QoS. Mit zunehmender Datenrate von Verbindungen im Internet ist dies auch immer weniger erforderlich.
QoS im WLAN setzt man mit dem sogenannten Wireless-Multi-Media-Protokoll (WMM) um. WMM verwendet vier Prioritätsstufen, wobei die höchste, also die vierte, für Sprache genutzt wird, was im IEEE-802.1D-Standard den Tags 6 (Voice) und 7 (Network Control) entspricht. Durch die Vergabe dieser Priorität werden Sprachpakete über VoIP mit minimaler Latenz und der höchstmöglichen Qualität übertragen. Hierbei ist wichtig, dass sowohl die genutzten Endgeräte als auch die APs gemäß dem von der WiFi Alliance spezifizierten Zertifizierungsprogramm für WMM zertifiziert worden sind. Falls im kabelgebundenen Netzwerk bereits VoIP-Dienste genutzt werden, wird VoWiFi keine Probleme haben. Layer-2-Pakete werden gemäß IEEE 802.1Q mit dem Priority Code Point (PCP) 5 priorisiert. Layer-3-Pakete werden anhand der definierten Differentiated Services Codepoint (DSCP) klassifiziert. Sobald der VoWiFi-Anruf das lokale Netzwerk verlässt, wird er über das Internet zum ePDG des Mobilfunkanbieters geleitet.
Fazit
VoWiFi war wahrscheinlich zu seiner Zeit einer der bedeutendsten Entwicklungen in der Smartphone-Kommunikation. Aufgrund der hohen Nachfrage nach mobiler Erreichbarkeit gewinnt die Technik wieder mehr an Bedeutung. Mit gutem Grund, da Studien gezeigt haben, dass ca. 80 % der mobilen Telefonie aus Gebäuden gestartet werden bzw. dort stattfinden.
Die Vorteile liegen klar auf der Hand – es wird nur eine Infrastruktur benötigt, um die Erreichbarkeit von mobilen Teilnehmern zu ermöglichen. Dadurch können hohe Kosten gespart werden, da die Kosten für ein Inhouse-Mobilfunksystem schnell mittlere sechsstellige Beträge erreichen können. Zusätzlich ist man nicht ganz abhängig vom Mobilfunkbetreiber. Natürlich stellt der Mobilfunkbetreiber diese Funktion zur Verfügung, doch müssen Sie diese Option im Mobilfunkvertrag lediglich aktivieren bzw. buchen. Wenn Sie schlechten Mobilfunkempfang im Gebäude haben und dies mit einem Inhouse-Mobilfunksystem ändern wollen, muss dies immer über einen Provider geschehen – das heißt der Provider wird schlussendlich entscheiden, ob er eine Infrastruktur in Ihrem Gebäude aufbaut oder nicht. Hierbei sind häufig die Popularität und die Nutzung des Gebäudes entscheidend, da der Provider hauptsächlich seinen Umsatz mit dem Verkauf von SIM-Karten generiert. Zudem ist unter Umständen ein Provider nicht ausreichend, was Planung und Ausführung weiter kompliziert macht.
Selbstverständlich gibt es auch den einen oder anderen Nachteil von VoWiFi. Besonders zu betonen ist, dass ein Absetzen eines Notrufs über VoWiFi nicht möglich ist! Dies gilt bei der Erstellung und Realisierung eines Notrufkonzeptes zu beachten ebenso wie die Tatsache, dass die WLAN-Infrastruktur für VoWiFi ausgelegt ist. Daher ist es wahrscheinlich, dass vor der Einführung von VoWiFi die bestehende WLAN-Infrastruktur aufgerüstet werden muss. Ein Patentrezept für die Netzdimensionierung und Planung gibt es nicht, da dabei viele Faktoren berücksichtigt werden müssen. Des Weiteren gilt zu beachten, dass immer eine aktive WLAN-Verbindung benötigt wird. Falls Sie diesen Service Ihren Gästen zur Verfügung stellen wollen, müssen diese sich also immer erst mit dem WLAN verbinden, was häufig nicht automatisch geschieht. Dadurch leidet die Nutzbarkeit, da sämtliche Telefonate beim Betreten des Gebäudes verloren gehen, denn ein Handover vom Mobilfunk zur WLAN-Infrastruktur wird höchstwahrscheinlich nicht funktionieren. Da die Funktion von VoWiFi nicht garantiert werden kann, sollte diese Technik auch nicht in Umgebungen genutzt werden, wo eine Erreichbarkeit zwingend notwendig ist wie zum Beispiel in einem Krankenhaus. Hier wäre es ziemlich ungeschickt, wenn ein Arzt nicht erreicht werden kann, weil der IPSec-Tunnel gerade nicht aufgebaut ist.
Zusammengefasst bietet VoWiFi eine kostengünstige Alternative zu einer Inhouse-Mobilfunkversorgung und sollte immer als Option betrachtet werden. Die Entscheidung über die Nutzung von VoWiFi hängt jedoch von der jeweiligen Situation, den Nutzungsszenarien und den Gebäudeeigenschaften ab.
Verweise
[1] Bundesnetzagentur. (28. Januar 2023). Internationale Kennungen für Mobile Teilnehmer (IMSI). Von https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/Unternehmen_Institutionen/Nummerierung/TechnischeNummern/IMSI/IMSI_zug.Bloecke.pdf?__blob=publicationFile&v=1 abgerufen
[2] ComConsult. (2023). Wireless LAN – WLAN: Planung, Aufbau und Betrieb. Von https://www.comconsult.com/wireless-lan/ abgerufen