aus dem Netzwerk Insider Juni 2023
In der Vergangenheit wurde WLAN häufig als „nice-to-have“ verstanden. Insbesondere in Büro-Umgebungen wurde WLAN meist nur in Besprechungsräumen und für Gäste wirklich aktiv genutzt. Und manchmal vertreten viele Verantwortliche diese Ansicht bei der Planung für Bestandsgebäude immer noch. Allerdings wird dies seltener.
Mit der Zeit hat sich einfach gezeigt, dass die Relevanz einer WLAN-Anbindung für den Büro-Betrieb im Vergleich zur Vergangenheit deutlich zugenommen hat. So ist die Planung einer WLAN-Nutzung mittlerweile flächendeckend üblich. Die mit dieser Entwicklung einhergehende Relevanz des WLANs bis hin zu einem WLAN-only-Office erhöht jedoch in der Regel auch die Anforderungen an das WLAN.
In vielen Unternehmen steht daher spätestens bei einem Neubau die Überlegung an, ob ein Wechsel zu einem WLAN-only-Office sinnvoll wäre. Flexible Bürokonzepte mit Shared-Space etc. legen dies teilweise sogar nahe. Diese Art des Arbeitsumfeldes bietet zwar viele Vorteile, doch auch einige technische Herausforderungen. Bevor man sich allerdings für eine solche Umstellung entscheidet, ist es wichtig, die Machbarkeit sowie alle Vor- und Nachteile einer solchen Lösung sorgfältig zu prüfen. Auch wenn bestimmte Bürokonzepte eventuell vorgegeben sind, bieten sich noch technische Entscheidungspunkte, welche die WLAN-Versorgung betreffen.
Im vorliegenden Artikel wollen wir uns das Thema WLAN-only-Office beispielhaft anschauen und überlegen, welche konkreten Schritte betrachtet werden müssen, um hier zu einer sinnvollen Entscheidung zu kommen.
WLAN-only-Office wird in der Planung relevant
Natürlich muss man sich gerade bei einer Erneuerung des WLANs in Bestandsgebäuden, doch auch bei einem Neubau die Frage nach den genauen Anforderungen an das WLAN stellen. Und hier ergibt sich in den aktuellen Projekten meist die Frage, wie sehr man sich auf WLAN als Medium verlassen will und soll. Geht man tatsächlich so weit und konzipiert seine Büro-IT als WLAN-only-Betrieb und verzichtet auf Arbeitsplatz-Ports? Das bedeutet dann, dass Büro-Arbeitsplätze und weitestgehend alle Endgeräte mittels WLAN angebunden werden.
In diesem Fall könnte der Bedarf an kabelgebundener Anbindung deutlich reduziert werden, was Verkabelungskosten einspart und die Anzahl der benötigten Switches reduziert. Im Gegenzug steigen Anforderungen an die WLAN-Versorgung und an den Betrieb der WLAN-Infrastruktur. Eventuell muss man sich also Gedanken machen, welche Kombination überhaupt betrieblich abgedeckt und umgesetzt werden kann und wo der individuelle Kompromiss zwischen WLAN-only und Arbeitsplatzverkabelung liegt.
Dass WLAN für die meisten Büro-Umgebungen kein „nice-to-have“, sondern eher ein Must-have ist, wird in der IT kaum jemand bestreiten. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen. Gerade, wenn man ein neues modernes Büro-Gebäude plant, sorgt man mittlerweile immer häufiger für eine weitgehend flächendeckende WLAN-Versorgung.
Somit ergibt sich in den meisten Bau- oder WLAN-Erneuerungsprojekten mindestens die Anforderung, eine einfache Grundversorgung in allen üblichen Büro-Bereichen vorzusehen. Im Hinblick auf die vermeintlich erwarteten Ersparnisse im Bau werden in Bauprojekten mittlerweile Forderungen und Vorschläge zu einem WLAN-only-Office diskutiert.
Die Meinungen gehen dabei oft deutlich auseinander. In der Projekt-Praxis sehen wir verschiedene Ansichten. Häufig erleben wir insbesondere bei der Planung der passiven Infrastruktur durch Fachplaner oder Bauverantwortliche die „traditionelle“ Meinung, dass drahtgebundene LAN-Ports wie „an bestehenden Standorten“ oder „wie man es immer schon geplant hat“ vorgesehen werden sollten. Demgegenüber steht häufig das Management oder die Architekten, die möglichst auf Ports verzichten wollen.
In diesem Feld bewegen sich die IT-Verantwortlichen oft zwischen dem Innovationstreiber und dem Ziel, den etablierten IT-Betrieb aufrechtzuerhalten. Letzteres wird leider manchmal als Innovationsverhinderer empfunden. Da ist es nicht einfach, die passende Zielrichtung für eine Planung zu finden. Hierzu müssen die Anforderungen auf technischer Ebene definiert werden und begründbar sein. Diese hängen damit deutlich vom vorgesehenen Nutzungskonzept, dem üblichen Nutzerverhalten und dem IT-Betrieb inkl. der betrieblichen und organisatorischen Vorgaben ab.
Wenn die Abschätzung und Beurteilung in einem konkreten Projekt nicht so trivial ausfallen, kann es sinnvoll sein, die Anforderungen an das WLAN und das drahtgebundene LAN erst einmal zu bewerten, bevor eine Entscheidung getroffen wird.
Manchmal besteht bereits eine klare Tendenz für oder gegen WLAN-basierte Büroarbeit. So kann es eine deutliche Vorstellung hinsichtlich des Betriebs und auch der Fallstricke geben. Allerdings ist es für den Kunden nicht immer so einfach, die Entscheidung für oder gegen WLAN-only-Office zu treffen. Während Management oder Gebäudeplaner häufig auf WLAN setzen wollen, da vermeintlich modern, sind Techniker oder auch Nutzer etwas skeptischer.
Jedoch geht die Entscheidung für eine vermehrte WLAN-Nutzung meist damit einher, dass man weniger (oder auch teilweise fast keine) LAN-Ports an Arbeitsplätzen vorsieht, was dazu führt, dass man sich später oft nicht einfach umentscheiden kann. Schließlich möchte man Kosten sparen. Eine Fehlentscheidung und insbesondere weggelassene Verkabelung im Rahmen des Bauprojekts kann daher zu deutlichen Kosten führen, wenn die Verkabelung korrigiert und nachgerüstet werden muss.
Sollte die Lage nicht eindeutig sein, kann sich hieraus einiges an Diskussionsbedarf ergeben. Zugegebenermaßen gibt es viele praktische Projekte, bei denen die Entscheidung zum WLAN und Port-Bedarf aufgrund bestehender Arbeitsplatz-Konzepte hinsichtlich der groben Richtung mehr oder weniger vorgegeben ist. In der Vergangenheit haben wir jedoch auch Projekte erlebt, bei denen die Ansichten deutlich auseinandergegangen sind und eine genauere Betrachtung notwendig wurde. Daher ist es in solch einem Fall sinnvoll, die Machbarkeit und damit die Vor- und Nachteile für den konkreten eigenen Bedarf zu betrachten und systematisch abzuwägen.
Die im Folgenden dargestellten Überlegungen stammen aus einem Kundenprojekt. Hier sollten insbesondere die Unterschiede der bisherigen Anforderungen an eine WLAN-Grundversorgung zu möglichen Anforderungen an eine WLAN-only-Planung im Sinne einer Machbarkeitsstudie bewertet und betrachtet werden. Technische und betriebliche sowie planerische Unterschiede sollten erfasst und hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit und auch möglicher Kosten dargestellt werden. Aus diesem Grund lassen sich natürlich nicht alle dargestellten Aspekte auf andere Projekte anwenden.
Das Vorgehen für eine derartige Beurteilung sollte die folgenden Aspekte berücksichtigen:
- Erfassung der Anforderungen und ggf. der Ist-Situation
- Diskussion möglicher Varianten und Festlegung technischer Planungsparameter für das LAN (z. B. Port-Anzahl je Arbeitsplatz) und das WLAN
- Festlegung zu betrachtender und zu bewertender Nutzungsszenarien
- Bewertung der Varianten hinsichtlich Nutzung durch Endanwender, der technischen Vor- und Nachteile bzw. Risiken sowie der betrieblichen Aspekte
- Kostenschätzung für die Umsetzung des LANs und WLANs
- Schätzung des betrieblichen Aufwands
Diese Vorgehensweise kann hier nur als Beispiel dienen. Detaillierte Betrachtungen und Festlegungen können sehr deutlich vom eigenen Bedarf abhängen. Trotzdem stellt dies eine wichtige Hilfestellung für die Bewertung der Möglichkeit dar, ein WLAN-only-Office umzusetzen.
Übliche Variante für die WLAN-Versorgung
Natürlich richten sich die zu betrachtenden Varianten häufig nach den konkreten Vorgaben und Anforderungen im Projekt. Denkbar ist somit eine Aufteilung nach den in einem jeweiligen Bereich vorgesehenen Anwendungen im Netz.
Eine anfängliche Diskussion findet intuitiv zwischen den Positionen WLAN-only fast ohne Tertiärverkabelung und WLAN nur in Teilbereichen mit geringer Anforderung statt. Wir empfehlen an dieser Stelle ganz klar, nicht nur die beiden Extreme zu berücksichtigen. Ein Kompromiss bzw. ein Mittelweg bietet häufig die bessere Alternative.
Neben dieser grundlegenden Diskussion sollte man die im WLAN vorhandenen Anwendungen nicht aus dem Auge verlieren. Ein Beispiel für eine Aufteilung nach Anwendungen wäre somit wie folgt:
- WLAN-Versorgung in Besprechungsräumen und eine Grundversorgung in weiteren Bereichen
- WLAN-Versorgung mit gezielter Voice-over-WLAN-Unterstützung inklusive der Berücksichtigung des Roamings bei der WLAN-AP-Positionierung
- WLAN-Versorgung mit Lokationsdiensten
Eine derartige Unterscheidung anhand der Anwendungen sollte meist Teil der WLAN-Planung und der Anforderungserfassung sein. Für die Entscheidung pro oder kontra WLAN-only-Office bietet sich jedoch meist eine etwas verallgemeinerte Betrachtung an, in der konkrete technische Details noch offengelassen werden.
Somit ergibt sich beispielsweise eine Betrachtung, wie in Tabelle 1 dargestellt.
Eine Grundversorgung setzt voraus, dass alle stationären Büro-Anwendungen über das drahtgebundene LAN versorgt werden. Dahingegen könnte man für eine primäre WLAN-Nutzung eine abgestufte Betrachtung vorsehen. In der Praxis äußern Anwendungs- oder IT-Verantwortliche häufig die Sorge, dass bei einer reinen WLAN-Versorgung bestimmte Anwendungen hinsichtlich der Verfügbarkeit und der erreichbaren Datenrate leiden.
Somit empfiehlt es sich, das WLAN-only-Office nicht nur pauschal als „nur WLAN“ zu betrachten und zu verstehen. Eine Abstufung abhängig vom konkreten Bedarf sollte durchgeführt werden.
Im Beispielprojekt haben wir hier eine Art WLAN-only vorgesehen, bei der allerdings immer noch einige wenige stationäre Geräte mittels drahtgebundenem LAN angebunden werden. Auf LAN-Ports wird insbesondere für die Arbeitsplätze verzichtet.
Dazu kommt eine Variante, die man als „WLAN-first“ bezeichnen könnte. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass die meisten Büro-Arbeitsplätze mittels WLAN angebunden werden. Demnach wird kein LAN für Laptops etc. zwingend benötigt. Trotzdem ergibt eine Anforderungserfassung oft einen gewissen Restbedarf an drahtgebundenen Arbeitsplatz-Ports für besonders anspruchsvolle Anwendungen oder besondere Arbeitsplätze. Daher und auch um die nötige Flexibilität zu erreichen, werden weiterhin drahtgebundene Ports pro Arbeitsplatz vorgesehen. Anwendungen, die nicht Teil des klassischen Büro-Arbeitsplatz-Betriebs sind (z.B. Medientechnik, Türschilder etc.), werden hauptsächlich mit Verkabelung versorgt.
Unterschiede der Varianten in der Planung
Für alle drei Varianten ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an die WLAN-Planung. Bei einer Grundversorgung reicht eine Planung anhand der empfangenen Signalstärke, wie sie heutzutage üblich ist, aus. Ausnahmen in Besprechungsräumen und ähnlichen Bereichen sind jedoch gegebenenfalls zu berücksichtigen.
Sofern allerdings die klassische Büro-Kommunikation vollständig über das WLAN abgehandelt werden soll, ist hier eine genauere Betrachtung der Anforderungen zu empfehlen.
Die möglichen Varianten unterscheiden sich natürlich in der Planung. Der offensichtlichste Punkt ist die Unterscheidung der zu planenden Ports am Arbeitsplatz. Wird das WLAN nur als Grundversorgung vorgesehen, sind Arbeitsplatz-Ports im bekannten Maße vorzusehen. Bei höherer Relevanz der WLAN-Anbindung kann, wie oben dargestellt, auf LAN-Ports verzichtet werden. Wie weit man dabei gehen kann und will, bedarf einer entsprechenden Bewertung.
Viel spannender an dieser Stelle sind die Unterschiede in Zusammenhang mit der WLAN-Planung. Unabhängig von der Variante sollten dabei immer die konkreten Anforderungen an das WLAN festgelegt werden. Die genauen Versorgungsbereiche mit den dort zu versorgenden Anwendungen und Nutzungsszenarien sind zu erfassen. Darauf aufbauend sind die in der Planung zu erreichenden technischen Parameter, wie die Signalstärke, festzulegen.
In Projekten sieht man vor allem die folgenden Unterschiede:
- Bei einer einfachen Grundversorgung wird manchmal der Fokus auf Besprechungsräume und vergleichbare Bereiche gelegt. Die zu versorgenden Flächen oder die zu erreichende Signalstärke kann kleiner ausfallen.
- Ein WLAN-first- oder WLAN-only-Betrieb erfordert neben der Erreichung einer bestimmten Signalstärke auch die Berücksichtigung der Kapazität, um Funkzellen nicht zu überlasten. Die Anzahl der Endgeräte (und damit der Arbeitsplätze) pro WLAN-AP sind in der Planung relevant.
Ob damit tatsächlich mehr WLAN-APs als bei einer herkömmlichen Planung benötigt werden, hängt (wie sollte es auch anders sein) von den konkreten Anforderungen ab. Es ist jedoch durchaus denkbar, dass für eine höhere Datenrate und damit eine bessere Signalqualität der Abstand zwischen WLAN-AP und Endgerät bzw. Arbeitsplatz im Vergleich zu einer bisherigen Planung verringert werden muss. Insgesamt ergibt sich damit dann eventuell eine Erhöhung der WLAN-AP-Anzahl, wenn WLAN-first geplant und dahingehend optimiert wird.
Die darüber hinausgehende Erhöhung aufgrund der Kapazität des WLANs ist in Abbildung 1 schematisch dargestellt.
In solch einer Umgebung werden Endgeräte auch besonders von den Verbesserungen, welche mit IEEE 802.11ax (Wi-Fi 6) einhergehen, profitieren. Die zukünftigen WLAN-Standards werden gerade in diesen Umgebungen ebenfalls von besonderer Wichtigkeit sein. Wi-Fi 7 (IEEE 802.11be) wird hier hoffentlich weitere Verbesserungen mit sich bringen. Die theoretisch erreichbaren Datenraten und die Effizienz des WLANs werden erhöht. Endgeräte im WLAN-only- oder WLAN-first-Office profitieren naturgemäß von dieser Entwicklung.
Die Verbesserungen, welche neue WLAN-Standards für WLAN-only-Office mit sich bringen, kommen jedoch vor allem bei einer reinen Wi-Fi-6- oder zukünftig Wi-Fi-7-Umgebung zum Tragen. Konkret bedeutet dies, dass ältere Endgeräte das WLAN ausbremsen können und die Planung somit auch die Endgeräte und eine mögliche Erneuerung derselben berücksichtigen sollte.
An dieser Stelle sei des Weiteren auf die 6-GHz-Fähigkeit neuer WLAN-Standards hingewiesen. Insgesamt sind im 6-GHz-Band in Europa 24 zusätzliche 20-MHz-Kanäle verfügbar. Dieses mittlerweile für WLAN nutzbare Frequenzband hat in Zusammenhang mit WLAN-only-Anwendungen vor allem den Vorteil, keine Altgeräte aufzuweisen, was somit einige dieser Bedenken ausräumt. Folglich muss auch dies bei der Endgeräte-Beschaffung berücksichtigt werden.
Die Planung auf einer technischen Ebene ist grundsätzlich mit dem bisherigen Vorgehen vergleichbar. WLAN-Simulation, Messung und die entsprechenden Verfahren sind weiterhin wie gehabt. Es sind gegebenenfalls nur andere Anforderungen zu berücksichtigen.
Mögliche Nutzungsszenarien
Im Rahmen der Bewertung der dargestellten Varianten können die folgenden Nutzungsszenarien als Beispiel dienen:
- Klassische Büro-Arbeitsplätze
- Nutzung in Besprechungsräumen und mobile Nutzung
- Medientechnik
- Sonderarbeitsplätze
- Gäste im gesamten Gebäude
- Veranstaltungs- und Ausstellungsflächen
- Und weitere
Analog zu einer klassischen Planung sollten Anforderungen individuell für diese Nutzungsszenarien festgelegt werden. Erhöhte Anforderungen durch die oben beschriebenen Anwendungen sind zu bewerten und hinsichtlich der Tauglichkeit einer WLAN-Nutzung zu beurteilen.
Dies betrifft insbesondere:
- Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit der Anbindung (LAN bzw. WLAN)
- Datenraten und Latenzen (LAN bzw. WLAN)
- Mobilität
- Und weitere
Es ist meist schon an dieser Stelle sinnvoll festzulegen, in welchen räumlichen Bereichen die entsprechenden Anforderungen eine Rolle spielen.
Technische und betriebliche Bewertung und Darstellung
Für die beschriebenen Varianten sollte eine entsprechende Bewertung durchgeführt werden, falls eine klare Entscheidung nicht anhand bestehender Festlegungen und Konzepte getroffen werden kann. Die Entscheidung ist von den Abstimmungen und erarbeiteten Vorgaben abhängig.
Um ein verlässliches Vorgehen zu erreichen, ist es wünschenswert, nachvollziehbare Bewertungen, z. B. anhand eines Punktesystems, umzusetzen. Da für die Ansprechpartner bestimmte Bewertungen insbesondere bei Betriebsaspekten unübersichtlich und schwierig sein können, ist eine gröbere Bewertungsart vorzuziehen. Daher bietet es sich meist an, eine Kombination zu entwickeln. Als Beispiel ist eine Wertung bestehend aus der möglichen Auswirkung bei Nichterfüllen der entsprechenden Anforderung (wenn zutreffend) und der Relevanz des bewerteten Aspekts im jeweiligen Szenario sinnvoll. Hieraus resultiert die Wertung in Bezug auf den Aspekt und das Szenario. Die Wertung erfolgt in den fünf Stufen – -, -, o, +, ++ (-2 bis +2) von sehr negativen Einflüssen bis zu einer sehr positiven Bewertung. Die Relevanz lässt sich wie folgt ausdrücken und mit Zahlenwerten hinterlegen: niedrig = 0,25, normal=0,5, hoch=1.
Abhängig vom konkreten Projektumfeld kann solch eine Wertung deutlich variieren. Ergänzend zu der Bewertung sollte immer auch der Grund für eine Bewertung erläutert werden. Dies betrifft konkret die Auswirkungen bzw. die technische Grundlage für die Wertung.
Die sich ergebenden Einzelwertungen sollten entsprechend zusammengefasst werden, um ein abschließendes Bild der Bewertung anhand der oben erläuterten Zahlenwerte für die Relevanz und die Wertung abzugeben. Der mit diesen Werten gewichtete Durchschnitt ergibt die Wertung der jeweiligen Kategorie, wie sie beispielsweise in der Tabelle 2 dargestellt ist.
Für die Nutzung durch Endanwender zeigt eine reine WLAN-Versorgung gemäß WLAN-only-Variante in dem konkreten Beispielprojekt vor allem Nachteile im Bereich der verfügbaren Datenrate und in der flexiblen Nutzung für Sonderarbeitsplätze mit erhöhten Anforderungen. Technische Risiken ergaben sich durch die Ausfallwahrscheinlichkeit und durch die Möglichkeit, im Falle von Sicherheitsrisiken eine Rückfallebene nutzen zu können.
Betrieblich ergibt eine Detailbetrachtung häufig, dass aktuelle Prozesse weitestgehend auf drahtgebundenem LAN basieren. Insbesondere klassische Wartungsaufgaben wie Softwareupdates und Installationen werden über das LAN durchgeführt. Darüber hinaus gibt es in konkreten Projekten immer wieder speziellere Funktionen, welche auf ein drahtgebundenes Netz angewiesen sind. Beispielsweise könnte ein aktueller IT-Prozess spezielle Funktionalitäten, wie z.B. Wake-on-LAN, verwenden. Eine reine WLAN-Nutzung erfordert somit eine Umstellung der betrieblichen Prozesse.
Tatsächlich sind dies unter Umständen Gründe, einen vollständigen Verzicht auf Arbeitsplatzverkabelung abzulehnen oder zumindest einen entsprechenden Kompromiss anzustreben.
Diese Bewertungsaspekte sind in jedem Fall detailliert zu betrachten. Eine pauschale Empfehlung ist nicht möglich.
Kostenschätzung
Neben den Nutzungsbewertungen, technischen Risiken und betrieblichen Aspekten sowie der Zukunftsfähigkeit spielen im Rahmen eines Bauprojekts die Kosten und der Aufwand eine erhebliche Rolle.
Einerseits sollten daher die Kosten im Rahmen des Baus betrachtet werden. Für die Verkabelungs- und Hardwarekosten können übliche Ansätze gewählt werden. Andererseits darf der Betriebsaufwand, welcher nach einer Umsetzung entsteht, nicht unberücksichtigt bleiben. Dieser ist sicherlich schwieriger konkret zu fassen, wenn der Betrieb zum Beispiel durch die interne IT-Abteilung wahrgenommen wird.
Der betriebliche Aufwand kann je nach Betriebsmannschaft und Know-how deutlich unterschiedlich bewertet werden. Wenn beispielsweise bisher kaum WLAN-spezifisches Vorwissen besteht und insgesamt zu wenig Personal verfügbar ist, kann dies zu besonderen Problemstellungen führen. Um eine realistische Abschätzung für den Betriebsaufwand zu erreichen, kann die Häufigkeit des Auftretens von mit dem Betrieb verbundenen Tätigkeiten (z.B. Fehlersuchen, Konfigurationsänderungen etc.) und der jeweilige Aufwand mit Punkten bewertet werden. Somit ergibt sich ein geschätzter betrieblicher Aufwand für die verschiedenen Varianten.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass eine Abwägung zwischen Investitions- und Betriebskosten nötig ist. Letzteres ist de facto jedoch kaum verlässlich im Voraus zu bestimmen. Eine entsprechende Schätzung weist demnach immer eine Ungenauigkeit auf.
Schlussfolgerung und Zusammenfassung
Für eine finale Bewertung einer WLAN-only- oder WLAN-first-Versorgung in Büro-Umgebungen sind die oben beschriebenen technischen Anforderungen und die Kosten zu betrachten. Im Endeffekt sind für die technischen Anforderungen die konkreten Nutzeranforderungen ausschlaggebend.
Man kann also sagen, dass die Nutzung und damit die Anwendungen, welche im WLAN bzw. im Büroumfeld eine Rolle spielen, eine besondere Herausforderung darstellen können. Neben der Beurteilung und Bewertung der technischen und betrieblichen Rahmenbedingungen kann eine besondere Aufgabe der Machbarkeitsstudie darin liegen, die Sorgen der verschiedenen Beteiligten zu berücksichtigen und anzusprechen. Es können bzgl. der vermehrten WLAN-Nutzung sehr unterschiedliche Aspekte aufkommen, die Nutzer und auch das IT-Personal infrage stellen. Aufseiten der IT-Betreiber finden sich häufig Themen wie Troubleshooting im WLAN und Umstellung bestehender Prozesse.
Nutzer, die in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen bzgl. WLAN gemacht haben, sind meist ebenfalls skeptisch. Auch wenn diese ursprünglichen Probleme häufig konfigurations- oder auch planungsabhängig waren, kann selbst bei einer besseren WLAN-Implementierung die Akzeptanz bei Nutzern aufgrund der Erfahrungen scheitern.
Dazu kommen in Projekten häufig weitere Bedenken der Nutzer, die bezüglich der Strahlung des WLANs Sorgen haben. Konflikte bestehen insbesondere dann, wenn diese Nutzer ein WLAN-first-Office wollen, doch keine WLAN-Access-Points in der Nähe des eigenen Arbeitsplatzes.
Für eine WLAN-only-Umsetzung ist somit die Akzeptanz sowohl aufseiten der Nutzer als auch aufseiten der IT extrem wichtig. Bestimmte technische Sorgen lassen sich abschwächen, indem beispielsweise drahtgebundene Anbindungen für stationäre Geräte und als Notfallebene bei größeren Problemen vorgesehen werden. Ebenso ist es von besonderer Relevanz, drahtgebundene Anbindungen für Sonderarbeitsplätze vorzusehen.
Schlussendlich kann man feststellen, dass ein vollständiger Verzicht auf Arbeitsplatzverkabelung, den sich nicht IT-nahe Planer (beispielsweise Architekten) vorstellen, für die meisten Kunden unrealistisch ist. Bei moderner WLAN-Infrastruktur und mit entsprechenden Endgeräten ist man allerdings auch nicht mehr zwingend auf die Arbeitsplatzverkabelung für klassische Büro-Tätigkeiten angewiesen. Ein Mittelweg ist oft die bessere Alternative.